Arbeitsförderungsgesetz der Nürnberger Vermittlungsbehörde verstößt gegen EG-Recht:

Berater fechten Monopolstellung der BA an

04.11.1988

BONN (ih) - In den Clinch geht der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) mit der Bundesanstalt für Arbeit (BA) in Nürnberg. Zumindest im Hinblick auf die Vermittlung von Führungskräften wollen die Berater die Monopolstellung der BA nicht länger hinnehmen. Sie fordern bei der Personalsuche den freien Wettbewerb.

Für das Monopol der Bundesanstalt für Arbeit gibt es bei der Vermittlung von Führungskräften keine tragfähige Rechtsgrundlage. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten der Rechtswissenschaftler Volker Emmerich, Universität Bayreuth sowie Udo Steiner, Universität Regensburg. Die Gutachter stellen fest, daß die Paragraphen 4 und 13 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), in denen das Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit geregelt ist, in ihrer Ausgestaltung nicht mehr mit dem Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes (Freiheit der Berufswahl und Berufsausübung) in Einklang zu bringen sind. Rechtliche und volkswirtschaftliche Gründe sprächen dafür, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1967 revidieren zu lassen und außerdem eine Novellierung des AFG anzustreben.

Die Notwendigkeit einer AFG-Novelle ergibt sich für die Gutachter vor allem aus der faktischen Wettbewerbssituation zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und den privaten Personalberatern. Der Europäische Gerichtshof habe bereits 1979 entschieden, daß Arbeitsvermittlung generell Teil des Erwerbslebens ist und damit dem EWG-Vertrag unterliege. Da der EWG-Vertrag seit 1970 unmittelbar anwendbares Recht ist, können seitdem Personalberater die im Vertrag niedergelegte Dienstleistungsfreiheit unbeschränkt in Anspruch nehmen und ihre Dienste über die Grenzen der Mitgliedsstaaten hinweg erbringen. Wenn aber ein französischer oder niederländischer Personalberater nach EG-Recht auch in der Bundesrepublik Deutschland ohne jede Beschränkung für ein Unternehmen tätig werden dürfe, so könne dieselbe Tätigkeit einem deutschen Personalberater nicht aufgrund des AFG verwehrt werden.

"Wir wollen die Bundesanstalt als Wettbewerber auf dem Stellenmarkt für Führungskräfte keineswegs ausgeschaltet wissen", erläutert Personalberaterin Renate Nicolai, "doch in Zukunft sollte sich ihre Monopolstellung nur auf die Vermittlung Arbeitssuchender konzentrieren." Bei der Rekrutierung allerdings, also bei der Personalsuche im Auftrag von Unternehmen, müsse es den freien Wettbewerb geben, so wie das EG-Recht ihn längst verlange. Eine solche Abgrenzung entspräche auch der Wirklichkeit und dem sozialen Schutzbedürfnis. Die Bundesanstalt für Arbeit bezeichne sich selbst als Wettbewerber der Personalberater und gebe zu, lediglich einen Anteil von rund 15 Prozent am Stellenmarkt für Führungskräfte zu besitzen. Die Nürnberger Arbeitsvermittler prüfen derzeit das Gutachten des BDU. BA-Sprecher Hermann Henke: "Wir können uns nicht vorstellen, daß die nationale Rechtslage dem EG-Recht angepaßt wird."