Beim großen PTT-Projekt Kommunikations-Modellgemeinden:

Beitritt zum - Telecom-Trägerverein ist teuer

28.08.1987

BERN (CWS) - Das große PTT-Projekt "Kommunikations-Modellgemeinden der Schweiz" kommt ins Schlingern. "So nicht", meinten Vertreter von Dachorganisationen nach einem Vorbereitungstreffen bei den PTT in Ostermundingen. Projekt-Koordinator Viktor Colombo steht bereits auf der Abschußliste.

Zufrieden bis euphorisch sind im Moment, so scheint es, nur die PTT selber - und die schweizerische Fernmeldeindustrie. Wer sich kürzlich im Technischen Zentrum der PTT in Ostermundingen versammelte, waren die handverlesenen Vertreter von Dachorganisationen, die die PTT auserwählt hatte, um den Trägerverein für das Kommunikations-Modellgemeinden-Projekt zu bilden. Eine Ehre, die nicht gratis zu haben ist. Denn in der Einladung ist zu lesen: "Nach der Gründung des Vereins entscheiden die Mitglieder über die Aktivitäten und die dafür erforderlichen finanziellen Aufwendungen. Als Ausgangslage kann von einem dafür erforderlichen Aufwand von zwei bis drei Millionen Franken ausgegangen werden, so daß sich für Mitglieder aus Kreisen der Wirtschaft jährliche Beiträge (Projektlaufzeit: vier Jahre) im Rahmen von etwa 75000 Franken ergeben dürften." Die Beiträge für Mitglieder aus Kreisen der Gesellschaft sollen sich in einem angemessenen Rahmen halten.

Discount-Beitrag für Mitglieder aus der Forschung

So war es denn auch: Für kleine Dachorganisationen wurden jährlich 10000 Franken angesagt, und die Habenichtse aus dem Nonprofit-Bereich sowie aus Lehre und Forschung kommen mit 500 Franken davon. Die PTT selber bringen in den Trägerverein jährlich 100000 Franken ein und stellen "die für das Projektmanagement und das Sekretariat erforderlichen Büroräume mit Inventar" zur Verfügung. Außerdem übernehmen die PTT die Kosten für "den Vorsteher des Projektmanagements und einen Sekretär".

Aufgabe des Trägervereins soll es sein, die fünf bis sechs Modellgemeinden für den Feldversuch auszuwählen - eine Wahl, die es in sich hat. Denn inzwischen haben bereits 30 Gemeinden Projektvorschläge eingereicht, und alle hoffen am Projekt mitwirken zu können. Die PTT geben damit den Schwarzen Peter in dieser Auseinandersetzung, die erboste Gemeindevertreter zurücklassen wird, schlau weiter.

Kein Konsens über die Besetzung des Vorstands

Mit der Einlage der Trägervereins-Mitglieder sollen einerseits zwei Ingenieure und andererseits Projekte finanzschwacher Mitwirkender (jährlich 500000 Franken) finanziert werden.

Unwillensäußerungen rief auf der PTT-Veranstaltung bereits die Zusammensetzung des Vorstandes hervor. Das neunköpfige Gremium sieht so aus: ein Vertreter einer Gemeinde (noch nicht bestimmt), Matthias Kummer vom Schweizerischen Handels- und Industrieverein (nicht anwesend), Fred Sutter von der Hasler-Ascom-Gruppe (auch nicht anwesend), Jean Gimmi von der Pro Telecom, W. Hautlé vom Schweizerischen Bürofachverband, Willy Zahnd vom Schweizerischen Konsumentenbund, Manto-Projektleiter Martin Rotach als Vertreter von Lehre und Forschung, CVP-Nationalrat Dumeni Columberg als Vertreter von Politik und Region und Rudolf Trachsel, PTT-Generaldirektor.

Mit Rotach und Columberg sind zwei Vertreter im Vorstand, die aus Gemeinden kommen, die sich bewerben: Erlenbach und Disentis. Die Schweizerische Vereinigung von Fernmeldebenutzern (Asut) wird der Pro Telecom zugerechnet, obschon sie dort offenbar noch gar nicht als Mitglied aufgenommen worden ist. Für das Präsidium scheint Columberg vorgesehen zu sein.

Die Stimmung, eine ungünstige zumal, wurde am Rande des Treffens gemacht. So wurde unter anderem das Informationsbulletin "Echo", dessen Juli-Nummer alle von 30 Gemeinden eingereichten 435 Projekte umfaßt, schwer kritisiert: "Es steht praktisch keine Inovationsidee in diesem Bulletin", hieß es etwa, "80 Prozent dieser Vorschläge sind bereits Tatsache oder schlicht nicht machbar."

Schlechte Noten setzte es auch für das Projekt begleitende Beraterfirma Prognos. Ihre Mitarbeit an diesem Projekt soll die PTT 600000 Franken kosten.