Show-Effekte und Network-Computing auf dem Datenbankfest

Beta-Anwender berichten über ihre positiven Eindrücke von Oracle 8

04.07.1997

Uwe Hohenstein*, Entwickler bei der Siemens AG, sollte Oracle 8 für den Bereich Automatisierungstechnik in Augenschein nehmen. Besonders interessant waren für Siemens die objektre- lationalen Features der Datenbank, die das Speichern von Objekten und multimedialen Daten neben strukturierten erlauben sollen. Bei Vergleichen rein objektorientierter Datenbanken mit relationalen hatte Hohenstein zuvor herausgefunden, daß sich bei den Objektsystemen im Schnitt etwa 20 Prozent an Programmcode einsparen läßt. Damit gewinnt eine solche Datenbank gegenüber relationalen Modellen auch an Performance.

Grundfunktionen wie Vererbung und Polymorphie unterstützen die objektrelationalen Features von Oracle 8 nicht. Mit Hilfe von Referenzen und Tabellenschachtelungen aber lassen sich zum Beispiel Beziehungen definieren (siehe Abbildung). So können sowohl Tabellenzeilen als auch Spalten zu Objekten werden und einzelne Felder ganze Tabellen oder Verweise auf andere Tabellen enthalten. Das Datenbanksystem vergibt pro Objekt eine eindeutige Kennung.

Darüber hinaus stellt Oracle 8 Sammlungen gleicher Objekte zur Verfügung, sogenannte Collections, und variable Arrays, Tabellen mit fester Obergrenze. Die neuen Datenbankfunktionen haben auch Änderungen in der Structured Query Language (SQL) zur Folge.

Bedingte Objektfähigkeit

Zwar beschert Oracle 8 somit den Anwendern keine echte Objektorientierung, doch zeigen sich die Beta-Anwender durchaus angetan von den Möglichkeiten, eine Objektsicht auf die Daten zu legen. "Relationale Datenmodelle sind weit weg vom Verständnis der Anwender", äußert sich etwa Thomas Brunken, zuständig für IT-Service Datenbanken und Integrationstechnologien bei der Daimler-Benz Aerospace Airbus GmbH, Bremen. "Die Objektsicht gibt uns die Möglichkeit, die Daten, die der Benutzer braucht, so darzustellen, daß er alle notwendigen Informationen auf einmal vor Augen hat."

Brunken plant für das Jahr 1998 den Aufbau eines Data-Warehouse, das im wesentlichen ein Produkt-Management-System für die Dasa-Ingenieure unterstützen soll. Bis zu 2500 Benutzer sollen gleichzeitig mit der Software arbeiten können. Brunken prüfte insbesondere die Backup- und Recovery-Fähigkeiten sowie die Partitionierungsmöglichkeiten von Oracle 8.

Neu im Vergleich zur Vorgängerversion ist ein inkrementelles Backup. Nur die Daten erhalten ein Update, die geändert wurden.

Ein "Recovery-Manager" führt den Datenbankadministrator durch Prozeduren, die nach einem Systemausfall notwendig werden. Mit Hilfe einer sogenannten Incarnation-Number wird es nun möglich, exakt den Zustand vor dem Fehlerfall wiederherzustellen.

Während Brunken bezüglich der Recovery- und Backup-Features vor allem anerkennt, daß Oracle überhaupt Verbesserungen anstrebt, scheinen ihn die Möglichkeiten der Partitionierung von Tabellen wirklich zu überzeugen. Diese Funktionalität gewährleiste sowohl eine höhere Ausfallsicherheit, weil im Fehlerfall nicht alle Tabellen, sondern nur Tabellenbereiche betroffen sind, als auch akzeptable Antwortzeiten. Queries können sich nun auf Partitionen beschränken und müssen nicht immer auf die gesamte Tabelle gerichtet sein.

Darüber hinaus hält Brunken das Feature "Single-Sign-on" für erwähnenswert. Bisher mußten sich Anwender bei einer verteilten Oracle-Datenbank auf jedem einzelnen System anmelden, jetzt brauchen sie sich nur noch einmal einzuloggen.

Nicht nur traditionelle Aufgaben, wie sie Brunken in seine Betrachtung einbezog, könne Oracle 8 erfüllen, pries Oracle-Chef Ellison das Datenbanksystem, vielmehr sei die Technik auch reif für neue Herausforderungen. Da das System Web-fähig sei, eigne es sich etwa als Messaging-Server. Bei der Demonstration waren 50000 Benutzer gleichzeitig an den "Oracle 8 Parallel Server" angeschlossen, an die Ellison von einem Sun-Solaris-Cluster mit je 22 Prozessoren aus in beeindruckendem Tempo Mails verschickte. "Die Idee des Database-Messaging hat Charme", kommentiert Dasa-Techniker Brunken die Vorführung.

Für das Update von 7.1, 7.2 und 7.3 (jeweils das letzte Patch- Release) auf die 8.0-Version der Oracle-Datenbank bietet der Hersteller ein Migrations-Tool an. Mit Hilfe des Point-and-click-Werkzeugs sei es beispielsweise möglich gewesen, das Applikationspaket R/3 von der SAP AG in einem Tag zu portieren, berichtet Günther Stürner, Leiter des Oracle-R/3-Technology-Centers in Walldorf.

*Uwe Hohenstein ist bei der Siemens AG als DV-Berater tätig und Mitarbeiter des Buches "Objektorientierte Datenbanksysteme - ODMG-Standard, Produkte, Systembewertung, Benchmarks, Tuning", Vieweg Verlag, 1996.