In der Org.DV-Hierarchie ist die Welt noch in Ordnung

Betriebswirte haben im DV-Beruf gegen Informatiker wenig Chancen

12.06.1992

MÜNCHEN (hk) - Der Platz an der Sonne in der DV-Hierarchie gehört dem Informatiker, so das Ergebnis einer SCS-Stellenauswertung. Weit abgeschlagen ist dagegen der Betriebswirt, dem eigentlich bessere Zeiten vorausgesagt wurden.

Das Ergebnis der SCS-Stellenauswertung ist eindeutig, was die Qualifikation der DV-Führungskräfte betrifft. 100 Stellenanzeigen (erstes Quartal 1992 in 19 Tageszeitungen) verlangten von einer DV-Führungskraft ein Informatikstudium, in weiteren 73 Anzeigen sollte der Computer-Manager eine DV-Ausbildung haben, ohne daß ein Studium als Voraussetzung genannt wurde.

Selbst der Ingenieur schneidet deutlich besser ab als der Betriebswirt, dem gerade in letzter Zeit auch Chancen als Führungskraft in der DV eingeräumt wurden. Nichts verloren haben der Jurist und der Mathematiker in den Chefetagen der Datenverarbeiter. Ein einziges Unternehmen verlangte als Voraussetzung ein Rechtsstudium, und niemand war an einem Mathematiker interessiert.

Allerdings muß das Ergebnis - vielleicht zum Vorteil der Kaufleute - relativiert werden. Denn klar ist, daß bei Anzeigen für Toppositionen in den meisten Fällen kein Studium als Anforderung mehr genannt wird. Kienbaum-Berater Waldemar Timm meint denn auch, daß er von einem Org./DV-Leiter "fundierte Erfahrungen in der Datenverarbeitung" erwarte und daß ihn das Studium des Bewerbers nicht besonders interessiere. In den oberen Hierarchierängen zähle in erster Linie die Berufserfahrung, aber auch die Denkweise: "Wer Informations-Management nicht nur aus DV-technischer Sicht betrachtet, erfüllt eine wichtige Voraussetzung für eine Führungsaufgabe", so Timm.

Michael Muehl bezweifelt, ob dem Informatiker von heute die Management-Zukunft gehört. Zu sehr werde an den Universitäten die Technik in den Vordergrund gespielt, zu wenig der Anwendungsbezug hergestellt. Muehl, bei der R+V-Versicherung zuständig für das DV-Personal, setzt auf die Wirtschaftsinformatiker, "im Idealfall mit versicherungstechnischen Kenntnissen". Auch für Gerd Müller von Hewlett-Packard ist der Wirtschaftsinformatiker Kandidat Nummer eins fürs DV-Management. Da sich aber das Fach Wirtschaftsinformatik erst vor gar nicht so langer Zeit an Hochschulen etabliert habe, dauere es noch seine Zeit, bis diese Absolventen in Führungspositionen aufrückten.