Eine Würdigung

Bill Gates: Ich bin dann mal weg

25.06.2008
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Microsofts Millionarios

Am 17. Juli 1995, drei Monate von seinem 40. Geburtstag, wird Gates ein Vergnügen zuteil, das viele gerne mit ihm teilen würden: Er ist mit einem Vermögen von 12,9 Milliarden Dollar der reichste Mann der Welt. Natürlich nur auf dem Papier. Schon 1990 hatte die "New York Times" über ein sehr exklusives Problem der Microsoft-Belegschaft berichtet: 25 Prozent der Mitarbeiter seien nämlich Millionäre - zumindest nach ihren Aktienoptionen gerechnet. Microsoft erwirtschaftet 1995 rund 5,9 Milliarden Dollar mit 17 801 Mitarbeitern.

Schon vorher, am 26. Mai 1995, muss Gates aber ein Versäumnis einräumen: In einem Grundsatzpapier legt er die Bedeutung des Phänomens Internet dar - ein Medium, das Microsoft jahrelang unterschätzt hat.

In bewährter Manier drückt Microsoft in der Folge Produktkonkurrenten aus dem Markt. Dieses Mal ist Netscape das Opfer. Als Microsoft am 24. August 1995 seinen in das Windows-Betriebssystem integrierten Browser "Internet Explorer" vorstellt, läutet das Totenglöckchen für Netscapes "Navigator", der auf dem Mosaic-Code basiert. Im Oktober 1997 wird Microsoft erstmals zur Zahlung einer Strafe (eine Million Dollar pro Tag) verurteilt, weil es gegen den Consent Decree von 1995 verstößt.

Irgendwie auch einer Ehre kommt es gleich, dass sich Bill Gates seit dem 4. Februar 1998 zu den Zelebritäten zählen darf, denen in der Öffentlichkeit eine Torte ins Gesicht geknallt wird. Geschehen in Belgien. Gates kommentiert den publikumswirksamen Ritterschlag mit den Worten, die Torte habe ihm nicht geschmeckt.

1999 benennen Gates und seine Frau Melinda die William-H.-Gates-Stiftung um in Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung. Sie wird zur mit weitem Abstand kapitalträchtigsten privaten Geldgeberorganisation, insbesondere nachdem Gates-Freund Warren Buffett 2006 ankündigt, etwa 30 Milliarden Dollar an die Gates-Stiftung zu überweisen.

Am 13. Januar 2000 tritt Gates als CEO von Microsoft ab und übergibt das Zepter an Jugendfreund Steve Ballmer. Gates selbst nennt sich ab sofort Chef-Softwarearchitekt. Damit kehrt er im Prinzip zu seinen Ursprüngen aus den 70er Jahren zurück.

Microsoft-Drama

Dramatisch wird es für Microsoft im Juni 2000. Der US-Distriktrichter Thomas Penfield Jackson möchte Microsoft in zwei Teile aufsplitten. Ein Unternehmen soll die Betriebssysteme entwickeln und vermarkten, ein zweiter Betrieb die Anwendungen. Eine komplette Branche ist wie elektrisiert. Microsoft bemüht eine Armada von Juristen und Lobbyisten in Washington, um das drohende Ende dessen, was das Unternehmen im Kern ausmacht, zu verhindern. Mit Erfolg. Ein Jahr später, am 28. Juni 2001, wischt ein US-Berufungsgericht die Entscheidung Jacksons vom Tisch.

2001 kommt Windows XP auf den Markt. Außerdem steigt Microsoft mit der "Xbox" in das Geschäft mit Spielekonsolen ein. Aber die Zeiten haben sich geändert. Der Konzern kann nicht mehr nach Belieben einen Markt aufrollen. Bis heute ist die Geschäfts-Division von Microsoft, die sich mit Unterhaltungsprodukten befasst, defizitär. Andere wie Sony spielen die erste Geige.

Noch eine Ehre für Gates im Jahr 2002: Bei einer Umfrage unter Teenagern in Hongkong und China kommt heraus, dass die asiatischen Youngster Gates als Idol favorisieren vor niemand Geringerem als Mao Zedong. Wenn das kein Sieg über den Klassenfeind ist.