Desktop-Virtualisierung

Besser virtualisieren als verbieten

13.05.2008
Von 
Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.
Die Nutzung privater Software auf Firmen-Laptops lässt sich kaum unterbinden. Deshalb sollte sich die IT auf das konzentrieren, was sie kontrollieren kann.

Manchmal liegen Problemlösungen viel zu nahe, um sie zu bemerken. So wird Virtualisierung immer als ein Mittel zur Kostenreduktion gesehen. Viel seltener wird diskutiert, dass vor allem Desktop-Virtualisierung ein Mittel sein kann, um die Produktionsumgebungen auf Firmen-PCs und -Laptops von störenden Einflüssen privater oder semiprivater Applikationen frei zu halten. Nötig wird diese Trennung in Produktionsumgebung und "andere" Applikationen, weil Mitarbeiter ihre Rechner für viele weitere Dinge nutzen. Vor allem auf Laptops finden sich etliche Programme, die von der zentralen IT weder installiert noch genehmigt worden sind, geschweige denn unterstützt werden. Allen voran Kommunikationssoftware, aber auch private Bildsammlungen, Musik, Spiele und kleine Werkzeuge, die den Mitarbeitern helfen, ihren Job zu machen, sind auf den Festplatten der Rechner gespeichert. Wer beispielsweise schon einmal gesehen hat, was Google Desktop einer Windows-Umgebung antun kann, braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie schwierig es dann für den Support wird, plötzlich auftauchende Fehlfunktionen zu beheben.

Das Aufspielen von Software zu verbieten, die nicht von der zentralen IT genehmigt worden ist, ergibt heute aus verschiedensten Gründen nur noch wenig Sinn. Zum einen handelt es sich bei dieser schwarz installierten Software mitunter um wirklich pfiffige Programme aus dem Netz, die ein ganz bestimmtes Problem eines Mitarbeiters oder einer kleinen Arbeitsgruppe lösen. Aus seiner Perspektive rechtfertigt die Lösung die Eigeninitiative - und aus Sicht des Unternehmens ebenfalls; kann der Mitarbeiter doch mit der unautorisierten Software effektiver arbeiten. "Nur" die IT hat damit ein Problem, weil sie so nie weiß, was im Zweifelsfall die Produktivumgebung korrumpiert oder welches Sicherheitsleck sich der Mitarbeiter mit dem kleinen Tool aus dem Internet eingefangen hat. Außerdem ist vor allem jungen Mitarbeitern, die eine Berufswelt ohne Internet gar nicht mehr kennen, nicht mehr zu erklären, warum sie ihren Firmen-Laptop nur für geschäftliche Anwendungen nutzen dürfen. Sie werden sich nicht damit anfreunden können, dafür immer ein privates Zweitgerät mitzunehmen und im Zweifelsfall nur für Unternehmen arbeiten, die ihnen erlauben, das Arbeitsgerät auch für Social Networking, Musik, Fotos und Videos aus dem Netz zu nutzen.

Also muss sich die IT umstellen und sich auf das konzentrieren, was sie kontrollieren muss und kann. Das sind die Frontends der Enterprise-Anwendungen, das unternehmensweite E-Mail-Programm und die Verbindungen ins Unternehmensnetz. Und hier kann Desktop-Virtualisierung wertvolle Dienste leisten. Dabei läuft das Client-Betriebssystem inklusive aller normalerweise lokal installierten Unternehmensanwendungen in einer virtuellen Maschine auf dem Server. Für jeden Mitarbeiter in einer solchen Konstellation existiert im Backend ein virtueller Arbeitsplatzrechner, auf den er von seinem Desktop-PC oder Laptop zugreifen kann. Die individuellen Programme und Daten, die ein Mitarbeiter sonst noch zu benötigen glaubt, bleiben lokal und beeinflussen den virtuellen Desktop nicht.

Christoph Witte, Herausgeber COMPUTERWOCHE
Christoph Witte, Herausgeber COMPUTERWOCHE
Foto: Christoph Witte

Doch wie so oft steckt auch bei den einfachen Ideen der Teufel im Detail. So zeichnen sich Lösungen zur Offline-Arbeit gerade erst ab. Auch dauert die Übertragung der Daten bei schmalen Verbindungen zwischen Server und Client oft noch zu lang. Aber der Ansatz, Arbeitsumgebungen als virtuelle Desktops aufzusetzen, verspricht auf jeden Fall mehr Erfolg als der Versuch, private Software auf Firmenrechnern zu verbieten.

Weitere Meinungsbeiträge und kurze Analysen zu aktuellen Themen finden sich im Blog des Autors unter http://www.wittes-welt.eu/blog .