Kostenloses Tool fordert kommerzielle Produkte heraus

Beim Netz-Management sparen mit Open-Source-Lösung

12.04.2002
SAN MATEO (IDG) - Das Verwalten von Unternehmensnetzen ist eine komplexe und kostspielige Angelegenheit. Eine interessante Alternative in Zeiten knapper Kassen könnte das kostenlose Tool "Open NMS" sein, das die CW-Schwesterpublikation "Infoworld" getestet hat.

Open NMS (Network Management System) ist eine quelloffene Software, die vom Open NMS Project entwickelt wurde. Diese Initiative, die auf eine Gruppe erfahrener Netzadministratoren zurückgeht, hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Open NMS soll nicht nur eine Alternative zu der kostspieligen kommerziellen Lösung von Playern wie Computer Associates, Tivoli oder Hewlett-Pa-ckard bieten, sondern sich langfristig als vorherrschende Netz-Management-Plattform etablieren. 1999 startete die Entwicklung der Software, inzwischen liegt Version 0.9.6. vor. Der Erscheinungstermin für das Release 1.0 ist noch für April geplant, bis Jahresende soll Version 2.0 vorliegen.

Services bringen das GeldGemäß dem Open-Source-Modell ist die Software selbst kostenlos, wie bei den meisten derartigen Lösungen soll über Beratungsleistungen Geld verdient werden. Die Company bietet daher entsprechende Services an, die von eintägigen Schulungen bis zu komplexeren Projektlösungen reichen. Weiterer Vorteil des Open-Source-Modells: Da der Code frei einsehbar ist, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass Fehler schneller entdeckt und behoben werden können.

Open NMS läuft unter Linux, wobei Red Hat 7.1 und 7.2 sowie Mandrake 7 und 8 die empfohlenen Distributionen sind. Es ist jedoch zu erwarten, dass künftige Releases sämtliche Linux-Varianten unterstützen. Open NMS wurde so angepasst, dass es unter Mac OS X läuft, eine Portierung auf NT-, Windows-2000- beziehungsweise .NET-Server befindet sich noch in der Vorbereitung. Für die Bedienung ist keine spezielle Client-Software erforderlich, alle Zugriffe erfolgen via Browser. Die Bedienoberfläche selbst ist in Java geschrieben, daher stellt Portabilität kein Problem dar.

Nach der Installation erfolgt die Konfiguration des Systems, die über Einträge in eine XML-Datei geschieht. Danach startet ein Discovery-Prozess, bei dem ICMP-Pings (Internet Control Message Protocol) an im Netz vorhandene Geräte geschickt werden. Die Erkennung erfolgt schnell und zuverlässig. Entsprechend der Voreinstellung wiederholt sich dieser Vorgang automatisch alle 24 Stunden, um auch in der Zwischenzeit neu hinzugefügte Geräte zu erfassen. Administratoren können dieses Intervall verkürzen oder verlängern.

Im Prinzip lassen sich alle Geräte, denen eine IP-Adresse zugeordnet werden kann, mit Open NMS überwachen, spezielle Agentensoftware ist dafür nicht notwendig. Wichtig ist allerdings, dass die Komponenten das Simple Network Management Protocol (SNMP) unterstützen. Damit lassen sich beispielsweise Werte wie CPU-Auslastung oder der verfügbare Speicher, aber auch die über einen bestimmten Port übertragene Datenmenge oder bei einer Verbindung auftretende Fehler anzeigen. Administratoren können verschiedene Klassen von Geräten oder Services definieren, deren Status je nach ihrer Wichtigkeit für das Funktionieren der Geschäftsprozesse häufiger oder eher selten abgefragt wird.

Poller entdecken die FehlerFehler entdeckt Open NMS, indem es die im Netz verfügbaren Dienste über so genannte Poller abfragt. Standardmäßig verfügt das System über mehr als 20 verschiedene Poller für Services wie beispielsweise E-Mail- (POP 3, Imap oder SMTP), Datenbank- (Oracle, Sybase, Informix, SQL Server, My SQL und Postgres) oder Netzdienste (ICMP, SNMP, DNS, DHCP, FTP, SSH und LDAP). Zusätzlich können Anwender eigene Poller erstellen.

Fällt einer der Dienste aus oder überschreiten die von den Netzkomponenten ermittelten Werte bestimmte Grenzen, löst Open NMS wie andere Netz-Management-Systeme auch einen Alarm aus. Via E-Mail oder Pager können Administratoren zudem benachrichtigt werden, wenn bestimmte, vom Administrator festgelegte Ereignisse eintreten.

Mehr als nur StandardreportsBei allen Netz-Management-Systemen ist es vor allem im Hinblick auf die Kapazitätsplanung wichtig, Entwicklungen innerhalb der Infrastruktur dokumentieren zu können. Open NMS bietet zur Auswertung der angesammelten Daten die Möglichkeit, auf Standardreports zurückzugreifen, die etwa die Leistung des Netzes oder die Verfügbarkeit einzelner Komponenten oder Services belegen. Darüber hinaus können Administratoren aber auch eigene Berichte definieren. Performance-Charts lassen sich zudem automatisch von dem Programm erzeugen und als PDF-Datei via E-Mail direkt an bestimmte Personen verschicken.

Nach Angaben der Entwickler von Open NMS stellt die Skalierbarkeit für die Lösung kein Problem dar. Sollte eine einzelne Installation nicht in der Lage sein, alle im Netz vorhandenen Komponenten zu überwachen, können weitere Instanzen der Software hinzugefügt werden. Dank Open Source fallen dafür ja keine zusätzlichen Kosten an. Leider besteht momentan jedoch noch nicht die Möglichkeit, die in den einzelnen Komponenten auflaufenden Informationen in einer zentralen Konsole zusammenzuführen. Diese Funktion soll jedoch mit dem Erscheinen der Version 2.0 fester Bestandteil des Programms sein.

Topologiekarte fehlt nochDieses Release wird auch ein anderes, momentan noch vorhandenes Manko beseitigen: Anders als in gängigen kommerziellen Netz-Management-Systemen fehlt bei Open NMS derzeit nämlich noch die Fähigkeit, eine grafische Repräsentation des Netzes (Topologiekarte) und der darin installierten Komponenten zu erzeugen.

Nach Angaben des Open NMS Project stehen die ergänzenden Services auch in Europa zur Verfügung. Dazu gehören spezielle Anpassungen, um besondere Anforderungen eines Unternehmens abzudecken. Außerdem leistet der Hersteller Support und hilft bei der Installation und Integration in bestehende Systeme. Allerdings muss hierbei beachtet werden, dass die Consultants von Open NMS in den USA stationiert sind und die Reisekosten jeweils zu Lasten der Kunden gehen.

Seminare statt BeraterEine Alternative hierzu könnten Seminare sein, die Open NMS anbietet. Hierbei wird den Kunden das nötige Grundwissen vermittelt, mit dem sie die Software installieren, konfigurieren, betreiben und bei etwaigen Fehlern reagieren können. Bei ausreichender Anzahl von Interessenten finden diese Kurse auch in Europa statt.

Nach Angaben von Tarus Balog, Chief Technical Officer Open NMS, kommen besonders aus Deutschland viele Anfragen zu der Software, wenn es auch hierzulande noch keinen "offiziellen", das heißt dem Unternehmen bekannten Kunden gibt. (ave)