Bitkom präsentiert ITK-Bestandsaufnahme

15.02.2002
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der deutsche Informations- und Telekommunikationsmarkt (ITK) soll sich "aus der aktuellen Talsohle im Jahresverlauf 2002 allmählich wieder herausbewegen", prognostiziert der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, e. V. (Bitkom). Der Verband legte am 14. Februar seinen Bericht "Wege in die Informationsgesellschaft " vor. Seit 1996 veröffentlicht Bitkom diese weltweit vergleichende Studie. Als Begründung für die verhalten optimistische Prognose nannte Präsident Volker Jung die Tatsache, dass die Branche auf die Turbulenzen der vergangenen Jahre mit einer Anpassung der internen Kostenstrukturen reagiert habe. Nun komme es jedoch darauf an, dass auch die Politik auf die zyklische Entwicklung reagiere und den Unternehmen genügend Luft zum Atmen lasse, appellierte er.

Zurzeit sind deutschen Unternehmen und Privathaushalte mit ihren ITK-Investitionen eher zurückhaltend. So stiegen die Pro-Kopf-Ausgaben für Hardware, Software, IT-Services und Telekommunikationsdienste hierzulande im vergangenen Jahr lediglich im einstelligen Prozentbereich auf 1665 Euro. Auf Rang eins der internationalen Skala lag die Schweiz mit Pro-Kopf-Investitionen von 3242 Euro, gefolgt von den USA mit 2822 Euro. Der westeuropäische Durchschnitt betrug 1655 Euro pro Einwohner.

Der Anteil des ITK-Umsatzes am deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) wurde wegen der insgesamt schwachen volkswirtschaftlichen Entwicklung dennoch auf 6,8 Prozent gesteigert. In Schweden erreichten die ITK-Umsätze bereits einen BIP-Anteil von mehr als zehn Prozent, die USA und Großbritannien kamen jeweils auf über neun Prozent. Dem Bitkom zufolge hat Deutschland hier noch deutlichen Nachholbedarf.

Insgesamt entwickele sich die ITK-Gesellschaft weiterhin mit großer Dynamik. Weltweit sind im vergangenen Jahr 77 Millionen PCs gekauft und 41 Millionen Web-Server, zwölf Millionen DSL- und 17 Millionen Kabelanschlüsse, 23 Millionen ISDN-Kanäle und 231 Millionen Mobilfunkanschlüsse neu installiert worden. Die globalen Kommunikationsnetze wurden laut Bitkom um mehr als 300 Millionen digitale Anschlüsse erweitert. Insgesamt waren Ende 2001 weltweit rund 540 Millionen PCs in Betrieb. Zudem surften über 500 Millionen Anwender im Internet und 308 Millionen verfügten über Breitband-Kabelanschlüsse.

Deutschland: 69 Prozent telefonieren mobil

Nach Bitkom-Angaben telefoniert inzwischen eine Milliarde Menschen weltweit mobil. Gerade in Westeuropa habe sich der Mobilfunk mit größter Dynamik entwickelt. Gab es 1991 erst rund fünf Millionen Europäer, die ein Handy besaßen, so sind es heute 339 Millionen. Besonders rasant verbreitete sich die Mobiltelefonie in Deutschland: In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Handy-Besitzer hierzulande um den Faktor 112 auf derzeit 56 Millionen gestiegen. Im vergangenen Jahr wuchs die Zahl der Mobilfunkanschlüsse um 17 Prozent oder 8,5 Millionen gegenüber 2000. Heute telefonieren 69 von 100 Deutschen mobil. Erstmals übertraf damit die Zahl der Handy-Benutzer die der Festnetzanschlüsse. "Das ist ein echter Paradigmenwechsel", kommentierte Bitkom-Präsident Jung.

