Betriebsrat befuerchtet weitere Entlassungen DEC-Reorganisation geht zu Lasten des Kienzle-Personals

15.10.1993

MUENCHEN (hv) - Schlechte Stimmung bei der Digital-Equipment-Belegschaft: Bis Ende naechsten Jahres will das Unternehmen seine Mitarbeiterzahl in Deutschland von derzeit 6200 auf 4900 reduzieren. Betroffen ist vor allem die Digital-Kienzle GmbH & Co. KG in Villingen. DEC-Betriebsratschef Dieter Jung fuerchtet, dass es nicht beim geplanten Abbau von unternehmensweit 1300 Arbeitsplaetzen bleiben wird.Der angepeilte Umsatz von zwei Milliarden Mark im Finanzjahr 1994, so rechnet der Mitarbeitervertreter vor, liesse sich angesichts der bevorstehenden strategischen Ausrichtung "wahrscheinlich" auch mit 2000 Beschaeftigten erzielen. Fuer diese These spreche, dass sich Digital offenkundig auf seine Alpha-Technologie konzentriere und in diesem Bereich hardware- wie softwaretechnisch ein Massen- geschaeft anstrebe. Einen Hinweis auf moeglichen weiteren Personalabbau sieht Jung in dem angekuendigten Partnerkonzept, mit dem der Konzern - aehnlich wie gegenwaertig Siemens-Nixdorf - kleine und mittelstaendische Unternehmen mit vertikalen Loesungen bedienen will. Zu Personaleinsparungen, so der Betriebsratssprecher auf einer IG-Metall-Fachtagung in Mannheim, duerften die bereits begonnenen Umstrukturierungen des Unternehmens im handelsrechtlichen Bereich fuehren. Bis Mitte naechsten Jahres soll der Konzern im Rahmen einer Holding neu strukturiert werden: Unter der Digital Beteiligungen GmbH als Dachorganisation werden nach einer offiziellen Ankuendigung fuenf Tochtergesellschaften entstehen. Damit aber, so argwoehnt Jung, koennen Betriebe leichter aufgeloest werden. Die Arbeitsplaetze wuerden unsicherer. Eine der Gesellschaften, die Digital Integrations GmbH, soll Vertrieb und Betreuung von Grosskunden uebernehmen - darunter nicht nur DEC- Klientel, sondern auch die 500 groessten Digital-Kienzle-Anwender. Die Tochter wird voraussichtlich Projekte durchfuehren sowie fuer Beratung und Training bei Grosskunden sorgen. Diese Gesellschaft wird sich hauptsaechlich aus der heutigen Vertriebsorganisation von Digital Equipment, zum geringeren Teil auch aus Digital-Kienzle- Vertriebsmitarbeitern rekrutieren.Der direkten Vertriebsorganisation steht kuenftig ein zweites Unternehmen gegenueber, das sich um indirekte Vertriebskanaele wie Softwarehaeuser, Haendler, Distributoren, OEMs etc. kuemmern wird. "Das Partnerkonzept ist fuer die kleineren Kunden gedacht, die durch die Loesung eines Softwarehauses ohnehin besser bedient werden", verdeutlicht Pressesprecherin Theresia Wermelskirchen die Plaene ihres Unternehmens. In diesen Geschaeftsbereich werde sowohl die bisherige Partnerorganisation im Konzern als auch ein Teil der Vertriebsorganisation von Digital Kienzle eingehen.Fuehrt Massengeschaeft zu Arbeitsplatzabbau? Der Betriebsrat fuerchtet indes, dass sich der grosskundenorientierte Geschaeftsbereich Direktvertrieb letztendlich nur auf einige wenige Kunden beschraenken wird. Dies sei die logische Folge der zu erwartenden Konzentration auf das Massengeschaeft. Rund 80 Prozent des Umsatzes wuerden voraussichtlich ueber indirekte Kanaele sowie mit Dienstleistungen erzielt. Diese soll kuenftig die Digital Service GmbH uebernehmen, die sich den sogenannten Multi- vendor-Customer- Service auf die Fahnen schreiben wird. Darueber hinaus wird eine Digital PC/Direkt GmbH ins Leben gerufen, deren Aufgabe im Telefon- und Katalogvertrieb von PCs, Notebooks und Computerzubehoer besteht. Als interner Dienstleister fuer die vier genannten Tochtergesellschaften sowie den Mutterkonzern wird zudem eine Support GmbH gegruendet. Vom gegenwaertig durchgefuehrten Stellenabbau ist vor allem die Digital Kienzle GmbH & Co. KG mit einem erwarteten Abbau von bundesweit rund 800 Stellen betroffen. Vor allem die Bereiche Fertigung und Entwicklung sollen schrumpfen. Allein 400 bis 500 von insgesamt 950 Mitarbeitern muessen voraussichtlich am Fertigungsstandort Villingen ihren Arbeitsplatz raeumen. Insgesamt beschaeftigt Digital-Kienzle gegenwaertig nur noch 1850 Mitarbeiter. Bereits zum 1. Oktober 1993 war der gesamte Servicebereich, knapp 900 Personen, von der Schwester Digital Equipment GmbH uebernommen worden. Moeglicherweise wird DEC den Aderlass im ohnehin strukturschwachen Villingen durch den Ausbau des dort vorhandenen Reparaturzentrums in Grenzen halten. Gespart werden soll bei Digital Kienzle auch im Entwicklungssektor. DEC zeigt kein Interesse, saemtliche proprietaeren Software- loesungen von Kienzle in die offene Rechnerwelt zu portieren. Pressesprecherin Wermelskirchen versichert jedoch, dass die erfolgreichen Pakete von Digital- Kienzle, die ohnehin bereits unter Unix liefen, auch auf die Alpha-Plattform portiert wuerden.