Versicherungen registrieren Milliardenschäden an elektronischem Equipment

Bei Systemausfällen hilft manchmal nur die Glasfaser

30.03.1990

Nicht nur Überspannungen, sondern auch oszillierende Transienten, HF-Störungen, elektrisches Rauschen, Elektrostatik und allerlei Netzstörungen machen elektronischen Systemen zunehmend das Leben schwer. Diesen Themen und den dazugehörigen Schutzmaßnahmen widmet sich der abschließende Teil dieser Artikelserie.

Durch die in den vorausgegangenen Artikeln bereits beschriebenen Überspannungsschutzgeräte werden natürlich nicht alle Störungen erfaßt. Solche Störungen, deren Auswirkungen dadurch zwar gemildert, nicht jedoch aufgehoben werden können, sind oszillierende Transienten, die durch Leuchtstoffröhren, Schaltnetzteile, nicht-entstörte Thyristorsteller, Stromrichter etc. entstehen. Sie haben in der Regel große Anstiegssteilheiten und daher ein breites Frequenzspektrum Die Störungen können sowohl symmetrisch als auch asymmetrisch auftreten.

Neben der Entstörung der Störquelle schaffen hier spezielle Netzentstör-Filter, eventuell gepaart mit Überspannungsableitern, Abhilfe. Filter- und Überspannungsschutzmaßnahmen müssen jedoch aufeinander abgestimmt sein, sonst kann es passieren, daß die transienten Überspannungen am Filterausgang durch Transformationsvorgänge größer sind als eingangsseitig. Die Filter müssen in der Lage sein, sowohl symmetrische als auch asymmetrische Störkomponenten im auftretenden Störspektrum hinreichend zu unterdrücken.

Hilfe bieten beim Vorliegen derartiger Probleme, insbesondere, wenn es sich um Gleichtaktstörungen ("elektrisches Rauschen") handelt, auch Störschutz-Transformatoren bei denen die Koppelkapazität zwischen Primär- und Sekundärwicklung durch eine spezielle Schirmwicklung weit herabgesetzt ist. In extremen Fällen ist eine Kombination aus diesen beiden Maßnahmen, bekannt als Störschutzkombination, anzuraten.

Beeinflussungen durch Hochfrequenz können beim Betrieb eines elektronischen Gerätes in der Nähe von Rundfunksendern, Radarstationen, industriellen oder medizinischen HF-Generatoren, Betriebsfunkeinrichtungen etc. entstehen. Sie treten fast immer als asymmetrische Störungen auf und können durch geeignete Abschirmungen und Einsatz von Filtern auf Netz- und Datenleitungen beseitigt werden.

Bei allen Schutzmaßnahmen ist darauf zu achten, daß ankommende und abgehende Leitungen geschirmt und streng voneinander getrennt verlegt werden, sonst wird die Wirkung stark reduziert.

Bei Datenleitungen in stark störverseuchter Umgebung zum Beispiel in Produktionsbereichen und bei gebäudeübergreifender Verkabelung, ist der Übergang von der "klassischen" Kupfer-Verkabelungstechnik zur Glasfaser-Übertragungstechnik oft der einzige Weg, um eine gut funktionierende Datenübertragung sicherzustellen. Neben der nahezu absoluten "EMV-Sicherheit" erhält man häufig nebenher noch die Vorteile der höheren Datenübertragungsraten und längeren maximalen Übertragungsstrecken.

Von der Industrie werden mittlerweile kleine "Glasfasermodems" angeboten, die auf Standardschnittstellen aufgesteckt werden können und den direkten Übergang von Kupferauf Glasfasertechnik ermöglichen. Bei einer größeren Anzahl von Leitungen und großen Übertragungsstrecken kann beim Einsatz von Glasfaser-Multiplexern sogar ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil erzielt werden.

