Beim Gehalt sind Nullrunden angesagt

09.10.2001
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Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Die meisten Spezialisten müssen auf üppige Zuwächse verzichten und Nullrunden schieben. Gut weggekommen sind in der aktuellen Studie der COMPUTERWOCHE, YOUNG PROFESSIONAL und Professor Christian Scholz die Spezialisten mit einer Top-Ausbildung, die über Know-how verfügen, das aktuell am Markt gefragt ist.

So schnell kann es gehen. Noch vor einigen Monaten stand beim Vorstellungsgespräch vor allem die Höhe des Gehalts im Vordergrund. Der Bedarf an Mitarbeitern war groß, und aus Angst, einen Bewerber an die Konkurrenz zu verlieren, waren Unternehmen bereit, zum Teil sehr hohe Gehälter zu zahlen. Unternehmen und Bewerber schaukelten sich bei den Gehaltsverhandlungen gegenseitig hoch.

Quelle: Computerwoche
Quelle: Computerwoche

Einkommensschere öffnet sich weiter

Die ersten Konsequenzen sind schon jetzt zu beobachten. Namhafte Unternehmen wie Lucent und Cisco haben Tausende Mitarbeiter entlassen. Auf den ersten Blick wirkt es deshalb überraschend, dass die Firmen weiterhin auf der Suche nach Mitarbeitern sind. Die Konzerne nutzen die Gunst der Stunde, um sich von den - aus ihrer Sicht - weniger Qualifizierten zu trennen und hoffen, sie durch bessere und billigere IT-Spezialisten ersetzen zu können.

Die aktuelle Gehaltsstudie zeigt denn auch, dass die Einkommen kaum gestiegen sind. Andererseits öffnet sich die Einkommensschere zwischen den Quereinsteigern und den sehr gut Ausgebildeten immer weiter. Bestes Beispiel dafür sind die Einkünfte der IT-Spezialisten mit einem MBA-Abschluss. In diesem Jahr erreichen sie die Schallmauer von 102 258 Euro(voriges Jahr 81 807 Euro), die Promovierten steigern sich von 72 092 auf 81 807 Euro Jahressalär.

Nicht gestiegen sind dagegen die Gehälter der Computerfachleute mit einem Universitäts- und Berufsakademie-Abschluss, die sich bei 61 355 bis 66 468 Euro pro Jahr eingependelt haben. Dieses Niveau haben auch die Fachkräfte mit einem Fachhochschulabschluss erreicht, die noch voriges Jahr unter der 61 355-Euro-Grenze lagen.

Alles eine Frage der Selbsteinschätzung

Um gleich ein Missverständnis, das in den vergangenen Jahren zu Fehlinterpretationen und vielen Anfragen geführt hat, auszuräumen: Wenn nicht ausdrücklich auf etwas anderes hingewiesen wird, handelt es sich bei diesen Zahlen um Durchschnittswerte aller Teilnehmer der Umfrage. Wenn also zum Beispiel von 102 258-Euro-Einkommen die Rede ist, sind damit keine Einstiegsgehälter, sondern der Durchschnitt aller Teilnehmer mit einem MBA-Abschluss gemeint. Ein für die Gehaltsfindung nicht unwesentlicher Faktor ist die Selbsteinschätzung der Befragten. Zum zweiten Mal fragten wir, ob sich die Teilnehmer als „Top“ - oder „Well-Performer“ einstufen. Die Korrelation zwischen Selbsteinschätzung und Verdienst trat klar zutage. Wer sich gut verkauft, bekommt mehr.

Damit können sich alle diejenigen bestätigt fühlen, die die Personaler immer schon im Verdacht hatten, nicht nach so objektiven Kriterien einzustellen, wie sie immer vorgeben, und dass sie sich von einem souveränen Auftreten schon mal blenden lassen. Der Beweis ist das Ergebnis: Selbsternannte Top-Performer erreichen ein Jahresgehalt von 71 325 Euro, Otto Normalbewerber gibt sich mit 61 611 Euro zufrieden. Ebenfalls in diese Kategorie passt ein zweites Ergebnis: Frauen verdienen weniger als Männer und zwar zwischen zehn und 15 Prozent. Scholz relativiert dieses Ergebnis: Die teilnehmenden Frauen hätten weniger Berufsjahre und Führungsverantwortung vorzuweisen und oft auch den niedrigeren Bildungsabschluss.

Mehr Boni und Prämien

Eine weitere auffällige Entwicklung bestätigt einen Trend des Vorjahres: Die Zusatzleistungen sind überdurchschnittlich gewachsen. Es sieht so aus, als ob die Arbeitgeber versuchten, den Anstieg der Grundgehälter zu bremsen und den Mitarbeitern lieber Projektprämien, Boni, Handys oder gar Dienstwagen zukommen zu lassen. Bei Informatikern beträgt der leistungsbezogene Anteil 10 993 Euro im Jahr (Vorjahr 8436 Euro), bei Betriebswirten sogar 12 782 Euro (Vorjahr 11 760 Euro), während er bei den Wirtschaftsinformatikern rund 6902 Euro(Vorjahr 5624 Euro) ausmacht.

Besonders gefreut hat den Personalexperten Scholz, dass sich ein Ergebnis des Vorjahres bestätigen ließ, für das er Kritik ernten musste: Informatiker verdienen besser als Wirtschaftsinformatiker. Erstere bringen 66 979 Euro im Jahr nach Hause, Letzere 57 776 Euro. Eine Erklärung dafür dürfte sein, dass Wirtschaftsinformatik ein jüngeres Fach ist als Informatik, so dass noch nicht so viele Absolventen Karriere gemacht haben wie mit einem Informatikdiplom.

