Betriebliche Qualifikation nach Maß

15.01.2002

Das System unterstützt unterschiedliche Ansätze. So werden etwa Prüfungs- und Diagnosesysteme aus dem E-Learning eingesetzt, die Tests zu bestimmten Themengebieten generieren und damit eine Einordnung des jeweiligen Verständnisses erlauben. Dieser Ist-Beschreibung wird ein entsprechendes Soll-Profil gegenübergestellt. „Unternehmen können jetzt genau festlegen, welche Skills für bestimmte Karrierepfade notwendig sind,“ erläutert Schildhauer. „Beispielsweise braucht ein Projekt-Manager, der sich zum Projektdirektor weiterentwickeln will, neben den fachlichen Kenntnissen und ausreichender Erfahrung auch ‚Soft-Skills‘ wie Rhetorik und die Fähigkeit zum Konflikt-Management.“

Lernmodule und -profile sind auf der Metaebene beschrieben

Den Lücken im Ist-Soll-Raster ordnet das IT-System dann die adäquaten Lernmodule zu. Wie erkennt nun das System, welche Inhalte zu welchen Anforderungen passen? Die Antwort liefert die Metaebene, auf der die Zusammenhänge definiert sind. Sowohl Lernmodule als auch -profile sind hier nach einheitlichem Muster beschrieben. Dabei wurde auf (Quasi-)Metadatenstandards des E-Learning zurückgegriffen.

Die Lernmodule werden mit Learning Objects Metadata (LOM) kategorisiert, wobei unter anderem Autor, Gültigkeit, Zielgruppe, Thema, Kurs, Dauer, Grad der Interaktivität und Medientyp definiert werden. Die Profile der Lernenden werden mit dem Standard PAPI (Public And Private Information) beschrieben. Damit ist nicht nur sichergestellt, dass die Ebenen untereinander harmonisieren. Die Standardisierung ist zugleich die Voraussetzung für eine offene Plattform, in der die Anwender bei Bedarf Content von anderen Anbietern und selbstentwickelte Inhalte einbinden. Auch können Zertifikate und andere Ergebnisse von Qualifizierungsmaßnahmen über Schnittstellen - etwa zu SAP - direkt im Personalinformationssystem abgelegt werden.

Lernpfade können komplettiert werden

Anhand der auf der Metaebene beschriebenen Kriterien kann das System Qualifizierungsbedarf und Lernbausteine inhaltsbezogen zusammenführen. Dies allein garantiert allerdings noch kein sinnvolles Kursangebot. Deshalb entwickelt ein Tutor aus den vorhandenen Bausteinen für unterschiedliche Qualifizierungsbereiche und -ebenen inhaltlich und didaktisch konsistente Lernpfade, die ebenfalls nach LOM indiziert sind und so automatisch zugeordnet werden können. Ein solcher Pfad kann aus Komponenten unterschiedlichster Art zusammengesetzt sein - von Online-Modulen über CBT bis zu Präsenzkursen. Enthält ein Lernpfad Lücken, kann der Tutor dank der Standards die benötigten Inhalte zukaufen beziehungsweise produzieren lassen - oder auch selbst entwickeln.

„Nicht immer ist ein professionell aufbereitetes Lernangebot notwendig“ betont Jirka Bacik, der bei Digital Spirit das Projekt betreut. „Um den Zusammenhang herzustellen, reicht manchmal ein Word-Dokument oder eine Erläuterung auf einer Powerpoint-Folie vollkommen aus. Denn Lernen findet immer statt, wenn Information in Wissen umgewandelt wird.“ Damit ist die Schnittstelle geschaffen, um neben dem Skill- und Lern-Management eine dritte betriebliche Welt zu integrieren: das Wissens-Management. Inhaltlich passende Materialien und Dokumente aus diesem Bereich - die nicht didaktisiert sein müssen - können ebenfalls auf der Meta-Ebene über den LOM-Standard beschrieben, den entsprechenden Skills und Levels zugeordnet und so in die betriebliche Weiterbildung eingebunden werden.

Dank dieser Flexibilität bietet die IT-Plattform dem Lernenden unterschiedliche Strategien an. „Wenn die dauerhafte Steigerung der Kompetenz im Vordergrund steht, wird sie didaktisch und inhaltlich konsistente Lernpfade vorschlagen,“ differenziert Schildhauer. „Geht es hingegen um kurzfristig orientierte Problemlösung, kann der Lernende den Pfad verlassen und auf die Einzelbausteine zugreifen.“

Deshalb ist es wichtig, dass das Angebot konsequent modularisiert ist. „Eine Lerneinheit von vier Stunden muss in zehn bis 15 Module zerlegt werden, auf die das System zugreifen kann. Der Zusammenhang wird dann über den Lernpfad hergestellt.“ Im Prototyp wurde als konkrete Ausprägung der Bereich Online-Marketing entwickelt. Ab Beginn nächsten Jahres wird der Prototyp in verschiedenen Unternehmen eingesetzt und mit weiteren, am konkreten Bedarf orientierten Inhalten gefüllt. Auch konzeptionell wird er dann weiterentwickelt. Gedacht ist unter anderem daran, betriebliche Situationen zu simulieren, was eine noch bessere Selbsteinschätzung erlaubt oder unterschiedliche Lerntypen zu berücksichtigen. So gilt für die Plattform das gleiche Prinzip wie für die Lernenden: Ihre Fähigkeiten entwickeln sich nach den veränderten praktischen Anforderungen.