Bis zur Unterschriftsreife Vertriebs-Outsourcing bei SAP: Eintrittskarte zum Mittelstand

08.07.1994

MUENCHEN (ua) - Die SAP AG, spannt ihre Beratungspartner fuer den Mittelstandsvertrieb von R/3 ein. Der Softwarekonzern will damit endlich ins untere Marktsegment und erspart sich zugleich den Aufbau einer eigenen Vertriebsmannschaft.

Laut Vertrag sollen 15 Vertragsfirmen zu Paketen geschnuerte R/3- Software fuer jeweils 40 oder 80 User an kleinere und mittelgrosse Firmen verkaufen. Die Vertraege werden weiterhin zwischen Kunde und SAP geschlossen; die Unterhaendler erhalten lediglich Provisionen. Das Geschaeft mit groesseren Installationen bleibt ganz in der Hand der SAP AG.

Andreas Koch vom SAP-Logo-Partner Dogro-Partner Unternehmensberatungs GmbH, Remshalden-Grunbach, sieht in dem Konzept, wie andere SAP-Partner auch, einen "Schritt in die richtige Richtung". Zum einen traut man der SAP mit ihrer "vorherrschenden Mainframe-Mentalitaet" nicht zu, die Wuensche des betreuungsintensiven Mittelstands erfuellen zu koennen. Zum anderen sehen die Firmen in den Provisionen eine willkommene Entschaedigung fuer die Vertriebsleistung, die sie ohnehin erbringen.

Wie Heiko Vogeler, geschaeftsfuehrender Gesellschafter der Compunet AG, Kerpen, betont, ist der Versuch, fuer die mittelstaendischen Firmen Vertriebspartner zu rekrutieren, dadurch motiviert, dass die SAP sonst keine Chance habe, an diesen Kundenkreis heranzukommen. Dem pflichteten auch die anderen Partner bei. Zum einen konkurrierten in diesem Marktsegment so viele Unternehmen, dass es der SAP schwer falle, sich dagegen durchzusetzen. Zum anderen reagierten die Mittelstaendler zurueckhaltend angesichts der Entscheidung fuer ein Produkt, das das Unternehmen "auf Jahre an sich binde", wie Koch von Dogro-Partner es formuliert. "Der Gesamtpreis fuer R/3 liegt fuer viele Mittelstaendler vermutlich zu hoch."

Ein Paket fuer 40 User soll nach Auskunft von Karl-Heinz-Kuebler, SAP-Betreuer fuer den indirekten Vertrieb, zwischen 315 000 und 320000 Mark kosten, das 80-Benutzer-Paket voraussichtlich 417000 Mark - jeweils ohne eine entsprechende Datenbank. "Der Preis verdoppelt sich", so Peter Riter, Geschaeftsfuehrer der Software Union, GmbH, Troisdorf.

Auch aus diesem Grund konnte sich die Gesy GmbH, Troisdorf, noch nicht fuer den R/3-Vertrieb begeistern. Als Logo-Partner fuer R/3- Installationen auf Windows NT spezialisiert, fehlt es dem Unternehmen fuer diesen Einsatz von SAP-Software an Kunden. Geschaeftsfuehrer Alexander Barth erlaeutert, NT-Anwender haetten eine andere "Psychologie" als die traditionellen SAP-Kunden. Sie wuenschten sich Software-Anpassungen, die so einfach seien wie die Installation von PC-Programmen.

SAP kauft sich Handelsloesung

Ausser ueber Beratungsfirmen versucht die SAP AG, Walldorf, den Mittelstandsmarkt durch Akquisition zu erobern. Der Branchenfuehrer hat eine 52prozentige Beteiligung an der Dacos Software GmbH erworben. Das 1977 gegruendete Software- und Systemhaus mit Sitz in St. Ingbert beschaeftigte 150 Mitarbeiter und erwirtschaftete mit Branchenloesungen fuer den Handel im vergangenen Jahr rund 20 Millionen Mark Umsatz. Die SAP hofft, dass sich ihr auf diesem Weg die Tueren von Handelshaeusern oeffnen. Die gemeinsamen Aktivitaeten muessen nun laut Marketing-Leiter Paul Wahl auf die Integration des Dacos-Produkts "Dispos II" in das R/3-System konzentriert werden. Herauskommen soll ein umfassendes SAP-Warenwirtschaftssystem.