Konkurrenz zwischen AS/400 und RS/6000 nimmt zu

Big Blue: Midrange-Systeme sollen Mainframe-Erbe antreten

22.01.1993

"Die Konkurrenz zwischen den beiden Divisionen ist groesser geworden, seitdem IBM dezentralisiert hat", berichtet Marc Schulman, President der Technology Strategies Group Inc. in Stamford, Connecticut. Mit grossem Engagement kaempfe die im texanischen Austin ansaessige RS/6000-Filiale gegen die AS/400- Zentrale in Rochester, New York - und das nicht ohne Erfolg.

Wie die CW-Schwesterpublikation "Computerworld" meldet, sind vor allem fuer europaeische Anwender die fehlende PC-Connectivity der AS/400 sowie die Lizenzpolitik der IBM Anlass genug, dem proprietaeren Midrange-System die Treue aufzukuendigen. Allerdings werden auch Analysten zitiert, die das einfachere System- Management der proprietaeren Rechnerlinie als Vorzug loben, auf den viele Anwender nicht verzichten wollen.

Der Grund fuer die chronische Auseinandersetzung beider Abteilungen liegt nach Ansicht von Marktbeobachtern nicht zuletzt in den sich ueberschneidenden Maerkten: Sowohl die AS/400- als auch die RS/6000-Verkaeufer peilen als Kunden solche Unternehmen an, die ihren Mainframe abloesen wollen und sich fuer ein Downsizing entscheiden. Ebenso buhlen beide Divisionen um die Gunst derselben Softwarehaeuser und Haendler.

Mehr Profit mit der AS/400

Der Konflikt duerfte noch weiter eskalieren, wenn im naechsten Jahr die Architektur der AS/400 weiter geoeffnet wird. Das System soll voraussichtlich Posix-Schnittstellen erhalten und die Distributed Computing Environment (DCE) der Open Software Foundation (OSF) unterstuetzen. Ausserdem wird ein RISC-basierter I/O-Prozessor erwartet, der fuer eine bessere Performance der Silverlake sorgen soll.

Waehrend die AS/400-Spezialisten dabei sind, ihre Rechner mit typischen Eigenschaften offener RISC-basierter Systeme auszustatten, bemueht sich die RS/6000-Division darum, die Defizite ihrer Rechnerlinie im kommerziellen Bereich zu beseitigen. So soll eine Reihe robuster betriebswirtschaftlicher Anwendungen entwickelt werden. Ausserdem arbeiten die Unix-Spezialisten daran, die Portierung von CICS-Mainframe-Programmen auf RS/6000-Systeme zu erleichtern. Spaetestens 1996 duerften die Grenzen zwischen den Systemen noch weiter verwischt werden, denn dann sollen beide Rechner mit dem Power-Chip arbeiten, der gemeinsam mit Apple und Motorola entwickelt wird.

Ein Vergleich der Geschaeftserwartungen beider Rechnerwelten zeigt, dass Big Blue mit der AS/400 ungleich mehr Profit zu machen gedenkt als mit den Unix-Rechnern - und das, obwohl der RISC- Rechner inzwischen das am dritthaeufigsten verkaufte Unix-System ueberhaupt ist. Fuer 1993 erwartet IBM vom AS/400-Geschaeft einen Umsatz von 15,5 Milliarden Dollar. Nur zwei Milliarden Dollar Umsatz, so veranschlagt das Unternehmen, liessen sich 1993 mit der RS/6000 erzielen.