Bei Kauf gibt´s Payback-Punkte

24.04.2001
Von Robert Harnischmacher
Das gute alte Rabattmarkenheft ist tot, aber die Idee der Bonuspunkte erlebt im E-Business eine Renaissance: Für mittlerweile 27 Payback-Partner hat Loyalty Partner ein Punktesammel-System aufgebaut.

Das technisch Machbare fordert das menschlich Mögliche heraus. Das hat Timo Salzsieder in den vergangenen zwölf Monaten oft erfahren. Der IT-Abteilungsleiter der Münchener Loyalty Partner ist für die Integrationsplattform verantwortlich, auf der am 13. März 2000 "Payback" startete, das inzwischen größte firmen- und branchenübergreifende Kundenbonusprogramm in Deutschland. Elf Monate nach dem Stapellauf sind 27 Partnerunternehmen eingebunden und Salzsieder weiß: "Die stabile Business-to-Business-Integration heterogener Backend-Systeme ist heute im Takt weniger Tage geräuschlos machbar. Aber die Realisierung funktioniert anders, als es in den Lehrbüchern steht."

Das Konzept der Payback-Karte ist simpel: Handelshäuser und Dienstleister mit komplementären Produkten bieten ihren Kunden eine firmenübergreifende elektronische Rabattkarte. Der Konsument kann, da er für fast jeden Kaufwunsch einen Anbieter mit Rabattkartenakzeptanz findet, viel mehr Punkte sammeln, als ihm dies bei einer firmenspezifischen Karte möglich wäre. Dies erhöht wiederum den Anreiz, gezielt bei Anbietern einzukaufen, die dem Kartenkonsortium angehören. Wer auf seinem Payback-Konto mindestens 1500 Punkte angehäuft hat, kann sich den Gegenwert entweder auszahlen lassen oder zum Einkauf im Payback-Online-Shop nutzen (jeder Punkt entspricht dabei einem Euro-Cent, also ungefähr zwei Pfennig).

Damit die Idee von Loyalty Partner funktioniert, müssen die gesammelten Rabatte jedes Kunden auf einem zentralen Konto zusammenfließen. Das wiederum setzt voraus, dass jedes Partnerunternehmen aus seinem internen IT-System heraus die zugehörigen Verkaufsdaten möglichst schnell und vollautomatisch an das Rechenzentrum von Loyalty Partner, die zentrale "Drehscheibe" des Payback-Systems, weiterleitet.

Was in bisher üblichen Anwendungen nicht selten zeit- und nervenraubende Großprojekte entstehen lässt, musste Salzsieder in beinahe wöchentlich wiederkehrender Routine konzipieren: neue Daten- und Anwendungsschnittstellen einzurichten - und das auf allen gängigen Plattformen (Host-Betriebssysteme, Unix, Windows NT etc.), über diverse Transportwege (Internet, ISDN etc.) und bei unterschiedlichsten Datenmengen und Sicherheitsanforderungen der beteiligten Unternehmen. "Für uns war es sehr wichtig, ein System zu entwickeln, das unterschiedlichste Standards unterstützt. Es muss sich schnell an die Gegebenheiten bei unseren Partnern anpassen lassen und trotzdem konsequent durch alle Qualitätsprozesse zu begleiten sein", erinnert sich der IT-Fachmann.

Business-to-Business-Systemintegration ist ein noch weithin unberührtes Lösungsfeld. Das stellte Salzsieder fest, als er nach geeigneter Software für das Einsammeln der Payback-Punkte Ausschau hielt: "Die großen Hersteller haben fast alle bei Inhouse-Integration angefangen. Erst seitdem virtuelle Marktplätze für Nachfrage sorgen, bewegen sie sich Richtung B-to-B", diagnostiziert er. Deswegen kamen klassische EAI-Anbieter für ihn nicht in Frage. Am Ende lizenzierte er Software samt der Zusage des Herstellers Webmethods, in zwei Monaten alles zum Laufen zu bringen.

