Trotzdem: Kaum Startkapital für junge Firmen

Beteiligungsgesellschaften sehen wieder Land

30.01.2004
MÜNCHEN (mb) - Die Gilde der deutschen Private-Equity- und Risikokapitalfirmen erkennt nach drei trüben Jahren Anfang 2004 erstmals wieder Anzeichen einer Erholung. Für einen Großteil der kapitalsuchenden Startups ändert sich damit aber kaum etwas: Wegen des Finanzengpasses im Early-Stage-Sektor gehen sie weiterhin häufig leer aus.

"Wir stehen vor einer Trendwende. Die Zahlen deuten an, dass 2004 eine andere Entwicklung beginnt", bringt Holger Frommann, Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), den Status quo auf den Punkt. Die Branche sei inzwischen an der Talsohle angelangt, es stehe jedoch noch nicht fest, wie breit diese ist.

Zugegeben, Durchhalteparolen wie diese waren trotz - oder gerade wegen des - anhaltenden Einbruchs in den letzten Jahren an der Tagesordnung. Anstatt Vermutungen gibt es nun aber erstmals Fakten, die für eine anstehende Belebung im Beteiligungsmarkt sprechen. Die Rahmenbedingungen für die Branche haben sich verbessert, stellt BVK-Geschäftsführer Frommann fest. So deuten erfolgreiche Börsengänge in den USA und Großbritannien an, dass sich auch hierzulande in naher Zukunft der beliebte Exit-Kanal IPO (Initial Public Offering) wieder öffnen könnte. Gleichzeitig gibt es seit fast drei Quartalen einen anhaltenden Aufwärtstrend an den Aktienmärkten. Außerdem hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) Mitte Dezember in einem Erlass die wichtigsten Probleme bezüglich der steuerlichen Behandlung von Private-Equity-Fonds für Anleger und Private-Equity-Firmen geklärt. Damit könne Fundraising in Deutschland nun wieder stattfinden, so der BVK-Geschäftsführer.

Aufgrund der unklaren steuerlichen Situation war 2003 die Bereitschaft der Investoren nur gering, in Beteiligungsfonds einzuzahlen. Zwar gelang es den Mitgliedern des BVK, insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro einzuwerben; mehr als 90 Prozent davon flossen jedoch in die Töpfe von in Deutschland ansässigen, aber paneuropäischen Fonds. Erschwerend kommt hinzu, dass für Startups und insbesondere Firmen im Early-Stage-Bereich kaum noch Geld zur Verfügung steht.

Nachdem sich inzwischen auch die Beteiligungsbranche überwiegend auf mittelständische Unternehmen konzentriert und eine Reihe von Risikokapitalgebern vom Markt verschwunden sind, ist der Venture-Capital-Anteil am gesamten Investitionsvolumen auf 20 Prozent zurückgegangen - ein normaler Wert, wie Frommann meint. Mit nur noch einem Prozent Anteil hat sich im Bereich Seed- oder Startfinanzierungen jedoch eine gefährliche Lücke aufgetan. Zum Vergleich: Im Jahr 1999 flossen hierzulande noch 26 Prozent der Bruttoinvestitionen an Startups, der Anteil der Seed-Finanzierung lag bei sieben Prozent.

Der BVK-Geschäftsführer verwies in diesem Zusammenhang auf einen Hightech-Masterplan, mit dem das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) verhindern will, dass Deutschland in Sachen Innovation weiter ins Hintertreffen gerät. In Grundzügen sieht dieser Steuer- und andere Vergünstigungen für junge Unternehmen sowie deren Investoren vor. Voraussetzung ist, dass die Startups mindestens 15 Prozent ihrer Einnahmen in Forschung und Entwicklung investieren. Der Masterplan liege inzwischen im Kanzleramt und soll im Verlauf des Frühjahrs vorgestellt werden, so Frommann.

Weiterer Hoffungsträger ist ein Dachfonds für Beteiligungskapital für junge Technologieunternehmen in Höhe von 500 Millionen Euro, den das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) zusammen mit dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) auflegen will. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement schätzt, dass in den nächsten fünf Jahren 1,7 Milliarden Euro für innovative deutsche Unternehmen mobilisiert werden können.

Abb: VC-Branche in den Startlöchern

Weniger aus kleineren Töpfen: Die Bruttoinvestitionen der BVK-Mitglieder zogen im Verlauf des Jahres 2003 wieder leicht an und erreichten mit 173,9 Millionen Euro (ohne Buyouts) im dritten Quartal einen vorläufigen Höchststand. Mit einem Anteil von 15 Prozent waren IT-Firmen dabei zahlenmäßig gut vertreten. Auf die insgesamt 42 Unternehmen entfielen aber lediglich 8,1 Prozent der gesamten Investitionssumme. Quelle: BVK-Statistik