Zum Thema UMTS erklärte der Verband, dass durch diese Technologie künftig auch breitbandige Anwendungen mobil nutzbar werden sollen. Zu den Applikationen der Zukunft gehören beispielsweise Mobile Messaging, Mobile Commerce, Mobile Work oder Mobile Health und Mobile Entertainment. Darauf gebe GPRS derzeit einen Vorgeschmack. Beim Aufbau der UMTS-Netze befindet sich jedoch gerade die deutsche Branche unter einem enormen Zeit- und Kostendruck. Zusammen mit den Briten haben die deutschen Netzbetreiber die höchsten UMTS-Lizenzgebühren bezahlt. "Um die enormen Investitionen wieder einfahren zu können, braucht die Branche mehr Freiheit beim Aufbau der UMTS-Netze", forderte Jung. "Was sie nicht braucht, sind wertlose, sogenannte Ökolabels für Handys."

Alternative Netzanschlüsse

Auch die Zahl der Internet-Nutzer hat hierzulande zugenommen. Ende 2001 zählte der Bitkom rund 30 Millionen Surfer, was einem Plus von sieben Millionen gegenüber dem Jahr 2000 entspricht. Inzwischen können die Nutzer zwischen einer bislang nicht gekannten Vielfalt von Web-Zugangstechnologien wählen: Hochgeschwindigkeitsanschluss mit Standleitung, DSL (Digital Subscriber Line), Wireless-LAN (Local Area Network) oder Satellit, Internet über das TV-Kabelnetz, das Handy, ISDN oder auch die traditionelle Telefonleitung. Selbst die Netze der Energieversorger können über die neue Technologie Power-Line-Communications bereits in einigen Regionen Deutschlands für den Internet-Zugang genutzt werden.

Dem Verband zufolge nimmt Deutschland im internationalen Vergleich seit Jahren einen Spitzenplatz bei ISDN-Anschlüssen ein. Im Jahr 2001 besaßen 29 von 100 Deutschen einen entsprechenden Kanal. Der westeuropäische Durchschnitt liegt bei einer Verbreitung von nur 15 Prozent. Auf den Rängen eins bis drei vor Deutschland befinden sich lediglich Norwegen (40 Prozent), Luxemburg (39 Prozent) und Dänemark (33 Prozent). Weit abgeschlagen sind die USA mit nur sieben Prozent. Bis Ende 2002 sollen hierzulande rund 27,5 Millionen ISDN-Kanäle installiert sein. Ab 2003 wird sich die Wachstumsdynamik von ISDN laut Bitkom jedoch zu Gunsten der leistungsfähigeren DSL-Technologie verschieben, die zunächst verhalten an den Start ging. Im vergangenen Jahr ist die Nachfrage nach dieser Hochgeschwindigkeitstechnologie jedoch geradezu explodiert: In Deutschland verzehnfachte sich die Ausstattung mit DSL auf 1,8 Millionen Anschlüsse. Im internationalen Vergleich belegte Deutschland mit einer Verbreitung von 2,1 Prozent damit auf Rang zwei hinter Schweden, wo 2,2 Prozent der Einwohner über einen DSL-Zugang verfügten. Der westeuropäische Durchschnitt lag bei einer Verbreitung von 1,1 Prozent, in den USA belief er sich auf 1,8 Prozent.

Bitkom geht davon aus, dass sich die Zahl der DSL-Anschlüsse in Deutschland in diesem Jahr verdoppeln und im Jahr 2004 auf 6,8 Millionen steigen wird. Weltweit sollen in drei Jahren rund 69 Millionen Benutzer weltweit über einen DSL-Zugang verfügen.

Digitales Fernsehen

Das Fernsehen wächst zunehmend mit der Computertechnik zusammen. Voraussetzung dafür sei jedoch ein offener digitaler Fernsehstandard für ganz Europa, so Bitkom. Die großen deutschen Programmanbieter wie ARD, ZDF, RTL und die Kirch-Gruppe haben sich hierzulande bereits auf den Standard "Multimedia Home Platform" (MHP) geeinigt, der die Interoperabilität der meisten Dienste über die gängigen Endgeräte sichert. "Alle Marktteilnehmer, insbesondere im Kabelnetzbetrieb, sollten sich zu diesem Standard bekennen", appellierte Jung. Sonst laufe Deutschland Gefahr, die Chance zu verpassen sich bei der Entwicklung der neuen Technologie an die Spitze zu stellen. (ka)