Berater müssen Veränderungen lieben

05.04.2006
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.

Ronald Stöhr: Vom Berater zum Anwender

Sein erstes Aha-Erlebnis hatte Ronald Stöhr, als er seine Diplomarbeit in einem großen Unternehmen schrieb.

Ronald Stöhr, Adidas Salomon: 'In der Beratung ist es nicht leicht, einen Lebensmittelpunkt zu haben und eine Familie zu gründen.'
Ronald Stöhr, Adidas Salomon: 'In der Beratung ist es nicht leicht, einen Lebensmittelpunkt zu haben und eine Familie zu gründen.'

Dem Informatikstudenten fiel auf, wieviel der eigenen Energie für bürokratische Fragen verbraucht wird und in eingefahrenen Strukturen verpufft: "Als Teil einer Firma ist es sehr schwer, etwas zu bewegen. Mehr lässt sich erreichen, wenn man von außen kommt." Darum startete er 1999 seine Berufslaufbahn als Berater bei CSC Ploenzke und wechselte zwei Jahre später zu der auf E-Business spezialisierten Beratung Evosoft GmbH.

Dass er seit sechs Monaten als Senior EAI Business Analyst für Adidas Salomon AG in Herzogenaurach arbeitet, hat mit einem längeren Erkenntnisprozess zu tun: "Wer als Berater arbeitet, muss sich auf lange Arbeitszeiten, viele Reisen, viele Überraschungen und hohe Anforderungen des Kunden einstellen. In der Beratung ist es nicht leicht, einen Lebensmittelpunkt zu haben und eine Familie zu gründen", sagt Stöhr. Bei Adidas kann der 35-Jährige nun internationale Projekte mit dem Wohnen in Nürnberg verbinden. Für den SAP-Rollout in Japan erarbeitet er von Herzogenaurach aus zum Beispiel die Architektur- und Designvorgaben, um andere Systeme an die Standardsoftware anzubinden. In regelmässigen Telefonkonferenzen spricht er mit den Dienstleistern in Japan das Vorgehen Schritt für Schritt ab.

Die Erwartungen der Kunden - die IT des Sportartikelherstellers sieht sich als interner Dienstleister - sind jedoch unverändert hoch. Für die Adidas-Mitarbeiter ist Stöhr oft der erste Ansprechpartner, wenn es Probleme mit externen Beratern oder Serviceprovidern gibt. Hier kommt ihm zugute, dass er früher auf der anderen Seite arbeitete und darum weiß, wo es hakt.

Während er als Berater vor allem EAI-Lösungen entwickelte, ist er heute mehr damit beschäftigt, die Lösungen an die internen Kunden zu verkaufen. Stöhr pendelt zwischen IT- und Business-Welt ständig hin und her und profitiert von seiner Moderationserfahrung und der Fähigkeit, sich schnell auf unterschiedliche Menschen einstellen zu können. Wichtig bleibt sein technisches Know-how: "Ich ziehe es vor zu wissen, wovon ich rede. Bei der Implementierung zeigen sich erst die Ecken und Kanten einer Lösung, die auf der Folie noch so schön ausgeschaut hat."

Mitunter muss er schnell handeln, wenn etwa ein Datentransfer zwischen zwei Applikationen nicht funktioniert und als Folge Zehntausende von Labels falsch bedruckt würden. "Wenn in der Integrations-Produktivumgebung Probleme auftauchen, muss ich sie zuerst einordnen und dann entscheiden, wen ich einbinden und was ich anstoßen muss", beschreibt Stöhr eine seiner Aufgaben. Während er als Berater in stets neuen Projekten in anderen Unternehmen arbeitete, hat er heute die Möglichkeit, den ganzen Lebenszyklus eines Systems zu begleiten. In der Vergangenheit machte Stöhr die Erfahrung, dass externe Berater oft erst dann hinzugezogen werden, wenn sich die Projekte schon in einem fortgeschrittenen Stadium befinden und zu viele Weichen bereits gestellt sind - in dem Fall hatten auch die Berater nur noch einen begrenzten Einfluss.