In ökonomischer Hinsicht profitiert Payback von der großen Anzahl und der sich ergänzenden Marktabdeckung der Partner. In technischer Hinsicht lebt das Unternehmen von größtmöglicher Flexibilität. Das beginnt bereits bei der Payback-Karte, die von inzwischen 27 Partnerunternehmen an mehr als 7,5 Millionen Punktesammler ausgegeben worden ist: Für Partnerfilialen mit Lesegeräten besitzt sie einen Magnetstreifen, bei Händlern mit Scannerkasse wird die Payback-Identifikationsnummer über den aufgedruckten Barcode dem Kauf zugeordnet; wo beides fehlt, etwa beim Online-Shopping, erfolgt die Erfassung durch Eingabe der aufgeprägten Kundennummer.

Wer sich mit Payback zu den schlauen Sparern zählt, will den Erfolg seines Punktesammelns "schwarz auf weiß" sehen - und das umgehend. Echtzeit ist deshalb ein Muss für die Payback-Macher. Je schneller die erfassten Bonuspunkte vom Ort des Einkaufs in die zentrale Oracle-Datenbank im Rechenzentrum von Loyalty Partner finden, desto loyaler zeigt sich der Kunde. Umgekehrt ruft er sofort beim Payback Call-Center an oder schreibt E-Mails, wenn er eifrig Rabatte angehäuft hat, den Lohn der Mühe aber nicht umgehend auf seinem Punktekonto besichtigen kann.

Der Transport und die Verarbeitung der Punkte muss deshalb für Salzsieder idealerweise realtime ablaufen. Dies zu bewerkstelligen, zählt zu den großen Stärken der "Transaction-Broker"-Architektur. Bei allen online angebundenen Partnern sorgt sie dafür, dass die Punkte in wenigen Sekunden vom Einkaufsort ins zentrale Payback-Konten-Management gelangen, einer eigenentwickelten Anwendung zur Verwaltung des Bonussystems. Diese gibt die Payback-Daten wiederum zu Abrechnungszwecken an "Oracle Financials" weiter.

Die B-to-B-Integrationsarchitektur mit Transaction Broker Server (TBS) und Client (TBC) - hinter diesen Payback-Begriffen verbergen sich "Webmethods B2B Server" und "Webmethods B2B for Partners" - schreibt den Partnern ein einheitliches Datenformat vor, in dem sie ihre Payback-Daten (Kundennummer, Kaufsumme und -zeitpunkt, Artikelcode) übergeben müssen. Zugleich lässt sie ihnen die Wahl zwischen vier Integrationsformen:

Der operative Web- oder Application-Server beim Partner kann den TBC direkt über eine Java- oder C++-Programmierschnittstelle ansprechen, um Payback-Daten über den TBC unmittelbar an den TBS zu übermitteln. Dies ist die modernste und schnellste Variante. Der TBC greift beim Partner auf ein vordefiniertes Datenbankschema zu, in dem die Payback-Daten laufend gespeichert werden. Er liest die Daten bei ihrem Eintreffen aus und überträgt sie unmittelbar an den TBS. Der Partner schreibt die Payback-relevanten Daten in eine gesonderte Datei. Diese wird vom TBC zyklisch ausgelesen und an den TBS übertragen. Der Partner überträgt in zyklischen Abständen - vorzugsweise im Nachtbetrieb - die Payback-Daten per FTP an den TBS, der sie anschließend verarbeitet.

Der gewählte Integrationsweg wirkt sich auf die Häufigkeit und Geschwindigkeit der Punktetransfers aus. Sie reichen von Online-Updates bei der direkten Programm- oder Datenintegration, die Sekunden nach der Kauftransaktion abgeschlossen sind, bis hin zur nächtlichen Batch-Übertragung, in dem einzelne Offline-Partner neue Punkte per FTP zur Gutschrift versenden. Der zeitversetzte Batch-Versand, bei dem aufgelaufene Payback-Daten in einem Schwung übertragen werden, erweist sich dabei als schwierig: Die zentrale Transaction-Broker-Architektur, optimiert für das schnelle Weiterleiten kontinuierlicher Datenströme, war bei Projektbeginn nicht auf die effiziente Bearbeitung en bloc eintreffender großer Datenmengen (ein Partner schickt pro Nacht bis zu 100 MB Rohdaten) ausgelegt. Die Ausweichlösung liegt in diesem Fall im skriptgesteuerten Auftrennen und Einspielen der Batch-Datei in die zentrale Oracle-Datenbank.

