Computer Associates bricht im ersten Quartal 1990 ein

Beim Software-Nimmersatt CA geht derzeit einiges daneben

03.08.1990

MÜNCHEN (see/gfh) - Wie angekündigt, mußte der Softwareriese Computer Associates International Inc. (CA) im ersten Quartal des Geschäftsjahres 1990 empfindliche Einbußen hinnehmen: Der Umsatz ging im Vorjahresvergleich um 16 Prozent auf 255 Millionen, das Nettoergebnis gar um zwei Drittel auf 3,6 Millionen Dollar, zurück.

Auch die nicht berichtspflichtige deutsche CA GmbH hat Probleme: Anwender kritisieren vor allein den Support. Mario Pelleschi, Geschäftsführer der deutschen Computer Associates GmbH, wollte im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE keine konkreten Angaben zum Geschäftsverlauf seiner Gesellschaft im gleichen Zeitraum machen. Er deutete lediglich an, daß das Quartal für die GmbH besser gewesen sei als für die Konzernmutter.

Für den Einbruch beim Gewinn macht er zumindest teilweise die Eingliederungskosten der neuen Tochterfirmen verantwortlich. Zuletzt hatte CA vor etwa einem Jahr den Brocken Cullinet geschluckt. Pelleschi räumte ein, daß die Expansion des Konzerns große administrative Belastungen mit sich gebracht habe, mit denen allerdings von Anfang an gerechnet worden sei.

Die Kaufwut des Softwareriesen schlägt sich jedoch nicht nur in Form erhöhter Management-Belastung nieder: CA-Anwender sind sich nicht mehr sicher, ob ihre Migrationen zu neuen Softwareprodukten unbedingt in Richtung CA gehen werden; andere haben sich bereits definitiv dagegen entschieden.

"CA bekommt weder seine Expansion noch die Integration des Personals und der Produkte der übernommenen Firmen in den Griff", stellt Gerhard Vogel, Leiter Produktionsplanung bei der Frankfurter Alfred Teves GmbH (ATE) fest. Der größte Fehler des Anbieters ist aus seiner Sicht der mehrfache Zukauf von Produkten für bereits abgedeckte Anwendungsbereiche. "Sie haben versäumt zu sagen, welches Produkt in den einzelnen Anwendungsbereichen das jeweils strategische Hauptprodukt ist."

Zumindest für den Sektor der Produktionsplanung sieht das anders aus: Jürgen Heuer hat bei der Münchner BMW AG die Software CA-Manager unter MVS in Gebrauch, die nach einer letztjährigen CA-Aussage nicht mehr als Mainline-Produkt unterstützt werden soll. Als Nachfolger ist CA-7 positioniert, wofür sich die CA-Manager-Benutzergruppe, der Heuer vorsteht, auch ausgesprochen hat. Bei der Allianz in Stuttgart werden derzeit die entsprechenden Migrations-Tools getestet.

Für die Anwender tun sich Alternativen auf

Vorbehaltlich der Testergebnisse hat Heuer gleichwohl Konkurrenzprodukte in petto: Möglich sei etwa ein Wechsel zu OPCIA von IBM, Control-M von ESC aus dem Vertrieb von Boole & Babbage oder zu HS5000 von Gedos. Auch der eigentlich zur DOS/VSE-Welt gehörige CA-Scheduler sei unter MVS implementierbar. Glaubt man Vogel, sieht es generell schlecht aus für das CA-Geschäft: "Um gekauft zu werden, müssen Produkte dieses Unternehmens schon wesentlich besser sein als die der Konkurrenz. Andere Hersteller gelten von der Unterstützung her und auf der produktstrategischen Seite als zuverlässiger."

Diesem Image will CA seit April mit einer neuen Struktur des technischen Bereiches begegnen: Gab es früher mit dem Central Support (Hotline, 50 Mitarbeiter) und dem Field Support (rund 170 Mitarbeiter) zwei Technik-Gruppen, berichten jetzt alle technischen Mitarbeiter an den Gesamtleiter Technik, Ralph Nitschke. Dieser wiederum untersteht dem Gesamtvertrieb unter Christian Delp. Nach Pelleschis Einschätzung war die alte Lösung unwirtschaftlich, daraus resultierte eine Reihe interner Probleme.

