Abschreibung von 2,3 Milliarden Dollar aus dem Überschuß des 4. Quartals

Big Blue setzt Rotstift an und streicht 10 000 Stellen in USA

15.12.1989

NEW YORK/STUTTGART (cmd) - Mit einem umfangreichen Kostendämpfungs- und Umstrukturierungsprogramm sucht die IBM Corp. das mäßige US-Geschäft wieder auf Vordermann zu bringen. Eine Abschreibung in Höhe von 2,3 Milliarden Dollar aus den Überschüssen des vierten Quartals dient unter anderem dazu, den raschen Abbau von insgesamt 10000 Stellen zu finanzieren.

Für die Streichung dieser 10 000 Arbeitsplätze in den Vereinigten Staaten haben die Armonker nach Angaben der "Financial Times" Kosten in Höhe von 500 Millionen Dollar veranschlagt; dies soll bereits im nächsten Jahr zu der beträchtlichen Einsparung von einer Milliarde Dollar im Personalbudget führen.

Weitere 500 Millionen Dollar verwendet Big Blue darauf, künftig die Abschreibungszyklen für neue Technologien sowie für Investments in andere Unternehmen zu verkürzen. Der Löwenanteil der 9,3-Milliarden Dollar-Abschreibung, nämlich 1,3 Milliarden Dollar, dient jedoch nach einem Bericht des "Wall Street Journal" der Konsolidierung des laufenden Geschäfts, und hier vor allem der Fertigungskosten.

Nach der neuerlichen Reduzierung der US-Belegschaft IBM hält nach wie vor daran fest, daß es sich nicht um Entlassungen handelt, sondern um freiwillige Vereinbarungen in Form von Frühpensionierungsprogrammen und Abfindungen sowie um Streichung nicht besetzter Stellen - hat sich der Mitarbeiterstamm in den Vereinigten Staaten seit 1985 um insgesamt 37 000 oder mehr als 15 Prozent auf 206 000 verkleinert. Weltweit beschäftigt Big BIue 387 000 Arbeitnehmer.

Vor New Yorker Analysten betonte IBM-Konzernchef John F. Akers, daß sich das Programm ausschließlich auf das US-Geschäft beziehe, da bei den europäischen Tochtergesellschaften, die etwa ein Drittel zum Gesamtumsatz beitragen, ein Wachstum zwischen acht und zehn Prozent (Verrechnung auf Dollarbasis) beziehungsweise mindestens 15 Prozent (Verrechnung auf Basis der jeweiligen Landeswährung) zu erwarten sei.

Im selben Tenor äußerte sich auf die Frage nach möglichen Auswirkungen auf Europa erwartungsgemäß auch Helmut Röder, der Pressesprecher der deutschen IBM-Dependance in Stuttgart: "Für alle Zeiten kann man keine Antworten geben, aber bei der gegenwärtigen Wirtschaftslage, bei der Wachstumssituation und bei unserer Einschätzung für das nächste Jahr ist etwas ähnliches für Europa und auch für die Bundesrepublik nicht gegeben." Vor diesem Hintergrund mache es keinen Sinn, europäische Werke zu schließen, da man nahezu 90 Prozent der Produkte, die in Europa verkauft würden, auch hier herstelle.

In Anspielung auf die Äußerungen Akers, man würde im Zuge der Umstrukturierung unter anderem auch Kooperationen im Bereich Software-Entwicklung unter die Lupe nehmen und möglicherweise verstärkt Aufgaben nach außen vergeben, sprach Röder allerdings auch davon, daß es hier ein "Spielfeld für Optimierungen" gebe.

Zwiespältige Reaktionen in US-Analystenkreisen

In amerikanischen Analystenkreisen fand das Umstrukturierungsprogramm ein geteiltes Echo. So wird allgemein bezweifelt, daß der Abbau der 10 000 Arbeitsplätze schon ausreicht oder vermutet, daß noch weitere 20 000 bis 30 000 Stellen gestrichen werden müßten, damit der DV-Marktführer wirklich wieder mit besseren Zahlen aufwarten könne. Positiv wurde jedoch immerhin die mit dem Einsparungsprogramm verbundene Ankündigung bewertet, daß die Armonker zur Kurspflege für weitere vier Milliarden Dollar eigene Aktien zurückkaufen wollen.