Der Massenspeicher-Markt

Bei Speichern sticht HP

24.09.2004
Von 
Kriemhilde Klippstätter ist freie Autorin und Coach (SE) in München.
Die großen Rechnerhersteller in Deutschland verkauften laut IDC 2002 auch am meisten Storage - mit Ausnahme des Speicherspezialisten EMC.

Viele PC-Server werden - trotz mittlerweile etablierter Techniken wie Network Attached Storage (NAS) und Speichernetze (SAN) - immer noch mit eingebauten Festplatten und Raid-Konfigurationen vermarktet. Allerdings steigt der Anteil der externen Speicher stark an und erzielt Quartal für Quartal hohe Wachstumsraten.

Die Marktforscher der IDC arbeiten derzeit an der Aufbereitung der deutschen Speichermarktzahlen für das Jahr 2003 und wollen diese in Kürze vorlegen. Bewertet man die einzelnen Quartalsergebnisse des abgelaufenen Jahres, dann dürften die Top Fünf im deutschen Festplattengeschäft auch 2003 Hewlett-Packard, IBM, Fujitsu-Siemens, EMC und Sun heißen. Durch die Übernahme von Compaq hat sich 2003 die Position von HP in puncto verkaufte Speichereinheiten (interne und externe Geräte) nochmals verbessert, so dass Insider einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent erwarten. Von der insgesamt in Deutschland abgesetzten Festplattenkapazität von rund 50 000 TB dürften die Böblinger im vergangenen Jahr etwa 30 Prozent verkauft haben. Das deutet darauf hin, dass eher kleinere Speicherlösungen an den Mann gebracht wurden.

Mit 26,3 Prozent stellt sich laut IDC HPs weltweiter Marktanteil im Jahr 2003 etwas geringer dar als im Jahr zuvor, wo man einen Zehntelpunkt mehr vom Speicherkuchen ergattern konnte. Dennoch hat Hewlett-Packard im Speichergeschäft wiederum die Nase vorn. IBM lag 2003 weltweit an zweiter Position vor EMC, Dell und Sun Microsystems. Während sich HPs herausragende Stellung bei internen und externen Festplattensystemen hauptsächlich aus der Ausstattung von Windows-Rechnern mit Speichern erklärt, liegt Sun hierzulande traditionell im Geschäft mit Speichern für Unix-Server vorn. Das dürfte auch für 2003 gelten. Weltweit rangiert im Unix-Speichergeschäft nach Umsatzvolumen allerdings Speicherspezialist EMC deutlich vor HP, Sun, IBM und Hitachi Data Systems (HDS). Bei Network Attached Storage (NAS) liefern sich EMC und Network

Appliance Jahr für Jahr ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Nummer eins in der Welt. Beide zusammen erzielen über 70 Prozent des weltweiten Umsatzes mit NAS-Speichern.

Ausschau nach billigeren Lösungen

Es bleibt abzuwarten, ob EMC mit den "Symmetrix"-Speichern, IBM mit "Shark" oder HDS mit den "Lightning"-Systemen in Zukunft weiterhin das große Geschäft machen werden, denn der Trend geht weg von den Großsystemen. "Viele Kunden verstehen die ausgefeilten Funktionen der Großsysteme nicht", erklärt Josh Krisher, Research Director bei Gartner. Zwar sind die Highend-Geräte am besten geeignet für die Aufgaben beim Disaster Recovery, aber die Anwender seien nicht mehr bereit, dafür so viel Geld auszugeben.

Die Industrie hat darauf bereits reagiert und billigere Lösungen entwickelt: Statt kostspieliger Fibre-Channel-Festplatten kommen in den Speichern billigere Serial-ATA-Laufwerke zum Einsatz. Speichernetze auf Basis von iSCSI werden derzeit dem Mittelstand schmackhaft gemacht und den Großunternehmen zur Anbindung von Außenstellen angedient. Krisher beurteilt iSCSI aus Leistungsgründen allerdings als weniger geeignet für SANs als für Blade-Architekturen.

Unter dem Begriff "Information-Lifecycle-Management" (ILM) propagieren die Hersteller seit knapp zwei Jahren zudem unter anderem eine mehrstufige Speicherarchitektur: Nur die aktuell geschäftskritischen Daten sollen auf den teuren Highend-Systemen mit sehr hoher Verfügbarkeit abgelegt werden. Verlieren die Informationen über die Zeit an Wert, reichen auch billigere Lösungen, bis schließlich das Bandarchiv als Datengrab wartet. Informationen, die von vornherein nicht geschäftskritisch sind, sollen sofort auf Nearline-Speichern gesichert werden. Insbesondere die Flut an E-Mails stellt die IT-Manager vor Probleme: Einerseits werden identische Dateien in einem Unternehmen oft mehrfach gesichert und blähen das Datenvolumen unnötig auf, andererseits können sie kaufmännisch relevante Informationen enthalten und müssen

gemäß den diversen gesetzlichen Regelungen aufbewahrt werden. Gefragt sind also Lösungen, die diesen Spagat bewältigen. Hardwareseitig bieten Hersteller wie EMC mit "Centera" und andere jetzt Speichersysteme an, deren gespeicherte Inhalte nicht mehr veränderbar sind, also den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. E-Mail-Verwaltungsprogramme von KVS, EMC/Legato, AXS-One und anderen lagern die Mail-Inhalte aus und speichern sie platzsparend nur einmal auf einem Archiv-Server ab.

Management und Sicherheit

Speicherverwaltungsprogrammen gehört - auch im Sinne von ILM - die Zukunft. Nach einer von HDS in Auftrag gegebenen Studie für den Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika (Emea) genießt die Speicherverwaltung derzeit mit Abstand die höchste Priorität bei IT-Leitern und -Vorständen. Anbieter von solchen Programmen erzielen gute Umsätze: Laut IDC wächst der weltweite Markt für Speichersoftware um rund 25 Prozent jährlich. Alle großen Anbieter operieren Quartal für Quartal mit zweistelligen Wachstumsraten. Gefragt sind neben den klassischen Werkzeugen für Datenreplikation und Backup/Archivierung die Tools für die möglichst automatisierte Verwaltung und bessere Ausnutzung der Ressourcen.

Wichtig für Administrationen: Die Idee vom einbruchssicheren Datensilo gehört seit der Einführung von Speichernetzen der Vergangenheit an. All das, was für die Sicherheit von Servern gilt, muss auch für die Speicher gelten.

* Die Autorin Kriemhilde Klippstätter ist Redakteurin bei der Computerwoche. [kklippstätter@computerwoche.de]