Probleme mit der Elektrostatik

Probleme bereiten, insbesondere in den Jahreszeiten mit geringer Luftfeuchtigkeit, elektrostatische Entladungen. Das Reiben von Stoffen-besonders von synthetischen-auf der menschlichen Haut führt zu einer Ladungstrennung, die mit einer Spannung von mehreren tausend Volt zwischen Körper- und Erdpotential verbunden ist. Bei dem Berühren eines Gerätes kommt es zu einer Entladung. Dabei fließt ein kurzer Stromstoß mit sehr hoher Anstiegssteilheit, der das Ausbilden von Potentialdifferenzen zur Folge hat.

Hier ist in erster Linie der Hersteller gefordert, seine Geräte "ESD-sicher" zu machen. Dies erfordert ein überlegtes Erdungskonzept im Geräteinneren und die Verwendung von Masseleitungen ausreichenden Querschnittes (10).

Aber auch auf der Anwenderseite kann einiges getan werden, um elektrostatische Störeffekte zu reduzieren. Das Aufstellen von Luftbefeuchtern sorgt durch Herabsetzung der Isolationswiderstände für ein schnelleres Abfließen der Ladung. Die betroffenen Räume sollten mit einem Antistatik-Fußboden ausgelegt werden, auch Antistatik-Matten an den einzelnen Arbeitsplätzen - der Potentialausgleich darf nicht vergessen werden - sind hilfreich. Spezielles Schuhwerk mit herabgesetztem Isolationswert, das mittlerweile angeboten wird, kommt nicht immer dem Modebedürfnis der Mitarbeiter entgegen, kann aber unter Umständen nicht zu umgehen sein.

Von VDI/VDE (10) wird gefordert, daß Geräte Netzspannungsschwankungen von +10 Prozent bis- 15 Prozent ohne Betriebsstörungen verkraften. Amerikanische Hersteller garantieren vielfach nur 10 Prozent. Obwohl die statische Stabilität unseres Versorgungsnetzes recht gut ist, kann es hauptsächlich in Industriegebieten zu stärkeren Spannungsschwankungen kommen, insbesondere in den Stoßzeiten.

Hier können magnetische Spannungskonstanter sehr wirkungsvoll eingesetzt werden. Typische Werte für ihre Regeleigenschaften sind zwei Prozent Ausgangsspannungsschwankung bei 20 Prozent Eingangstoleranz. Sinnvollerweise sollte man Konstanter einsetzen, die mit einem Trenntransformator anstelle einer Drossel ausgerüstet sind. Dieser sollte als Störschutztransformator ausgeführt sein. In einem solchen Fall erreicht man zusätzlich noch eine sehr hohe Störsignalunterdrückung

Spannungsausfälle: Unverhofft kommt oft

Wenn auch die Regeleigenschaften und die Störsignalunterdrückung von entsprechenden Spannungskonstantern recht gute Werte erreichen, bei einem Spannungsausfall sind auch sie machtlos. Daß derartige Ereignisse gar nicht so selten vorkommen, zeigt eine Studie des FTZ der Deutschen Bundespost in Darmstadt (12). Danach ist in der Bundesrepublik Deutschland auf der Niederspannungsebene im Schnitt mit folgender Anzahl von Netzunterbrechungen, gestuft nach Unterbrechungsszeiten, zu rechnen:

Diese Zahlen sprechen für sich. Das derzeit beste Hilfsmittel, um den Auswirkungen solcher Unterbrechungen zu begegnen, sind sogenannte Unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USV), die im wesentlichen nach zwei unterschiedlichen Prinzipien arbeiten.

Anlagen im Mitlaufbetrieb, auch Off-Line-Systeme genannt, versorgen das zu schützende Gerät beziehungsweise die Anlage im Normalfall aus dem speisenden Netz. Tritt eine Netzanomalie (Spannungsausfall, Spannungsabweichung, Frequenzabweichung) auf, wird automatisch auf den Ausgang eines mitlaufenden Wechselrichters umgeschaltet. Nach Abklingen der Störung erfolgt eine ebenfalls automatische Rückschaltung auf das normale Netz. Die Umschaltzeiten moderner Geräte liegen im Bereich 1 - 20 ms.

