Der DV-Vertrieb trägt die härtesten Bandagen aller Branchen:

Bei Kundenpflege liegen IBM und Nixdorf vorn

09.01.1987

DÜSSELDORF (lo) - Selbstverständnis, Fach- und Führungsqualitäten sowie ein rundes Salär machen die Unternehmensberatung Heidrick and Struggles International Inc., Düsseldorf, als Profil des Leiters "Vertrieb/Verkauf" aus. Sein Erfolgsrezept lautet Kundenbetreuung. Diese Charakteristik, so die Consulter, treffe auch auf die Außendienstler der DV-Branche zu.

Die Aufgabenstellung des "Leiters Vertrieb/Verkauf", eruierte die Beratungsgesellschaft aus dem Segment "Direct Search", ist umfassend: Ihm obliege die Koordination aller Tätigkeiten, die Kundenkontakte, Auftragserlangung und -abwicklung betreffen. Bei den knapp 200 befragten Unternehmen - davon ein Drittel DV-Hersteller und 90 Prozent DV-Anwender - zeichnet er für die Organisation des Verkaufsbereichs, die Planung von Verkaufszielen sowie für die Steuerung und Kontrolle des gesamten Außen- und Innendienstes verantwortlich.

Sowohl überdurchschnittlich gut als auch ebenso angriffslustig wird die Vertriebspolitik der DV-Branche - neben jener aus der Automobilindustrie - beurteilt. Am häufigsten erwähnen Insider "IBM" und "Nixdorf", denen mit Abstand die besten, aber auch aggressivsten Außendienstmannschaften bescheinigt wurden. Markante Persönlichkeiten aus der Sicht der Vertriebsleiter, so die Düsseldorfer Studie, sind Heinz Dürr - "durch die Sanierung der AEG schuf er die Basis für die Übernahme durch Daimler-Benz" - und Heinz Nixdorf - "innerhalb kurzer Zeit konnte er dem Marktführer die Zähne zeigen".

Das Know-how des erfolgreichen Vertriebsleiters ist breit gefächert, ermittelten die Personalexperten zusammen mit dem Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaft, Marktforschung und Marketing der Universität zu Köln. Universitäts- und Fachhochschulabschlüsse zeigen jedoch eine eindeutige Dominanz der wirtschaftswissenschaftlichen Fächer. Eine akademische Ausbildung halten derzeit Stelleninhaber - sie kommen zu über 50 Prozent aus dem Investitionsgütersektor - zu zwei Dritteln für hilfreich, ein Viertel für "nicht unbedingt notwendig". Einig ist man sich, daß es den "geborenen Verkäufer" nicht gibt. Was die Ausbildung nicht vermitteln kann, aber sehr hoch gewertet wird: "Learning by doing".

Der Vertriebsentscheider sollte vor allem neben Fachwissen über Preis- und Absatzwegepolitik sowie Verkaufspsychologie, Planungsmethoden, Logistik oder Produktgestaltung gerade jene Eigenschaften und Kenntnisse besitzen, die Führungsqualitäten betreffen: Verhandlungsgeschick, Durchsetzungsvermögen und Denken in Zusammenhängen.

Sich permanent weiterbilden ist für nahezu alle Befragten von hoher Bedeutung - und pro Mitarbeiter und Jahr mindestens 5000 Mark wert. Damit rüsten Vertriebsmanager auch für den Einsatz neuer Medien, deren Wert sie für einen verbesserten Informationsfluß und aktivierte Wissens- und Kreativitätspotentiale erkennen. Telefax, Teletex und Bildschirmtext, ebenso digitale Telefonsysteme, mobile Datenterminals, Videokonferenzsysteme und Bildtelefon haben Priorität.

Drei von vier Leitern "Vertrieb/ Verkauf" schätzen den Wert ihrer Marktkenntnisse und Außenkontakte richtig ein: Sie sehen ihren Arbeitsplatz als sicher an.

Auch die Fluktuation mit drei Prozent jährlich hält sich bei diesen hochmotivierten Mitarbeitern in Grenzen, stimmt doch das Arbeitsklima, zumal sich auch das Image des Metiers vom Klinkenputzen zur Kundenbetreuung wandelt: fast 100prozentige Zufriedenheit also. Dazu trägt freilich die Höhe des Salärs nicht unmaßgeblich bei. Das durchschnittliche Bruttoeinkommen des Vertriebsleiters einschließlich Gratifikationen und Erfolgsbeteiligung lag vergangenes Jahr bei 190 000 Mark. In der dritten Leistungsebene werden maximal

180 000 bis 210 000 Mark gezahlt, in der zweiten Ebene maximal zwischen 300 000 und 350 000 Mark, und in der ersten Ebene sind Gesamtvergütungen von über 500 000 Mark möglich. Hinzu kommen geldwerte Leistungen wie die betriebliche Altersversorgung.

Das variable Bruttoeinkommen wird in erster Linie nach dem erwirtschafteten Unternehmenserfolg bemessen. Nur etwa sechs Prozent der Befragten nannten persönliche Leistung als alleinigen Maßstab für den variablen Gehaltsanteil.

Die Nachwuchssorgen um Verkäufer im Außendienst sind erheblich: Nahezu drei Viertel der Vertriebsmanager sehen bei der Rekrutierung besonders qualifizierter Mitarbeiter Probleme. Doch da bietet sich eine - zumindest langfristige - Lösung an: Neun von zehn Managern würden nämlich ihren Kindern empfehlen, in ihre Fußstapfen zu treten.