Billig-PCs sorgen für Trendwende

Billig-PCs sorgen für Trendwende AMD überholt Erzrivalen Intel

05.03.1999
MÜNCHEN (CW) - Chipproduzent AMD hat die Nase vorn. Erstmals haben die Amerikaner im Januar mehr PC-Systeme mit AMD-Prozessoren gekauft als mit den CPUs des großen Rivalen Intel. Den Sprung an die Spitze verdankt AMD laut dem Retail Hardware Report von PC- Data der steigenden Nachfrage nach Billig-PCs.

"Das ist ein wichtiger Meilenstein für AMD. Zum ersten Mal führt eine Prozessorfamilie, die nicht von Intel hergestellt wird, den US-Retail-Markt an." So kommentiert Stephen Baker, Senior Hardware Analyst bei PC-Data, die Wachablösung an der Spitze.

Der Chiphersteller aus Sunnyvale in Kalifornien profitierte in erster Linie vom rasanten Wachstum im Markt der Billig-PCs. Während die PC-Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 21,7 Prozent stiegen, konnte das Segment der Rechner unter 1000 Dollar sogar um 180 Pro- zent zulegen. Der Marktanteil der Billigrechner übersprang zum ersten Mal die 60-Prozent-Hürde und kletterte auf 65 Prozent. Insgesamt liegt AMD mit einem Anteil von 43,9 Prozent an der Spitze, gefolgt von Intel mit 40,3 Prozent und Cyrix mit 15,8 Prozent. Im Segment der Rechner über 1000 Dollar konnte Intel hingegen seine Vormachtstellung behaupten.

AMD geht mit K6-III-Chip in die Offensive

Intel-Sprecher Adam Grossberg spielt die Zahlen indes herunter. Der US-Retail-Markt mache nur etwa 25 Prozent des amerikanischen Marktes aus. Für Robert Fuller, Marketing Director bei AMD, sind die Zahlen die Konsequenz aus der Entwicklung der letzten Monate. AMD sei immer dichter an Intel herangerückt.

Mit dem neuen Chip "K6-III" versucht AMD nun auch die letzte Bastion Intels, die Rechner im Segment über 1000 Dollar, zu stürmen. Der jüngste AMD-Prozessor beinhaltet wie sein Vorgänger "K6-2" den "3D-Now"-Befehlssatz, der ähnlich den "Katmai New Instructions" (KNI) im Pentium III Multimedia-Anwendungen beschleunigen soll. Das erste Modell arbeitet mit 400 Megahertz Taktfrequenz, die 450-Megahertz-Variante soll Ende März folgen. Neu beim K6-III ist ein optionaler Third-Level-Cache, der auf der Hauptplatine integriert ist, bis zu 2 MB umfassen kann und mit 100 Megahertz angesprochen wird.

AMD könnte sich nach Einschätzung verschiedener Analysten aber bei der Markteinführung des K6-III selbst im Wege stehen. So zweifeln viele daran, ob der Chiphersteller in einer einzigen Fabrik die neue CPU in ausreichender Menge produzieren kann. Intel dagegen sei in der Lage, mit einem halben Dutzend Produktionsanlagen den Markt mit Prozessoren zu überschwemmen.

Mit der Ankündigung des "K7" für Mitte des Jahres hat sich AMD nach Meinung der Marktbeobachter allerdings ein Eigentor geschossen. Der Grund: Viele Anwender werden vermutlich auf den Nachfolger des K6-III warten. Außerdem werde Intel seinen Konkurrenten mit einer aggressiven Preispolitik stark unter Druck setzen.

Bei AMD sieht man die Zukunft des K6-III dagegen optimistisch. Die neue CPU sei schneller als die Pentium-III-Prozessoren der Konkurrenz, so Dana Krelle, Marketing Vice-President der Chipschmiede aus Sunnyvale. Diese Einschätzung teilen viele Analysten. So habe der K6-III mit 450 Megahertz Taktrate sogar das Zeug, den Pentium III trotz seiner 500 Megahertz Taktrate in der Performance zu schlagen. Mit Compaq hat einer der Großen im PC- Geschäft bereits ein Bekenntnis dazu abgelegt, die neue AMD-CPU in seinen Rechnern ein- zusetzen. Der "Presario 5600" soll Anfang März mit der 400- Megahertz-Variante des K6-III in die Läden kommen. Ein Rechner mit einem auf 450 Megahertz getakteten K6-III soll in Kürze folgen.