Bei USV-Anlagen im Dauerbetrieb (On-Line-Systeme) erfolgt die Versorgung der zu schützenden Objekte ständig aus einem Wechselrichter. Dieser wird im Normalfall aus der gleichgerichteten Netzspannung versorgt, die gleichzeitig einen Akkusatz in Schwebeladung hält. Bei einem Netzausfall übernimmt ohne jede Unterbrechung der Akkusatz die Speisung des Wechselrichters.

On-Line-Geräte und -Anlagen haben dadurch, daß sie ständig in das Netz eingeschleift sind, neben der tatsächlich unterbrechungsfreien Stromversorgung, die bei Off-Line Systemen ja nur bedingt gegeben ist, einige weitere entscheidende Vorteile: Die Spannung am Ausgang wird ständig konstant gehalten. Störungen, gleich welcher Art - außer sehr energiereichen, zum Beispiel durch Blitzeinwirkung - ,werden nicht an den Ausgangweitergereicht. Sie verhaltensich also wie die Kombination aus Notstromversorgung, Spannungskonstanter, Störschutztrafo und Netzfilter.

Im Zweifelsfall ist zu "Sinus" zu raten

Sehr einfache USV-Geräte arbeiten übrigens mit Rechteck-Ausgangsspannung. Es ist jedoch zu bedenken, daß die Komponenten in den Netzteilen elektronischer Geräte und Anlagen in aller Regel für den Betrieb an einer sinusförmigen Versorgungsspannung ausgelegt sind. Insbesondere Gleichrichter und Kondensatoren können wegen der erhöhten Impulsströme mittel- oder längerfristig Schaden nehmen, wenn sie nicht dafür ausgelegt sind. Im Zweifelsfall ist immer zu einem Typ mit sinusförmiger Ausgangsspannung (Klirrfaktor unter vier Prozent) zu raten.

Bei der Dimensionierung einer USV sind einige Punkte besonders zu beachten: Sie muß in der Lage sein, die auftretende Scheinleistung (Wirkleistung/ cos phi) aufzubringen, hat mit den Anlaufströmen der unterschiedlichen Geräte fertig zu werden und auch CREST-Faktoren (Verhältnis Spitzenstrom/ Effektivwert bei nicht-linearen Verbrauchern) von 3 bis 6, wie sie bei Geräten der Datentechnik vorkommen, sicher zu beherrschen. Sinnvollerweise greift man bei der Planung einer USV auf eine auf diesem Gebiet erfahrene Fachfirma zurück.

USVen sind in der Regel nicht dafür gedacht, den Betrieb einer elektronischen Anlage über mehrere Stunden aufrecht zu erhalten. Sie werden regelmäßig so ausgelegt, daß bei einem Stromausfall, von dem ja nicht bekannt ist, wie lange er dauern wird, alle Arbeiten ordnungsgemäß beendet werden können und das geschützte Objekt in aller Ruhe "heruntergefahren" und ausgeschaltet werden kann. Auf diese Weise sind Hardwareschäden und Datenverlust nahezu ausgeschlossen. Dafür sind, je nach Umfang der einzuleitenden Maßnahmen zirka fünf bis 20 Minuten ausreichend.

Besonders wichtig sind solche Sicherungssysteme bei EDV-Anlagen mit virtuellen Betriebssystemen (UNIX, VMS etc. ), die sehr große Datenmengen im Arbeitsspeicher halten und relativ selten auf die Platte wegschreiben. Ein "Absturz" kann da verheerende Folgen für den Datenbestand haben, abgesehen von den möglichen Hardwareauswirkungen.

Soll aber in besonderen Fällen doch eine Absicherung gegen länger anhaltende Stromausfälle geschaffen werden, bietet sich der kombinierte Einsatz von (On-Line-) USV und einem Generator an. Die USV übernimmt, bis der Generator seine Nennwerte erreicht hat, die Versorgung aus den Akkus und stellt dann die Qualität der Versorgungsspannung sicher.