Eine Würdigung

Bill Gates: Ich bin dann mal weg

25.06.2008
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Gates schreibt Geschichte

Meilenstein für Microsoft im Dezember 1978: Erstmals überschreitet der Umsatz eine Million Dollar.

Bekanntschaft aus Uni-Zeiten: Ballmer (links) lernt Gates in Harvard kennen.
Bekanntschaft aus Uni-Zeiten: Ballmer (links) lernt Gates in Harvard kennen.
Foto: Microsoft

Am 6. November 1980 schreibt Gates Geschichte: Er unterzeichnet einen Vertrag mit der übermächtigen IBM. Darin verpflichtet er sich, Software für einen IBM-Rechner, der unter dem Codenamen Chess läuft, zu programmieren. Teil des Lieferumfangs sind Fortran und Basic. Eine nette Überlieferung der damaligen Ereignisse stammt von Gates selbst: Schon bei Festlegung des Zeitrahmens für die Lieferung des Betriebssystems sei klar gewesen, dass Microsoft drei Monate zu spät fertig würde.

Ein Betriebssystem hat Microsoft nämlich nicht. Das kauft Gates Tim Patterson ab, der in seiner Firma Seattle Computer Products (SCP) eines für 8086-Prozessoren und einen SCP-Computer entwickelt hat. Patterson nennt es Quick and Dirty Operating System (QDOS). Wie viel Microsoft für QDOS zahlt, ist nicht genau bekannt. Es sollen jedenfalls weniger als 100 000 Dollar gewesen sein.

An den Eiern gepackt

Über die Verhandlungen des winzigen Unternehmens Microsoft mit dem Computergiganten IBM schreibt das Männermagazin "Playboy" in seiner Ausgabe vom Juli 1994 anlässlich eines Interviews mit Gates: "IBM dachte, sie hätten Gates an den Eiern. Das ist doch nur ein Hacker, dachten sie. Ein harmloser Computerfreak. Worauf sie sich tatsächlich eingelassen hatten, war ein Organismus, der geboren war, um Macht und Profit an sich zu reißen - das Kind eines Rechtsanwalts, der die Sprache von Verträgen beherrschte und der die IBM-Typen in der Luft zerriss."

Am 12. August 1981 liefert IBM erstmals den PC mit MS-DOS aus.
Microsoft hat sich das Recht zusichern lassen, das Betriebssystem auch an andere Hersteller zu lizenzieren. Diese Klausel befördert letztlich den Ruhm und Reichtum der Gates-Company entscheidend. 1982 lizenzierten bereits 50 PC-Hersteller die Software.

Gründerzeit bei Microsoft: Links unten Bill Gates, rechts unten Paul Allen, Freund aus der Schule.
Gründerzeit bei Microsoft: Links unten Bill Gates, rechts unten Paul Allen, Freund aus der Schule.
Foto: Picture Alliance/DPA/Microsoft

Am 18. Februar 1983 legt Allen sein Amt als Executive Vice President von Microsoft nieder. Bei ihm war ein Tumor festgestellt worden. Allen sammelt Kunstwerke und Yachten. Er besitzt das Baseballteam Portland Trail Blazers und die Footballmannschaft Seattle Seahawks. Außerdem investiert er in Spaceship One, ein Experimentalflugzeug für den suborbitalen Raumflug.

Am 10. November 1983 kündigt Microsoft Windows an, im Prinzip nichts anderes als MS-DOS mit einer grafischen Benutzerschnittstelle. Es war der Beginn einer für Microsoft typischen Publikationsstrategie. Tatsächlich kann das Unternehmen bis auf die Ankündigung nichts vorweisen. Auch im Verlauf des gesamten Jahres 1984 erblickt Windows nicht das Licht der Welt. 1985 soll Gates irgendwann die Geduld verloren haben. Er ruft Ballmer in sein Büro und stellt dessen Karriereaussichten lautstark in Frage. Ende 1985 müsse die Freigabe für Windows erfolgen, oder Ballmer habe ein Problem.

Am 21. November 1985 kommt es schließlich zu einer legendär gewordenen Pressekonferenz: Microsoft stellt Windows 1.03 vor - zu 85 Prozent in "C" geschrieben, die entscheidenden Programmteile in Assembler. Stewart Alsop von der IDG-Publikation "Infoworld" verleiht Gates den "Golden Vaporware Award", was man etwas lax mit dem Preis für die größte Luftnummer übersetzen kann.

1986 geht Microsoft an die Börse. Der Einstiegskurs beträgt 21 Dollar. Am Ende des Tages liegt der Kurs bei 28 Dollar.

1987 lernt Gates seine spätere Frau Melinda French bei einer Presseveranstaltung in Manhattan kennen.

Für alle IT-Benutzer der Welt und für Gates und Microsoft zumal ist der 1. August 1989 ein weiteres Kerndatum: An diesem Tag wird Microsoft Office vorgestellt.

CW-TV zeigt, wie Bill Gates sich seine nächsten Jahre vorstellt.
CW-TV zeigt, wie Bill Gates sich seine nächsten Jahre vorstellt.

Nur ein Jahr später im Juni 1990 beginnt eines der längsten Industriekartellrechtsverfahren. Die US-Behörde Federal Trade Commission (FTC) untersucht die Vorkommnisse, die zu dem Zerwürfnis zwischen den Kooperationspartnern IBM und Microsoft geführt haben. Beide hatten an IBMs OS/2-Betriebssystem gearbeitet, Microsoft kam ein bedeutender Part in der Entwicklung zu. Auf einer Pressekonferenz auf der IT-Messe Comdex in Las Vegas 1989 lässt dann aber Microsoft die Katze aus dem Sack und konfrontiert Big Blue mit vollendeten Tatsachen: Microsoft setze auf das eigene Betriebssystem Windows. Die US-amerikanische Journalistin Wendy Goldman Rohm zitiert in ihrem Buch "The Microsoft File" Manager der Gates-Company mit der Aussage: "OS/2 ist tot. Und wir haben es gekillt."

Die gesamte Softwareindustrie tobt wegen dieses Schwenks. Jim Manzi, Topmann bei Lotus Development Corp schäumt. Denn natürlich hat Microsoft auch gleich die passenden Anwendungen für Windows 3.0 parat, die zufälligerweise besser mit der neuen Windows-Version harmonieren als etwa die Tabellenkalkulation von Lotus oder die Datenbank von Dbase. Windows 3.0 kommt im Mai 1990 auf den Markt - und wird ein großer Erfolg. Erstmals sieht sich Microsoft dem Vorwurf ausgesetzt, es nutze seine Dominanz bei Betriebssystemen dafür, auch in anderen Produktsegmenten eine vorherrschende Stellung einzunehmen - eine Klage, die bis auf den heutigen Tag Gültigkeit besitzt.

Im August 1993 erklärt das US-Justizministerium die Kartellrechtsklage zur Chefsache und übernimmt das Verfahren von der FTC.

Im Januar 1994 heiraten Bill und Melinda auf Lanai, einer der Inseln der Hawaii-Gruppe. Country-Sänger Willie Nelson spielt dazu auf.

Im Juli 1994 beugt sich Microsoft scheinbar einer gerichtlichen Entscheidung des US-Justizministeriums und willigt in die Forderung ein, kartellrechtliche Verstöße künftig zu unterlassen. Zu den Vorwürfen gehörte etwa, dass der Softwaremonopolist Hardwarehersteller zwinge, Lizenzgebühren für Microsoft-Betriebssysteme zu zahlen, auch wenn die Software gar nicht installiert sei.