LAN in der Ausdehnung fast unbegrenzt, Großrechnerfamilie direkt anschließbar:

Big Blue verbindet /370-Welt mit Token-Ring

30.05.1986

STUTTGART (CW) - Was die Anwender bei der Vorstellung des Token-Rings im Oktober vergangenen Jahres vermißten, nämlich die direkte Anschlußmöglichkeit der /370-Familie, kündigte IBM jetzt zusammen mit zusätzlichen Erweiterungen an. Wichtig dürfte vor allem auch sein, daß die räumliche Ausdehnung des Token-Rings durch Verstärker für Kupferleitungen, durch das Zwischenschalten von Glasfaserstrecken sowie durch das Verbinden mehrerer Ringe praktisch unbegrenzt ist.

Der Token-Ring ist von IBM für die Büroumwelt gedacht, Rechner-Rechner-Verbindungen oder das Übertragen großer Dateien über den Ring sind nicht vorgesehen. Damit ist laut Big Blue auch die Übertragungsgeschwindigkeit von vier Megabit pro Sekunde im Ring ausreichend, da der PC ohnehin nicht mehr verkraften könne. Neben dem Token-Ring bietet IBM weiterhin das PC-Netz als strategisches Produkt beispielsweise für Abteilungslösungen an.

Die IBM-/370-Familie läßt sich jetzt über die DFV-Steuereinheiten 372X mit dem Token-Ring verbinden. Bisher war dies nur über einen PC als Gateway möglich. Mit dem Kommunikationssteuerprogramm ACF/NCP kann die 372X an den Byte-, Blockmultiplex- oder Selektorkanal der IBM-Rechner 4341, 4361, 4381,308X oder 3090 angeschlossen

werden. Da die Gateway-Funktion des PC entfällt, wird die Übertragung schneller.

Als kleinste Stufe der 3725-Serie ist die 3720 neu hinzugekommen. Sie hat maximal 2 MB Speicherkapazität und 60 Leitungsanschlüsse oder 48 Leitungsanschlüsse und zwei Kanalverbindungen von zwei unterschiedlichen Token-Ring zum Host. Spezielle Modelle wurden für den bedienerlosen Betrieb entwickelt. IBM hebt die Preis- und Funktionsvorteile der neuen Steuereinheit gegenüber der 3725 hervor, wenn die Anzahl der Leitungsanschlüsse und der Durchsatz ausreichen. So kostet die 3720 mit Kanalanschluß für vier Leitungen 107 500 Mark und als Konzentrator mit vier Leitungen 78 560 Mark. Lieferbar sind die Einheiten ab Oktober 86, als Token-Ring-Modelle 11 und 12 erst ab Juli 87.

Erweitert wurde die Steuereinheit IBM 3725, die jetzt auch den Token-Ring unterstützt. Jeder Token-Ring-Anschluß enthält einen Mikroprozessor für Betrieb und Steuerung des Rings. Eine 3725 Modell 1 mit der Erweiterung 3726 kann bis zu acht Anschlüsse unterschiedlicher Token-Ringe bedienen, eine 3725-2 oder 3725-1 ohne die 3726 dagegen vier. Erste Auslieferungen sind für Januar vorgesehen. Die Speicherkapazität der 3725 wurde auf maximal drei MB erweitert.

Die Kommunikation zwischen dem System /370 und den am Token-Ring-Netz angeschlossenen PC-Produkten wird durch Host-Anwendungsprogramme sichergestellt, die mit der IBM-Schnittstelle APPC/PC (SNA LU 6.2) oder dem PC-3270-Emulationsprogramm verträglich sind. Die Version 2 dieses Emulationsprogramms bietet eine Reihe von Funktionserweiterungen gegenüber der Grundversion "Entry Lovel". Version 2 stellt die vollständige Verträglichkeit mit allen Betriebsarten des PC-LAN-Programms sowie anderen Programmen, beispielsweise PC-Büro oder PROFS/PC, sicher. Außerdem unterstützt diese Version den Anschluß eines LAN-Gateway-PCs über Koaxkabel an eine IBM 3274 (lokal oder entfernt). Version 3 ermöglicht zusätzlich den Zugang von PCs zu Hostanwendungen über eine Steuereinheit 372X. Alle Konfigurationen erlauben außerdem den Filetransfer von und zu entsprechenden Host-Systemen (TSO, CMS und so weiter). Voraussetzung für den Einsatz des Emulationsprogramms ist das Bereitstellen einer Netbios-Schnittstelle.

Auch das System /361 läßt sich jetzt mit dem Token-Ring über einen direkt angeschlossenen PC-AT als Gateway verbinden. Damit können Arbeitsplätze am Token-Ring auf /36-Anwendungen zugreifen und das System auch als LAN-Server nutzen.

Mit der neuen PC-Adapter-Karte II (statt bisher acht KB jetzt 16 KB RAM) für den Token-Ring lassen sich auch die Industriecomputer IBM 7531 und 7532 an Token-Ring-Netze anschließen.

Der neue Leitungsverstärker 8218 erlaubt beim Kupferkabel des IBM-Verkabelungssystems eine Vergrößerung des Abstands zwischen zwei Ringleitungsverteilern im Ring von bisher 200 Meter auf 750 Meter. Die Entfernung vom Verteiler zum Endgerät beträgt nach wie vor 100 Meter. Eine Vergrößerung der Entfernung zwischen Verteilern auf bis zu zwei Kilometer erlauben Glasfaserkabel. Dazu werden Lichtleiterumsetzer 8219 zur Umwandlung von elektrischen in optische Signale und umgekehrt benötigt. Durch die Kaskadenscholtung von Lichtleiterumsetzern lassen sich auch größere Entfernungen überbrücken. Kupferleitungen und Glasfaserstrecken können gemischt betrieben werden.

Bis zu acht Token-Ringe lassen sich durch Brückenfunktionen verbinden. Als Brücke dient ein PC-AT oder ein Industrie-PC, die jeweils mit zwei Adapterkarten Typ II ausgerüstet sein müssen. Die Ringe können auf verschiedene Weise über Brücken zusammengeschaltet werden: Als sequentielle Ringe, als Ringe im Ring (dynamische Lastverteilung über mehr als eine Verbindung zwischen den Stationen, Backup-Wege), als Einfach-Backbone-Ringe (zum Beispiel in Glasfaser), an die mehrere Ringe angeschlossen sind, oder als Mehrfach-Backbone-Ringe bei höheren Sicherheitsanforderungen.

Bei der Token-Ring-Software ist das Lizenzprogramm "Netzwerk-Manager", das den Benutzer bei der Fehlersuche und der Fehlerkorrektur im Ring unterstützt, hinzugekommen. Hard- und Softwarefehler im Ring werden angezeigt und zusätzlich auf Platte oder Diskette festgehalten. Der Netzwerkmanager gibt Warnsignale und Hinweise auf die vermutliche Fehlerursache. Damit kann der Bediener Datenstationen, die als Fehlerverursacher in Frage kommen, logisch und physisch aus dem Ring entfernen. Das Programm läuft auf einem PC-XT oder PC-AT im Ring, der für Testzwecke freigestellt wird.