Anwender wollen die DV-Umgebung im Griff haben

Beim System-Management lernen Unix-Anbieter von Mainframern

26.03.1993

Die Erfahrung, dass zentrale Rechenzentren nicht immer in ausreichendem Masse fuer die Beduerfnisse der Endbenutzer sorgen, hat Unix-Rechner zunehmend interessant gemacht fuer die kommerzielle Datenverarbeitung.

Schneller und wirkungsvoller als von der zentralen DV-Abteilung lassen sich mit dezentralen Rechnern die geforderten Informationen am Arbeitsplatz des Endanwenders bereitstellen. Lange Wartezeiten entfallen, und es stehen mehr Verarbeitungsoptionen zur Verfuegung, als sie an einem Grossrechner- Terminal angeboten werden koennen.

Die wichtigste Eigenschaft von Unix ist vielleicht darin zu sehen, dass es auf einer offenen Architektur beruht, die dem Anwender erlaubt, die Hardware frei zu waehlen. Die Bindung an einen bestimmten Anbieter und die damit verbundene Abhaengigkeit entfaellt. Unix-User koennen bei der Hardware-Anschaffung nach Preis, Qualitaet und Herstellerservice entscheiden, ohne sich um die Lauffaehigkeit ihrer Anwendungen Gedanken machen zu muessen.

Ein Wechsel zu Unix stellt fuer viele Anwender eine langfristige DV-Strategie dar. Bevor jedoch ein solcher Schritt getan werden kann, ist fuer DV-Manager in den Unternehmen zunaechst einmal wichtig, dass die umfangreichen Investitionen in die bestehenden Systeme - in Anwendungen, Verarbeitungsverfahren und Training - bei einer teilweisen oder sogar vollstaendigen Migration zu Unix gesichert sind.

Auch wenn sich der Migrationsprozess mit vertretbarem Aufwand durchfuehren laesst, stellt sich die Frage, ob in einer Unix- Multiuser-Umgebung oder einem Unix-Netz ein ebenso effizientes System-Management moeglich ist wie in der Mainframe-Umgebung. Der Mangel an adaequaten Management-Loesungen ist sicherlich ein wesentlicher Grund dafuer, dass viele Migrationsvorhaben zurueckgestellt worden sind. Ohne eine solche Loesung laesst sich das gewuenschte Niveau von Leistung, Ressourcennnutzung, Betriebssicherheit und Datenschutz nicht erreichen.

Im technisch-wissenschaftlichen Bereich, der klassischen Domaene von Unix-Rechnern, wurden diese im wesentlichen als Stand-alone- Systeme eingesetzt. Sie waren zwar in der Regel vernetzt, aber nur zum Austausch von Daten ohne einen zentralen Server.

Im kommerziellen Sektor geht es jedoch darum, mit Unix-Rechnern aller Leistungsklassen Multiuser-Umgebungen von zum Teil erheblichem Umfang aufzubauen.

Ein einzelnes Unix-System mag fuer sich allein zwar eine geringere Leistungskapazitaet als ein Mainframe umfassen, die gesamten Ressourcen in einem Netz koennen einem Mainframe an Leistungskraft jedoch gleichkommen oder ihn sogar uebertreffen.

Die Notwendigkeit zu einem wirkungsvollen System-Management ergibt sich auch daraus, dass die Verlagerung zentraler Applikationen auf dezentrale Systeme eine entsprechende Kontrolle erfordert, da es um die Verarbeitung wertvoller Informationen geht, die fuer die Unternehmensaktivitaeten von zentraler Bedeutung sind.

Gefragt ist daher ein integriertes Paket fuer das System- Management, das Band- und Plattenverwaltung ebenso umfasst wie Konsol-Management, Scheduling, Drucksteuerung, Reportverteilung, Problemverfolgung, Accounting und Datensicherheit. Sofern die fuer Unix bereitgestellten Funktionen voll kompatibel sind mit RZ- Management-Software fuer Mainframe-Betriebssysteme, wird zusaetzlich eine unternehmensweit einheitliche Systemverwaltung verschiedener Rechnerplattformen moeglich.

Zur automatischen Speicherverwaltung sind Einrichtungen fuer Backup und Archivierung unerlaesslich. Durch Methoden der Datenkomprimierung laesst sich zudem die Performance bei der Datensicherung wesentlich verbessern. Um sich vor unbeabsichtigtem Ueberschreiben kritischer Daten auf Baendern zu schuetzen, ist es notwendig, eine entsprechende Bandverwaltung einzusetzen. Tools fuer eine automatisierte Plattenverwaltung bieten sich bei Unix allein schon deswegen an, weil es beim Ueberlauf einer Platte zu einem Systemstillstand kommen wuerde. Das laesst sich durch eine automatisierte Plattenverwaltung verhindern.

Im Bereich der automatischen Produktionssteuerung (Scheduling) ist durch Einsatz von Werkzeugen fuer Workload-Balancing eine optimale Arbeitslast-Verteilung zu erzielen. Dabei erfolgt fuer jeden Job eine Ressourcenanalyse, die gewaehrleistet, dass die jeweils aktuelle Ressourcenanforderung eines Jobs in der Planung beruecksichtigt wird.

Durch Simulationsmodelle ist es darueber hinaus moeglich, die Aenderung von Verarbeitungszeiten zu analysieren. Sie zeigen auf, unter welchen Bedingungen weniger oder mehr Verarbeitungskapazitaeten zur Verfuegung stehen. Weiterhin hat ein Scheduling-System dafuer zu sorgen, dass terminkritische Arbeiten auf jeden Fall fristgerecht erledigt werden.

Ausserdem wird durch eine umfassende System-Management-Loesung die Verwaltung der Reports optimiert, was beispielsweise kuerzere Druckzeiten zur Folge hat. Eine Spool-Drucksteuerung vereinfacht die Verteilung und Prioritaetenvergabe beim Drucken ueber Spooler. Komponenten zum Konsol-Management erweitern die Konsol- Schnittstellen von Unix und automatisieren den Konsol-Betrieb. Wie Erfahrungen aus dem Mainframe-Bereich zeigen, wird durch Reduktion der manuellen Eingriffe im Operating eine haeufige Fehlerquelle beseitigt.

Die Kontrolle der Ressourcennutzung

Die RZ-Administration sollte auch durch Problemverfolgungs- Systeme unterstuetzt werden. Arbeitsablaeufe muessen dann nicht manuell in Gang gesetzt werden, sondern koennen - je nach Benutzerdefinition - bei Abweichungen vom Normalbetrieb die Probleme selbsttaetig verfolgen. Fuer das Performance-Management werden neben Messmethoden fuer die Ressourcennutzung auch Systeme zur Kostenverrechnung benoetigt, um die Nutzung der DV-Ressourcen den verschiedenen Benutzern exakt zuordnen zu koennen.

Nach wie vor erregt Unix bei Anwendern aus dem proprietaeren Lager Bedenken, was die Sicherheit betrifft. Um sie zu zerstreuen, sollte ein Management-System mit Sicherheitsfunktionen ausgestattet sein, wie die Benutzer sie beispielsweise von Mainframe-Umgebungen her kennen. So laesst sich ein hohes Mass an Sicherheit und Datenschutz dadurch erzielen, dass die Ueberpruefung der Zugangsberechtigung nur an einer zentralen Stelle erfolgt. Selbst Benutzer mit Superuser-Autorisierung koennen diese Einrichtungen nicht umgehen.

*Werner Mueller ist technischer Leiter fuer Unix-Systeme bei Computer Associates (CA).