Big Blue is watching you

25.06.1999

Die dramaturgische Konzeption eines Online-Bewerbungsbogens will genau durchdacht sein. Höfliche Umgangsformen sollen den heftig umworbenen IT-Experten möglichst viele Informationen über Qualifikationen und Werdegang entlocken und sie dazu animieren, sich möglichst umgehend zu bewerben.

Folgende Fragen der etwas anderen Art können Interessenten durchaus neugierig machen und die Spannung erhöhen: "Bestehen wesentliche finanzielle Beteiligungen an Mitbewerbern, Lieferanten oder Händlern?" Solche Fragen sind arbeitsrechtlich gesehen zwar zulässig, wirken aber etwas befremdend.

Die Autoren dieses Bewerbungsbogens möchten es ganz genau wissen und erforschen die emotionalen Bindungen der möglichen Mitarbeiter weiter. "Bestehen andere Bindungen zu Mitbewerbern, Lieferanten oder Händlern?", um dann schließlich die alles entscheidene Auskunft zu begehren: "Haben Sie Vorstrafen beziehungsweise ist ein Strafverfahren gegen Sie anhängig?" Die anschließende Frage nach möglichen Lohn- und Gehaltspfändungen wirkt dagegen schon ein bißchen blaß.

Gerade in Zeiten der akuten Personalknappheit haben viele Unternehmen gelernt, einen freundlicheren Ton gegenüber interessierten Bewerbern anzuschlagen. Arbeitsrechtlich gibt es zwar nur bei der allgemeinen Frage nach den Vorstrafen Bedenken, denn in dieser unspezifischen Form ist sie unzulässig, der Bewerber oder die Bewerberin dürfen also lügen.

Trotzdem bleibt Verwunderung und die Frage übrig: Weshalb präsentiert sich IBM im Internet mit diesem Online-Fragebogen? Bewerben sich bei Big Blue vor allem Leute mit einer kriminellen Karriere?