Am meisten dürfen sich die Betriebswirte freuen, die auf ein Salär von 68 769 Euro kommen. Mögliche Erklärung: Die studierten Kaufleute sind bei vielen Beratungsgesellschaften gern gesehene Bewerber. Dort wird nach einer Bewährungszeit ganz gut gezahlt und, im Übrigen konnten sich die Betriebswirte schon (fast) immer besser verkaufen als die Techniker.

Führungsverantwortung zahlt sich aus

Zum zweiten Mal hat die Studie auch die Gehälter der obersten Führungsebene ermittelt. Im Durchschnitt erreicht ein Vorstand beziehungsweise ein Geschäftsführer 123 221 Euro per annum, was einem leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die unteren 25 Prozent der Teilnehmer verdienen 96 634 Euro im Jahr, das obere Viertel darf sich über 153 388 Euro freuen. Auf der zweiten Ebene müssen sich die Häuptlinge mit 75 671 Euro begnügen und eine Ebene darunter mit 68 002 Euro. Führungsverantwortung wirkt sich besonders stark auf das Einkommen aus, „wenn nicht sogar am stärksten“ wie der Saarbrücker Professor meint.

Nach der aktuellen Berechnung kommt ein Manager mit bis zu sechs Jahren Führungserfahrung auf 68 002 Euro, mit bis zu 15 Jahren darf er gar mit durchschnittlich 98 168 Euro rechnen. Die Teilnehmer wurden außerdem gebeten, sich als Junior, Senior oder Leiter einzustufen. Auch hier hat es gegenüber dem Vorjahr kaum Veränderungen gegeben: Ein Junior verdient in diesem Jahr 47 039 Euro, der Senior erreicht 63 912 Euro (2000: 63 400 Euro, 1999: 59 310 Euro und ein Leiter muss sich sogar mit deutlich weniger als im Vorjahr begnügen und kommt auf 78 228 Euro Jahresgehalt (2000: 82 829 Euro, 1999: 68 513 Euro).

Die Branche und der Ort, an dem die Computerfachleute ihre Tätigkeit ausüben, beeinflussen unterschiedlich stark das Salär. Keine Überraschung dürfte sein, dass die höchsten Gehälter in Software- und Beratungshäusern gezahlt werden. Die Studie weist hier einen Durchschnittswert von 71 581 Euro (Vorjahr: 70 558 Euro) aus. Mit guten Gehältern können die IT-Profis in der Elektroindustrie rechnen (66 470 Euro). Mit etwa 61 355 Euro im Jahr haben sich die Einkommen bei den Finanzdienstleistern und den TK-Anbietern gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Das Schlusslicht bildet der öffentliche Dienst mit 41 415 Euro. Auch der Handel mit 57 265 Euro zeigt sich eher knausrig im Vergleich zu den anderen Branchen.

Berater und SAP-Spezialisten gehören zu Spitzenverdienern

Wie auch im vergangenen Jahr gelten München und Frankfurt am Main als die Hochburgen der Programmierer. Die Einkommen in diesen Städten betragen im Durchschnitt rund 66 468 Euro. Von den Großstädten liegt Nürnberg aus Arbeitgebersicht mit 52 663 Euro noch am günstigsten. Insgesamt aber spielt die Größe einer Stadt keine besondere Rolle. Unter den Berufsgruppen schneiden die Berater und die SAP-Spezialisten am besten ab, und sie sind auch diejenigen, die gegenüber dem Vorjahr eine nennenswerte Gehaltssteigerung erzielten.

Consultants erreichen im Durchschnitt 74 904 Euro (Vorjahr 71 070 Euro) und SAP-Profis 71 070 Euro (Vorjahr 62 378 Euro). Die reinen Spezialisten wie Datenbank- und Netzwerkexperten treten auf hohem Niveau bestenfalls auf der Stelle, sie verdienen 66 468 Euro (Vorjahr 68 002 Euro), bei Entwicklern ist der Rückgang sogar noch etwas kräftiger von 59 310 Euro auf 56 753 Euro ausgefallen.

Sortiert nach Einsatzbereichen, verdienen IT-Spezialisten - wie könnte es anders sein - im Vertrieb mit 81 259 Euro am besten, wobei auch hier die Gehälter nicht gestiegen sind. Dagegen dürfen sich die IT-Fachleute in der Logistik über ein schönes Plus freuen. In die-sem Jahr nehmen sie 78 483 Euro nach Hase, im Vorjahr waren es erst 64 934 Euro. Die Erklärung könnte sein, dass in vielen Unternehmen das Thema Supply-Chain-Management auf der Tagesordnung ganz oben steht, und das ist die Domäne der Logistiker. Die IT-Marketiers liegen bei 64 678 Euro (Vorjahr: 64 423 Euro).

Schlusslicht bilden die Call-Center-Mitarbeiter mit 39 881 Euro und das Personal im Benutzerservice: Hier müssen sich die Beschäftigten inklusive ihrer Chefs mit durchschnittlich rund 50 618 Euro im Jahr bescheiden. Scholz hat auch eruiert, wie viel ein IT-Spezialist mit einem gewissen Schwerpunkt-Know-how verdient.

Dabei wird zunächst nicht berücksichtigt, welche weiteren Kenntnisse der Profi mitbringt. Es fällt auf, dass die gegenwärtig populären Themen auch am besten honoriert werden. Der UMTS-und der ATM-Spezialist beispielsweise kommen auf 74 649 Euro, und der ERP-Profi dürfte mit 71 581 Euro ebenfalls nicht gerade am Hungertuch nagen. Im Wert gefallen sind dagegen dieses Jahr die Betriebssystem-Experten. Voriges Jahr noch mit 68 002 Euro taxiert, müssen sie sich im Durchschnitt mit 61 355 Euro zufrieden geben.