Neuer Halbleiterlaser ermöglicht Geschwindigkeit von einem Gigabit pro Sekunde:

Bell: Weltrekord bei der Glasfaserentwicklung

03.06.1983

NEW YORK (cw) - Die Bell Laboratories haben einen neuen Halbleiterlaser entwickelt, der die Grundlage für ein Lichtwellenleiter-Kommunikationssystem bildet. Mit seiner ersten kommerziellen Anwendung wird allerdings nicht vor 1984 gerechnet.

Das Cleaved Coupled-Cavity-(CCC-)System filtert einen Laserstrahl durch zwei benachbarte, genau aufeinander ausgerichtete Halbleiterblöcke. Der CCC-Halbleiter ist laut Bell von so hoher Reinheit, daß der Strahl nach der Filterung mehr als eine Milliarde Bit pro Sekunde fehlerfrei auf einer Glasfaser übertragen kann. Außerdem ermöglicht er das Multiplexen von Lichtsignalen.

Die Vorteile erläutert Arno Penzias, bei den Bell Labs Vicepresident für Forschung, kürzlich vor der Presse in New York. Der CCC-Laser erlaubt:

- elektronische Abstimmung und kann daher bei verschiedenen Frequenzen in Lichtwellenleiter-Kommunikationssystemen betrieben werden oder aber verschiedene Frequenzen auf derselben Glasfaser übertragen.

- Einfrequenz-Lichtimpulse von höchster Frequenzreinheit zu erzeugen, wodurch die Länge der Übertragungsstrecke ohne aufwendige Regeneratoren gesteigert wird.

- Ein- und Ausschalten; auf diese Weise werden eine Milliarde Lichtimpulse pro Sekunde erzeugt.

Da das CCC-System hierbei noch als Einfrequenzlaser arbeitet, rücken Kommunikationssysteme mit weit höherer Kapazität in den Bereich des Machbaren.

Bei einem im Februar durchgeführten Versuch stellte der Laser einen neuen Weltrekord bei der Langstreckenübertragung auf: Der emittierte Laserstrahl (Wellenlänge 1,55 Mikrometer) übertrug mit einer Geschwindigkeit von 420 Megabit pro Sekunde Informationen über eine Distanz von 120 Kilometer ohne die sonst nötigen Regeneratoren. Die Fehlerhäufigkeit betrug Bell zufolge nur ein Bit bei einer Milliarde Bits.

Won-Tien Tsang, der Entwickler des CCC-Lasers, verdeutlichte an einem Beispiel die neuen Möglichkeiten. Bei einer Geschwindigkeit von 420 Megabit pro Sekunde könnte der gesamte Text einer 30bändigen Enzyklopädie in einer Sekunde übertragen werden. Die Übertragungsgüte sei in diesem Fall so hoch, daß der Text bis auf einen Buchstaben, der vielleicht fälschlicherweise als Großbuchstabe übertragen würde, fehlerfrei empfangen werde.

Die niedrige Fehlerhäufigkeit und die Frequenzreinheit des Signals sei dem zweifachen Halbleiter-Filtersystem zu verdanken. Damit würden alle unerwünschten Frequenzen, die sonst die Lasersignale "verschmieren", unterdrückt. Tsang meinte, er wolle die herkömmlichen Laser nicht in Mißkredit bringen, doch bewältige ein extrem frequenzreiner Laserstrahl eben eine viel größere Informationsmenge.

Als praktisches Beispiel einer Anwendung der CCC-Technologie hob Bell-Vicepresident Penzias die Möglichkeit hervor, mehrere tausend "Picturephon-Mecting-Servicekanäle auf einem einzigen Glasfaserpaar zu übertragen. Er bezeichnete die CCC-Entwicklung als Schritt in Richtung auf den optischen Transistor, räumte aber ein, die Bell Labs seien nicht sicher, ob die Technologie jemals auf den Markt kommen werde. Wenn ja, so könnte dies noch Jahre dauern.