Papierflut durch gezielte Maßnahmen eindämmen:

Bildschirm und Telex erklären Papierkrieg

30.10.1981

Gewaltige Papierberge werden in jedem Unternehmen bedruckt, kopiert, aufbereitet, verteilt, gelocht und abgeheftet. Den Mitarbeitern einer Maschinenfabrik in Ingolstadt gelang es durch gezielte Maßnahmen und nicht durch "Papierkorb-Ablage", diese Papierflut einzudämmen.

Zuerst einmal muß festgestellt werden, wieviel Papier von welchen Abteilungen produziert wird. In einem Maschinenbauunternehmen mit über 3000 Mitarbeitern sieht das Ergebnis folgendermaßen aus:

- Zwölf Kopiergeräte, dezentral aufgestellt, produzieren jährlich 1,9 Millionen Blatt.

- Eine Hausdruckerei mit einer Rotaprint-Druckmaschine und einer Rank Xerox 9400 erstellen nochmals 2,1 Millionen Formulare, einfache Prospekte, Werbeschriften.

- Zwei Schnelldrucker im Rechenzentrum versorgen das Unternehmen mit 1,6 Millionen 12-Zoll-Blatt und vor allem Formulare, wie Arbeitspapiere, Lieferscheine, Rechnungen. Hier handelt es sich um Papier, das von auswärtigen Druckereien angeliefert wird und von den Materialkosten her das teuerste ist. Das eingesetzte COM-Verfahren nimmt etwa 1,3 Millionen Blatt Papier über Magnetband auf Mikrofiches auf.

- Die Sekretärinnen schreiben rund 145 000 Kundenbriefe. Der Einkauf verschickt nochmals 35 000 Bestellungen an Lieferanten.

- Die dezentral aufgestellten acht Telex-Geräte mit den Telexwählautomaten senden etwa 120 000 Fernschreiben.

Da das Informationsbedürfnis jedes Jahr um etwa zehn Prozent steigt, wird noch mehr Papier benötigt. Die Kosten hierfür sind kaum noch zu verkraften. Deshalb ist jedes Unternehmen gezwungen, das Problem Kopieren in den Griff zu bekommen. Wichtig sind Lösungen, die keine oder wenn, dann nur geringe Investitionen verursachen:

- Jedes Kopiergerät, das zentral aufgestellt wird, bringt mehr Kopiervolumen als zuvor. Deshalb Kopiergeräte weitgehend zentralisieren.

- Intelligente Kopiergeräte sind teurer und werden mit Selbsteinzugsvorrichtung, DIN-A3-Kopiermöglichkeit, Sorter-Anschluß nur zu einem Prozent vom Kopiervolumen genutzt. Deshalb einfachste Kopiergeräte und nur an einer Stelle in der Firma Sondergeräte einsetzen.

- Die Hausdruckerei mit Druckmaschinen auflösen und Kopierdrucker-Einrichtungen einsetzen. Die Hochglanzprospekte werden sowieso sinnvoller von draußen bezogen. Die Hausdruckerei ganz einstellen und alles von außen beziehen ist teurer.

- Die Papierausgaben vom Schnelldrucker müssen Job für Job geprüft werden. Ist eine Übernahme auf COM sinnvoll, oder kann der Ausdruck ersatzlos entfallen? Eine breite Diskussion mit den Fachabteilungen hilft wenig. Einfach den Druck einstellen und warten, was die Fachabteilungen sagen, hat schon so manche Liste abgeschafft.

- Eine der besten Möglichkeiten Papier einzusparen, wenn es sich um große Papierausgaben handelt, die nach dem Handelsgesetz auch noch sieben oder zehn Jahre aufbewahrt werden sollen, ist COM (Computer on Microfilm).

- Die Hardcopydrucker werden in unserem Haus fast auschließlich für Auszüge aus den Bildschirmmasken verwendet. Diese Drucker sind keine echten Informationsträger, sie kosten nur unverhältnismäßig viel Geld.

- Den Sekretärinnen und Schreibdamen müssen Textverarbeitungsbildschirme mit Telex-Anschluß zur Verfügung gestellt werden. Wir praktizieren das in einigen Vertriebsbereichen.

Eine Problemlösung für unser Haus war der Einsatz des Schnelldruckers bei den Auftrags-Arbeitspapieren. Etwa 50 000 Aufträge werden pro Monat in unseren Werken bearbeitet. Die Aufträge wurden nach der Disposition gestartet, und ein Original wurde mit den Arbeitsgangdaten gedruckt. Die Lohnkarten, Materialentnahmekarten, Fertigmeldekarten und Materialzugangskarten wurden ausgestanzt und beschriftet. Das ergab jeden Monat den stolzen Betrag von 350 000 Karten. In der Druckerei wurden dann die Arbeitsbelege (Arbeits-, Materialbegleitkarte, Fehlererfassungskarte, Gußmeldung, Steuerkarte, Werkstattkarte) erstellt.

Zuerst wurde das Original abgeschafft und ein Formular für alle Profitcenter eingeführt. Danach erhielten die wichtigsten Meistereien Bildschirme der Zentraldatenverarbeitung. Nach jedem Schritt und jedem fertigen Arbeitsgang werden von den Werktstattschreiberinnen die Informationen für Fertigmeldung, Lohnbeleg und Kostenabrechnungsinformation eingegeben.

Da jedes vom Computer bedruckte Formular eine Formular-Nummer mit Prüfziffer trägt, bewirkt diese Eingabe, daß alle zugehörenden Daten von Platte gelesen und am Bildschirm angezeigt werden. Das Arbeitspapier pendelt also zwischen Werkstattschreiberin und Einzelarbeitsplatz hin und her, bis die Kontrolle den letzten Arbeitsgang überprüft hat und das fertige Teil ins Lager zur Materialbereitstellung der Montage gelangt.

Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Pro Monat 350 000 Lochkarten weniger, das Umdruckverfahren im Hause wurde abgeschafft, das Einlesen der Lohnkarten entfällt, die zentrale Datenerfassung braucht die Einzelbelege nicht mehr erfassen und es wandern etwa 200 000 DIN-A4-Blätter weniger in die Fertigung.

Der nächste Schritt wird sein, die Arbeitspapiere vor Ort auf Abruf aus dem Zentralcomputer abzurufen und auszudrucken. Zusammenfassend ist zu sagen, daß papierlose Informationssysteme Utopie sind, daß die Papierflut aber durch geschickte Maßnahmen eingedämmt werden kann.