Berater machen wieder Boden gut

07.09.2007
Personalexperte Oliver Viel vom Trendence-Institut* erläutert im Gespräch mit CW-Redakteur Hans Königes, was sich Informatikstudenten von einem Arbeitgeber wünschen und was ein gutes Unternehmen auszeichnet.

CW: Geben Sie uns einen Eindruck: Wie ist die Stimmung unter den Informatikabsolventen?

VIEL: Die Studierenden und Absolventen sind 2007 wieder optimistischer in Bezug auf ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Nur wenige Befragte gehen davon aus, dass es schwierig sein wird, eine Arbeitsstelle zu bekommen. Mehr als 60 Prozent der Studierenden machen sich um ihre berufliche Zukunft keine Sorgen. Eine sichere Anstellung ist für die Absolventen ein wichtiger Faktor der Arbeitgeberwahl. Mehr als die Hälfte der Befragten empfinden die Sicherheit der Anstellung als sehr wichtig oder als wichtig.

CW: Welches sind die Unterschiede zu früheren Auswertungen?

VIEL: Die Studierenden sind sich bewusst, dass eine lebenslange Unternehmenszugehörigkeit nicht mehr die Regel ist und Erwerbsbiografien heute durch mehrere Arbeitgeberwechsel und verschiedene Tätigkeitsbereiche geprägt sind. Sie erwarten, im Laufe ihres Berufslebens bei durchschnittlich sechs Arbeitgebern tätig zu werden und nach vier Jahren ihren ersten Arbeitgeber zu verlassen. Im Mittelwert rechnen die Absolventen mit einer etwas geringeren Dauer der Arbeitsplatzsuche als noch im vergangenen Jahr. Durchschnittlich gehen sie davon aus, 23,5 Bewerbungen verschicken zu müssen.

CW: Wer sind von den Arbeitgebern die positiven Überraschungen, wer die Enttäuschungen?

VIEL: Google mit seinem Direkteinstieg an die Spitze des Rankings ist sicher eine Überraschung, ebenso Intel. Da diese Unternehmen aber sehr bekannte Publikumsmarken sind, war dieser Erfolg nicht allzu schwer zu erreichen. Aus unserer Sicht bedeutender sind Unternehmen, die aufgrund gezielter Personal-Marketing-Aktivitäten ihre Rangplätze verbessern konnten. In unserer Auswertung der "Kurzzeitgewinner" zeigt sich, dass hierzu insbesondere auch Unternehmensberatungen zählen. Wenn man von Enttäuschungen sprechen möchte, sind sicher Unternehmen wie die Deutsche Post und Vodafone zu nennen. Obwohl sie auf einem positiven Image aufbauen und eine entsprechende Employer Brand kreieren könnten, haben sie diese Chance offensichtlich nicht wahrgenommen.

CW: Was hat sich an den Wünschen der Studenten verändert? Was ist ihnen heute wichtiger als früher, was weniger wichtig?

VIEL: Nach langjähriger fallender Gehaltserwartung wollen die befragten Absolventen erstmals wieder deutlich mehr Gehalt. Mehr als die Hälfte der Studierenden bezeichnen das Einstiegsgehalt als wichtigen oder sehr wichtigen Faktor der Arbeitgeberwahl. Das Thema des Fachkräftemangels in Medien und Öffentlichkeit hat zu dieser Einstellung beigetragen. 2006 bezeichneten weitaus weniger Studierende das Gehalt als sehr wichtiges Kriterium bei der Wahl ihres Arbeitgebers.

CW: Lassen sich die veränderten Wünsche der Studenten nur am Gehalt festmachen?

VIEL: Natürlich nicht. Für 46 Prozent der Befragten sind Weiterbildungsmöglichkeiten ein sehr wichtiger Faktor der Arbeitgeberwahl, für 43 Prozent die Work-Life-Balance, und 30 Prozent finden vor allem die praktische Weiterbildung sehr wichtig. Herausfordernde Arbeitsaufgaben sind den Studierenden wichtiger als eine strikte Trennung von Privat- und Berufsleben. Außerdem wollen Studierende dort arbeiten, wo sie die besten Chancen haben. Dafür nehmen sie es auch in Kauf, einen Arbeitsplatz außerhalb der Heimatregion anzunehmen. 2007 sind die Studierenden allerdings im Durchschnitt weniger bereit, ihr Privatleben zugunsten einer Karriere zurückzustellen.

CW: Was zeichnet die Sieger besonders aus?

VIEL: Attraktive Arbeitsaufgaben und Produkte sowie Dienstleistungen und Markterfolg, aber auch Innovationskraft sind wichtige Gründe für die Attraktivität von Arbeitgebern. Offensichtlich gelingt es den Erstplatzierten des Rankings, diese Attribute den Studierenden und potenziellen Mitarbeitern zu vermitteln. Im Falle von Google wirkt sicher die Innovationskraft des Unternehmens anziehend auf die Befragten, bei SAP ist es der Markterfolg, und IBM punktet durch die Attraktivität der Arbeitsaufgaben. u

*Trendence fragt Studenten der Fachrichtungen Informatik, Jura, BWL und Ingenieurwesen, bei welchem Arbeitgeber sie am liebsten arbeiten möchten