Volker Canis, im Februar ausgeschiedener Technical Manager, sieht das anders. Grundlage der Umstrukturierung sei der Zwang gewesen, den Umsatz zu "optimieren". Canis: "Ich halte die Entscheidung, Service und Vertrieb zu mischen, für falsch. Das führt, besonders am Quartals- oder Jahresende, wenn es um Provisionen geht, zu Gewissenskonflikten. Wenn Service-Mitarbeiter den Umsatz steigern sollen, dann ausschließlich über die Qualität ihrer Arbeit."

Außerdem, so Canis, seien die technischen Mitarbeiter in den Außenstellen mit der neuen Aufgabenverteilung doppelt belastet. Für die Kunden wiederum bedeute das, daß ihre Ansprechpartner - rund 80 Support-Mitarbeiter sind laut Canis für 200 Produkte mit etwa 10 000 Installationen zuständig - nur schwer zu erreichen seien. Kontert Pelleschi: Eine Überlastung gebe es mit Sicherheit nicht, jedoch seien natürlich "nicht alle Produkte gleich stabil, wodurch es je nach Situation zu unterschiedlichen Belastungen der Mitarbeiter kommen kann".

Nach Ansicht von BMWs Heuer war der CA-Support bis Anfang 1988 zwar eindeutig "verbesserungsbedürftig", unter Volker Canis als Technical Manager seien allerdings die richtigen Schritte gemacht worden. Nach dessen Ausscheiden gelte es jetzt abzuwarten. Gerhard Vogel dagegen wollte die erforderliche Geduld nicht mehr auf bringen: Zwar stellte auch er fest, daß der Support vorübergehend besser geworden sei, hat sich inzwischen jedoch schon gegen CA entschieden. Im Anwendungsbereich RZ-Management etwa, bisher mit CA-Apex versehen, wird sein Unternehmen die empfohlene Migration zu CA-7 nicht mitmachen. Vogel: "Wo es geht, versuchen wir, den Hersteller zu wechseln."

Der weltweite Umsatzrückgang verteilt sich laut Deborah Coughlin, Sprecherin von CA International in New York, über die gesamte Produktpalette; er sei auf eine Vielzahl von Gründen zurückzuführen, von denen kein einzelner ohne weiteres quantifiziert werden könne. Einzig eine Ursache wollte sie nennen: Die Vermarktung der integrationsstrategie "CA 90's", während des Quartals eingeführt, habe die Aktivitäten der VBs in hohem Maße gebunden. Coughlin zufolge hofft CA, daß sich diese Bemühungen längerfristig auszahlen werden: "Die Sales-Leute kommen auf diesem Wege an Kunden heran, die sie sonst nie erreicht hätten."

CA-Boß Wung verteidigt Akquisitionsstrategie

CA 90's versteht sich als Integrationsstrategie oder -philosophie; sie ist nicht an einzelnen oder einer bestimmten Reihe von Produkten festzumachen. Demzufolge legt sich das Unternehmen auch nicht auf einen Zeitrahmen für die Komplettierung der zugehörigen Anwendungen fest. "Zentrale Produkte wie Sicherheitspakete für Mainframes, Minis und PCs", so Coughlin, stünden allerdings zur Verfügung.

In der zweiten Juliwoche hatten die CA-Kurse als Reaktion auf die Ankündigung des Ergebnisrückganges über zwei Drittel ihres Wertes verloren. CA-Präsident Anthony Wang äußerte zu dem Zeitpunkt einerseits Enttäuschung über die Quartalszahlen, zeigte sich andererseits jedoch optimistisch für den Rest des Geschäftsjahres. Er verteidigte die Strategie seines Unternehmens, durch Akquisitionen ein schnelles Wachstum zu erreichen.

Andererseits, kündigte Wang an, werde CA Ausgabenkürzungen anstreben, um auch bei einem eventuellen Umsatzrückgang im Gesamtjahr kontinuierliches Gewinnwachstum zu gewährleisten. Der Einbruch beim Quartalsprofit ist Coughlin zufolge gleichwohl nicht auf der Ausgabenseite begründet; vielmehr sei er allein auf das verminderte Umsatzvolumen zurückzuführen. "Wir haben die Kosten gut unter Kontrolle. Einsparungen werden nicht durch Entlassungen angestrebt. "Vielmehr wolle man bei den "discretionary spendings" (Sonderausgaben) besonders vorsichtig sein, darüber hinaus Neueinstellungen restriktiver handhaben als zu Beginn des Geschäftsjahres geplant.

Zum Anteil des deutschen beziehungsweise europäischen Geschäftes machte die CA-Sprecherin keine Angaben; sie stellte lediglich fest, der Auslandsanteil am weltweiten Umsatz betrage 40 Prozent.