Dass viele der Partner bislang nur zur zeitversetzten Übertragung ihrer Payback-Daten im Batch-Verfahren bereit sind, kann Salzsieder nachvollziehen: "Die Partner scheuen den hohen Integrationsaufwand, den die Schnittstellenprogrammierung bei der Programm-zu-Programm-Kommunikation erzeugt." Zwar biete Webmethods für zahlreiche ERP-Pakete sowohl EAI- als auch B-to-B-Integrationsadapter mit eingebauter Geschäftslogik an, doch die meisten Standardpakete werden firmenspezifisch so stark verändert, dass die Adapter nicht mehr direkt passten.

Innovativen Schwung in die B-to-B-Integrationsprojekte von Loyalty Partner brachte der 11. Mai 2000. An diesem Tag wurden mit AOL, Consors und Booxtra erstmals mehrere große E-Commerce-Plattformen in den Payback-Verbund aufgenommen. Die Internet-Firmen setzen vom Start weg fast vollständig auf den automatisch abgewickelten TBC/TBS-Datenverkehr. Schließlich sind Web-Kunden an die sekundenschnelle Bestätigung von Online-Transaktionen gewöhnt. Umso wichtiger erschien es, dass sie auch ihre frisch verdienten Payback-Punkte bereits einen Mausklick später gutgeschrieben sehen.

Gleichwohl blieb das TBC/TBS-Gespann nicht nur als zentrales Werkzeug für schnelle Punktegutschriften und die effiziente Partnereinbindung wichtig. Die zielstrebigen Payback-Planer wollten ihren Kooperationspartnern von Stunde Null an auch die Möglichkeit bieten, für Verkaufsaktionen gezielt höhere Punktequoten einzuräumen. Hierzu wurde der TBS um Regeln für die Geschäftslogik ergänzt. Es entstand der "Promotion Manager", der es erlaubt, Werbeaktionen zu definieren und abzurechnen.

Bietet etwa der Payback-Partner Europcar an einem Freitag zwischen 13 und 17 Uhr für einen bestimmten Wagentyp erhöhte Payback-Prozente, wird dies im Promotion Manager voreingestellt. Der TBS erkennt dann anhand des in den Daten von Europcar mitgelieferten Promotioncodes oder der Artikelnummer die Sonderaktion und schreibt dem Kunden eine entsprechende erhöhte Punktzahl gut. "Durch den TBS sind wir in der Lage, sehr schnell auf individuelle Anforderungen unserer Partner zu reagieren", erläutert Salzsieder. Den Nutzen hat der Partner, der den Vertrieb einzelner Produkte oder Services durch kurzfristig definierte Preisnachlässe intensivieren will.

Loyalty Partner erwartet eine noch stärkere Nutzung des Promotion-Managers ab Mitte 2001, wenn das Rabattgesetz gefallen ist. Im Rahmen eines Re-Designs will man die Promotion-Logik dabei vom TBS auf einen gesonderten Applikations-Server verlagern. Dann sollen auch Partner ohne direkte TBS-Anbindung Promotion-Funktionen nutzen können. "Strategisch geht es bei uns weiter mit EAI", blickt Salzsieder nach vorn. Während die Integration neuer Partner weiterläuft, denkt er bereits darüber nach, seine Inhouse-Systeme für erweiterte Payback-Funktionen zwischenbetrieblich zu integrieren: "EAI und B-to-B-Integration werden bald zusammenwachsen", lautet seine Prognose.

Einen ersten Anfang hat er schon gemacht. Der im November vergangenen Jahres unter www.payback.de eröffnete Online-Shop wurde über den TBS mit den Backend-Systemen des Logistikpartners verknüpft, der die Produkte ausliefert. Gut denkbar, dass der IT-Stratege mit der Webmethods-Plattform demnächst buchstäblich abhebt: Konkrete Geschäftsplanungen, fleißigen Rabattsammlern aus dem Payback-System heraus direkte Online-Flugbuchungen auf Punkte-Basis zu ermöglichen, laufen bereits.