Bitkom senkt die Wachstumsprognosen

23.10.2001
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Der IT-Dachverband Bitkom hat in seiner diesjährigen Herbstbilanz erwartungsgemäß die Aussichten für die Branche gesenkt. Statt eines zweistelligen Wachstums wie in den letzten Jahren ist 2001 maximal ein Plus von fünf Prozent drin – wenn überhaupt.

Zu den größten Verlierern der Informations- und Telekommunikations-Industrie (ITK) zählt dieses Jahr nach Aussage von Bitkom-Chef Volker Jung der Markt für Handys. Von einem Wachstum ist weit und breit keine Spur, die Umsätze sollen sogar um 25 Prozent geringer ausfallen als 2000. Damals, so Jung, hätten die Leute Handys gekauft, in diesem Jahr würden sie telefonieren. Für den Bitkom-Chef, der im Hauptberuf Vorstandsmitglied des Elektronikkonzerns Siemens ist, ist dies doppelt unbefriedigend.

Aber nicht nur die Mobiltelefone, auch das einstmals boomende PC-Business steckt in der Krise. Jung umschrieb dies elegant mit dem Begriff "Wachstumspause", was nichts anderes bedeutet, als dass der Markt schrumpft. Im kommenden Jahr könne sich dies aber bereits wieder ändern, ein kleines Wachstum sei möglich. Vor allem der Trend zur mobilen Datenverarbeitung auch bei Privatnutzern werde dies unterstützen. Bereits jetzt sei jeder dritte Rechner, der verkauft wird, ein Notebook.

Insgesamt soll der deutsche ITK-Markt nach der Bitkom-Prognose im laufenden Jahr um 4,6 Prozent wachsen. Der Gesamtumsatz summiert sich auf rund 254 Milliarden Mark. "Damit ist die ITK-Industrie immer noch ein Wachstumsmotor in Deutschland", bilanzierte Jung. Allerdings scheint es, als gehe dem Aggregat langsam der Sprit aus. Sowohl die Telekommunikation (plus 4,3 Prozent) als auch die Informationstechnik (plus 4,9 Prozent) müssen sich von den zweistelligen Wachstumsraten des Vorjahres verabschieden, und auch im kommenden Jahr sind nur marginale Verbesserungen in Sicht.

"Schwarzmalerei ist jedoch nicht angesagt", baute Jung vor, denn schließlich wehren sich einige Marktsegmente mit Erfolg gegen den Negativtrend. Das größte Entwicklungspotenzial hätten die Internet- und Online-Dienste, die 2001 Steigerungsraten von etwa 40 Prozent verbuchen können. Der Gesamtumsatz in dem Segment soll sich auf elf Milliarden Mark belaufen. 2002, so die Bitkom-Prognose, schwäche sich die Entwicklung voraussichtlich ab, aber 20 Prozent Wachstum seien noch möglich.

Als andere positive Ausnahmen bezeichnete Jung die Software- und Serviceindustrie. Die Einnahmen durch IT-relevante Dienstleistungen steigern sich in Deutschland 2001 um über zehn Prozent auf 36 Milliarden Mark, im kommenden Jahr geht der Bitkom-Verband von 9,3 Prozent Wachstum und dem Sprung über die 40-Milliarden-Marke aus. Bei Software-Tools wird die Steigerung ähnlich hoch ausfallen. So rechnet Jung 2001 mit einem Umsatz von 32 Milliarden Mark.

Auch wenn sich die Handy-Industrie gegenwärtig in einer Krise befindet, können die Mobilfunkdienste in diesem Jahr kräftig expandieren. Rund 15 Prozent beträgt die Steigerung auf einen Branchenumsatz von insgesamt 36 Milliarden Mark. Diese Rate solle laut Jung im nächsten Jahr im Wesentlichen gehalten werden, so dass 2002 mehr als 40 Milliarden Mark mobil vertelefoniert werden.

Allerdings hängt viel davon ab, wie sich der neue Handy-Standard UMTS entwickeln wird. "Wir können uns keinen Flop leisten", warnte der Bitkom-Chef vor negativen Sondereinflüssen. Hierzu zählten beispielsweise "diffuse Ängste" der Bevölkerung bezüglich der Gesundheitsgefahr, die von Handys oder Mobilfunk-Basisstationen ausgehen könnten. Die Branche stehe unter einem hohen Zeit- und Kostendruck beim Aufbau der Netze, so Jung, da die UMTS-Lizenzbedingungen verlangten, dass 2003 eine Netzabdeckung von mindestens 25 Prozent erreicht ist. Daher könnten die Ausrüster der Telcos 2002 voraussichtlich wieder mit einer steigenden Nachfrage durch die Carrier rechnen.