Bildungstechnologie kein Gebrauchsgut

27.02.1978

MÜNCHEN (ee) - Die Euphorie über die bildungspolitischen Möglichkeiten, die sich mit moderner Technik erschließen lassen, ist kühler Sachlichkeit gewichen. Denn die Einsicht macht sich breit, daß Bildungstechnologie "kein Gebrauchsgut ist, das man verkaufen und einführen kann wie andere Gebrauchsgüter", wie es Professor Dr. Alfons Schorb vom Staatsinstitut für Bildungsforschung und Bildungsplanung formulierte.

Schorb erinnerte in seiner Rede zur Visodata-Eröffnung an den Anfang der Kongreß-Schau, die im Auslaufen einer Welle entstand, in der technische Medien zu den Ausstattungsstücken progressiver, modischer Gesinnung zählten. Weil es damals Anzeichen dafür gab, daß die dem Bildungswesen mit den technischen Aufzeichnungs- und Wiedergabegeräten zugewachsenen Möglichkeiten nicht in dem erwarteten Maße zu einer Verbesserung von Lehre und Ausbildung führten, wurde die VISODATA als Treffpunkt für diejenigen geschaffen, die in der Lehrpraxis, in der Bildungs- und Programmplanung, in der Geräte- und Software-Produktion, in der Verwaltung und der Bildungspolitik mit den anderen prüfen wollen, wo die Hemmungen liegen und wie sie zu beseitigen sind.

Bildungstechnologie ist nur soweit zu nutzen als es jemand gibt, der sich gleichzeitig, während Geräte produziert werden, mit der Aufgabe befaßt, Konzepte für ihren Einsatz zu entwickeln.

Die Teilnehmer an Bildungsveranstaltungen werden täglich mehr. Dabei sind anspruchsvolle, Grundbildung und vielseitige Fortbildung nicht nur Begleitphänomene günstiger wirtschaftlicher Umstände. Die Arbeitslosigkeit führt ebenfalls den Zusammenhang von beruflicher Sicherheit und guter Ausbildung vor Augen, so daß der Kreis, der die Bildungsangebote nutzt und auf sie angewiesen ist, auch noch in der Krisenphase wächst.

Dabei bestehen Unterschiede im Angewiesensein auf die Unterstützung durch wirksame Bildungshilfsmittel. Das öffentliche Schulwesen mit seiner langen Tradition wäre schließlich in der Lage, seinen Unterrichtsbetrieb aufrechtzuerhalten, ohne sich der neuen Hilfe zu bedienen. Der Preis ist allerdings, daß zusätzliche Aufgaben die den Schulen aus dem modernen Leben zuwachsen, z. B. der gesteigerte Anspruch auf individuelle Behandlung, nicht erfüllt werden können. Die außerschulischen Bereiche, deren Bildungsaktivitäten noch jung sind und die nicht auf eine im beruflichen Selbstbewußtsein gefestigte traditionsreiche Lehrerschaft verfügen, sind auf die Hilfe angewiesen die ihnen aus der Entwicklung der Übertragungs- und Informationsmedien zugewachsen sind.

Ob aber Schulen ihre Aufgaben intensiver und zeitgerechter durchführen wollen oder ob Ausbildung und Bildung in außerschulischen Einrichtungen betrieben wird, für alle gilt das Gesetz, daß die Geräteentwicklung und die Gerätenutzung gebunden ist an den Mitvollzug der Programmerstellung und die Mitlösung der wissenschaftlichen Begleitaufgaben.