Betriebsdatenerfassung und Fertigungssteuerung

25.03.1977

Insbesondere die Fertigungssteuerung mit EDV benötigt dringend richtige und aktuelle Ist-Daten aus dem Betriebsgeschehen. Hier hilft die Betriebsdatenerfassung (BDE). Statt mehrerer Schritte zur Datenerfassung mit Uraufschreibung und Aufbereitung von Hand werden die Daten am Ort des Datenanfalls in den Fachabteilungen - für viele Daten also direkt in der Fertigung - an die dortigen Aufgaben angepaßt und möglichst im Moment des Datenanfalls verarbeitungsgerecht erfaßt. Soweit technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar, werden Daten automatisch gewonnen, sonst in für den Betrieb geeignete Terminals manuell über Tastatur oder mittels Datenträger eingegeben.

Wo steht die BDE?

Eine Reihe von Herstellern bietet heute dem Markt eine umfangreiche Palette an BDE-Systemen an, die von einfachen Offline-Geräten bis zu in Stufen ausbaubaren, leistungsfähigen Online-Systemen reicht. Die preiswerten Mini- und Mikrocomputer haben durch die damit verbundene erhöhte Flexibilität den BDE-Systemen besonderen Auftrieb gebracht, die nun dezentrale Intelligenz bieten, indem beispielsweise Mikrocomputer in die Terminals und Minicomputer in die Steuereinheiten der BDE-Systeme eingefügt werden. So lassen sich auch betriebssichere hierarchische Strukturen kostengünstig verwirklichen.

Vergleicht man allerdings die Anzahl der realisierten BDE-Beispiele in der Praxis mit der Anzahl der strukturell in Frage kommenden Betriebe, so muß man feststellen, daß die BDE den großen Durchbruch noch nicht erreicht hat. Andererseits sind etliche sehr interessante Anwendungsbeispiele unterschiedlicher Branchen bekannt. Hierbei liegt der Schwerpunkt eindeutig bei Installationen mit bereichsweisen Terminalsystemen, während die automatisierte Datengewinnung an Maschinen bisher - wenn überhaupt - vornehmlich mit dezentralen Schreibern zur zeitlichen Nutzungsüberwachung verwirklicht wurde, so daß in der Praxis eingesetzte rechnergestützte Systeme mit automatisierter Datengewinnung noch rar sind.

Aufgrund wirtschaftlicher Überfegungen versucht man, sämtliche BDE-Aufgabengebiete eines Betriebes in einer gemeinsamen Aufgabenstellung zusammenzufassen, wobei in den einzelnen Fällen die Teilgebiete unterschiedlich betont werden: Datenerfassung für die Kostenrechnung,

Lohnabrechnung, Qualitätskontrolle, für Gleitzeitverfahren, Kantinenabrechnung, Material- und Lagerwesen und nicht zuletzt Fertigungssteuerung mit Termin- und Kapazitätswirtschaft.

Bei der Fertigungssteuerung muß mit der BDE in erster Linie der Arbeitsfortschritt bei den Betriebsaufträgen verfolgt werden, wofür Registrierungen an Terminals bei Beginn und Ende von Arbeitsvorgängen vorgenommen werden. Hierauf gestützt, kann man eine aktuelle Arbeitsverteilung erreichen, also die richtig abgestimmte Zuordnung von Arbeitsvorgängen zu den Arbeitsplätzen. Teilweise kombiniert man hier auch die EDV-gestützte Planung mit manuell geführtem Leitstand.

Was fehlt bei der BDE?

Zunächst mußte das methodische Grundlagenwissen für die BDE erarbeitet sowie Planungsverfahren für die Einführung der BDE entwickelt werden. Diese Dinge stehen heute zur Verfügung und können den Interessenten über Literatur oder Seminare zugänglich gemacht werden, was als echte Hilfe für neue Projekte angesehen werden kann. Trotzdem müssen auch die Grenzen derzeitigen Wissens gesehen werden.

Bei der automatisierten Datengewinnung etwa stellt häufig das Geberproblem ein Hindernis dar. Es gibt zwar viele Hersteller entsprechender Bauelemente, jedoch wäre dem potentiellen Anwender der automatisierten BDE besser gedient, wenn die Hersteller der Produktionsmaschinen gleich die Geberanschlüsse für die BDE vorsehen würden, da die interessierenden Signale und ihre technische Gewinnung dem Hersteller der Produktionsmaschine am besten bekannt sind.

In vielen BDE-Projekten stößt man in der Vorbereitungsphase auf Unsicherheiten beim Nachweis der Wirtschaftlichkeit der Abklärung der zu fordernden Sicherheit der Datenerfassung und der Zuverlässigkeit des BDE-Systems sowie bei der Behandlung etwaiger Probleme im menschlichen Bereich beispielsweise im Zusammenhang mit ° 87 BetrVG. Gewisse Erfahrungen liegen hier zwar auch jeweils vor, darüber hinaus erscheint jedoch gerade für diese Fragen eine auf breiter Basis abgestützte Empfehlung wünschenswert. Deshalb wird derzeit unter Leitung des Autors in der Projektgruppe BDE des AWV-Arbeitskreises Datenerfassung (Ausschuß für wirtschaftliche Verwaltung in Wirtschaft und öffentlicher Hand e. V., Eschborn) anhand von Fallbeispielen aus der Praxis an diesen Problemen gearbeitet, beim Thema Wirtschaftlichkeit unter anderem an einem Kriterienkatalog für Nutzengrößen. Wenn greifbare Ergebnisse vorliegen, ist an die Veröffentlichung von Muster- und Modellbeispielen gedacht. Zunächst wurde im Rahmen dieser AWV-Arbeit eine Definition über BDE verabschiedet und veröffentlicht.