Escom, Vobis und Co. haben bei Profis kaum Chancen, Teil 1

Billig-PCs sind für Firmen keine Alternative

28.06.1996

Sowohl Vobis als auch Escom fühlen sich in erster Linie für den Consumer-Markt zuständig. Allerdings sind beide Unternehmen auch daran interessiert, an professionelle Kunden zu verkaufen. Die Heppenheimer Escom AG hat zu diesem Zweck die Escom Business GmbH ins Leben gerufen, die nach Angaben von Unternehmenssprecher Bernd Wirsing im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 100 Millionen Mark erwirtschaftete und dabei profitabel arbeitete. Derzeit seien Überlegungen im Gange, diese Aktivitäten auf den gesamteuropäischen Raum auszudehnen. Rund 40 Prozent der Einnahmen generiert Escom nach Angaben Wirsings mit Geschäftskunden.

Die Vobis AG in Würselen hat keine Tochtergesellschaft, die sich professionellen Kunden annähern soll. Doch mit dem "Build-to- Customer-Verfahren" hofft man ebenfalls, die Aufmerksamkeit von Business-Kunden auf sich zu lenken. Bei diesem Konzept handelt es sich um ein Modulsystem, mit dessen Hilfe sich Firmen die jeweils benötigte Konfiguration zusammenstellen und in kürzester Zeit beziehen können.

Trotz dieser Anstrengungen bringen Unternehmen und Marktbeobachter den Discountern nicht sehr viel Vertrauen entgegen. "Die Zahl der Maschinen, die bei der erstmaligen Inbetriebnahme nicht laufen, liegt bei Compaq, IBM, Siemens-Nixdorf und anderen Markenherstellern unter vier Prozent. Dieser Anteil ist bei PCs von Discount-Anbietern deutlich höher, weil die Qualitätskontrolle weniger gründlich ausfällt", begründet Clive Longbottom, European Program Director der Marktforschungsgesellschaft Meta Group, die Skepsis.

Grundsätzlich sei das Qualitätsniveau eines Marken-PCs mit der No- name-Ware der Handelsketten nicht zu vergleichen. Zwar gleiche sich das Innenleben dieser Rechner zunehmend an, Komponenten wie Hauptplatinen, Festplatten oder Speicher stammten teilweise von denselben Anbietern. Doch Gehäuse, Monitor, Tastatur und andere Peripheriegeräte lieferten die Discounter oft in weniger guter Qualität.

Gegen einen Handel mit den "Superstores" spricht nach Ansicht des Meta-Group-Analysten auch der unzureichende Support. Es sei nahezu unmöglich, akzeptable Servicevereinbarungen bei großen Installationen mit mehreren tausend PCs zu erzielen. Letztendlich konzentrierten sich die Discounter doch eher auf den Soho-Markt (Soho = Small Office Home Office). Für die Bedienung sehr großer Unternehmen gebe es nicht die entsprechende Service- und Supportinfrastruktur.

Trotz solcher Vorbehalte hat nahezu jedes Unternehmen schon einmal an den Kauf preiswerter PCs von der Stange gedacht. "Wir haben früher einmal mit Billigeinkäufen geliebäugelt", gesteht beispielsweise Klaus-Jörg Grundstein, ehemaliger Mitarbeiter des Benutzerservice bei den Schott Glaswerken in Mainz. "Es gab dazu auch Gespräche, aber letztendlich sind wir uns mit den Anbietern nie einig geworden." Die mit Billig-PCs zu erwartenden Kompatibilitäts- beziehungsweise Vernetzungsprobleme seien der Hauptgrund gewesen.

Wie viele Anwender ist Grundstein skeptisch, was die Kompatibilität der verschiedenen Komponenten in den preiswerten No- names angeht. Die Anbieter versuchten beim Einkauf der "Innereien" zu sparen. Die Einzelteile würden aus verschiedenen Quellen zusammengekauft, wichtigstes Kriterium dabei sei der Preis. Das gelte zwar inzwischen auch für die meisten Marken-PCs, doch könne man da zumeist davon ausgehen, bei einem Ausfall identische oder zumindest voll kompatible Komponenten - bei Bedarf auch in großen Mengen - zügig nachgeliefert zu bekommen.

Wichtiger noch ist für den PC-Spezialisten der Service. Entscheidend sei, daß ein defektes Gerät binnen kürzester Zeit repariert werde. Nur so könne man kostspielige Ausfallzeiten verhindern. Deshalb setzt Schott auf eine intakte Beziehung zum Händler. Er müsse sich im internen Netzwerk auskennen und nicht nur Hardware-, sondern auch Softwareprobleme, die in der Konfigura- tion des Rechners begründet seien, beseitigen können.

Vieles spricht gegen Consumer-PCs

Nicht nur Billig-PCs, auch Markenrechner, die für den Consumer- Markt konfiguriert wurden, sind für Unternehmen in der Regel ungeeignet. Sie sind unter dem Strich teurer als Business-Modelle, behauptet die Gartner Group. Die Modelle seien nicht umsonst so preiswert im Einkauf. Setzt man sie in komplexen Netzumgebungen ein, kommt es zu Problemen, weil die Rechner hierfür weder getestet noch optimiert worden sind.

Umfangreiche Netze verlangen Endgeräte, die eine Vielzahl von Protokollen und Klassen von Netztreibern unterstützen. Selbst wenn Consumer-PCs in diesen Umgebungen laufen, ist nach Einschätzung der Analysten die Wahrscheinlichkeit groß, daß es zu Störungen oder Totalausfällen kommt. Servicekosten und Produktivitätsausfall übersteigen sehr schnell die Einsparungen, die bei der Anschaffung erreicht werden. Rechner für den professionellen Einsatz sind dagegen mit optimalen Netzeigenschaften ausgestattet. Die Wahrscheinlichkeit eines Totalausfalls ist gering.

Gegen Consumer-PCs am Arbeitsplatz spricht auch der kurze Lifecycle dieser Produkte und die geringe Stabilität. Die Komponenten der PCs wechseln mitunter mehrfach während des Lebenszyklus eines Modells. Ein solcher, vom Anbieter nicht gemeldeter Komponentenwechsel kann zu Problemen im Netz führen. Anbieter von Business-PCs kündigen dagegen den Komponentenwechsel an und garantieren einen akzeptablen Transitionsprozeß.

Der Kauf von Consumer-PCs ist laut Gartner auch deshalb riskant, weil diese Rechner Benutzeranforderungen erfüllen, die mit denen von "professionellen Usern" nichts zu tun haben. All diese Systeme bieten inzwischen ein CD-ROM-Laufwerk und eine Soundkarte - Equipment, das zum Betrieb einer Anwendung am Arbeitsplatz nicht benötigt wird. Wer also solche Rechner kauft, zahlt für überflüssige Funktionen. Andererseits gibt es Komponenten, die für professionelle Anwender wichtig sind, aber vom Consumer-PC nicht geboten werden. Dazu zählen etwa die SCSI-Schnittstelle oder erweiterte Ausbaumöglichkeiten.

Auch die Kanäle, über die Consumer-PCs vermarktet werden, sind für Geschäftskunden ein Problem. Die Retailer sind es gewohnt, einzelne Boxen zu verkaufen, während Business-Kunden üblicherweise größere Mengen ordern - mit einer bestimmten Hardware- und Softwarekonfiguration, oft sogar bereits kundenindividuell eingerichtet. Bestimmte Bestell-, Abrechnungs- und Zahlungsmodalitäten werden gepflegt, die Anbieter von Consumer- Produkten nicht akzeptieren.