Gallup-Studie zeigt Schwächen der Dienstleister

Bei den Services müssen globale Carrier noch nachbessern

11.10.1996

Die Studie "BT/MCI Global Communication Report, 1996/97", die Schwächen und Stärken aufdecken sollte, basierte auf insgesamt 327 Telefoninterviews. Sämtliche Gesprächspartner gehören zu den von der "Business Week" aufgeführten 1000 größten Unternehmen der Welt. Die Angesprochenen - in der Regel die Verantwortlichen für die Planung der globalen Expansion des Unternehmens - wurden nicht darüber in Kenntnis gesetzt, daß die Befragung auf die Bewertung der TK-Leistungen abzielt. Verheimlicht wurde ihnen auch der Auftraggeber der Studie - so beschreiben zumindest die Marktforscher die Rahmenbedingungen der Erhebung.

Verstehen und quantifizieren wollten die Profis des befragenden Gewerbes, wie wichtig den großen Unternehmen die Telekommunikationsdienste sind. Zudem sollte die TK-Leistung im Vergleich zu anderen Aspekten eingeordnet werden, die den Unternehmen bei der Internationalisierung ihrer Geschäfte als wichtig erscheinen. Die letzte Aufgabe der Auftraggeber an die Marktforscher war es, herauszufinden, wo die Stärken und Schwächen heutiger TK-Dienstleister liegen. Da Gallup nur ein Drittel der größten 1000 Unternehmen ansprechen konnte, räumen die Marktforscher ihren Ergebnissen eine Fehlertoleranz von vier Prozent ein.

Ihre erste Frage an die Unternehmen zielte auf die Bewertung der Wichtigkeit der globalen Informations-Infrastruktur. Genau ein Drittel (33 Prozent) stuften diese Dienste als "absolut kritisch" ein. Das Ergebnis zeigt den Befragern, daß es wichtigere Dinge in den Unternehmen gibt. Häufigere Nennung der Note "absolut kritisch" erhielten die Verbesserung der Produktivität und Effizienz (37 Prozent), Aufgaben, die die Belegschaft betreffen (37 Prozent), die globale Expansion in den Griff bekommen (42 Prozent) sowie sich mit der Wettbewerbssituation auseinandersetzen (49 Prozent).

"Die Telekommunikation wird immer mehr zur Chefsache", interpretiert auch Lutz Meyer-Scheel, Geschäftsführer der Viag Interkom GmbH & Co, München, das Ergebnis. "Dieses ist insbesondere dann der Fall, wenn etwas nicht läuft. Wie wichtig die Telekommunikation geworden ist, zeigt das Beispiel Lufthansa, als durch Saboteure die Glasfaserkabel am Flughafen Frankfurt zerschnitten wurden."

Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Aufgliederung der Ergebnisse nach der Herkunftsregion der befragten Unternehmen. Einen hohen Stellenwert räumten 38 Prozent der großen Firmen aus dem asiatisch-pazifischen Raum den TK-Diensten ein. In Nordamerika waren es 23 Prozent, in Europa dagegen nur neun Prozent. Insgesamt sind die Dienste für den Informationsaustausch den Investoren, die in neue Zielmärkte hineinwollen, heute aber bereits wichtiger als so traditionelle Kriterien wie die Kosten des Rohmaterials, der Ausbau der Transport-Infrastruktur und die Kapitalkosten.

Ein Land, das finanzkräftige und investitionsbereite Unternehmen anziehen möchte, muß heute vor allem drei Kriterien erfüllen: Es sollte über ein politisch stabiles Umfeld und über einen reichhaltigen Fundus an gut ausgebildeten Arbeitskräften verfügen. Zudem fordern die Geldgeber eine zuverlässige TK-Infrastruktur (siehe Abbildung 1).

Bei dem Vergleich der Anforderungen der großen Kunden an die Fähigkeiten eines Carriers mit der Einschätzung, was die Dienstleister heute schon bieten, zeigt sich eine erstaunliche Diskrepanz. Viele der Wünsche werden von den Diensteanbietern nicht erfüllt. Die Marktforscher können ihren Auftraggebern und deren Konkurrenten demnach mit auf den Weg geben, daß sie in Sachen Zuverlässigkeit der Dienste, gute Inland-Kommunikation und Zusammenarbeit der lokalen und internationalen Carrier ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben (siehe Abbildung 2 und 3).

Technische Eckdaten wie Geschwindigkeit, Qualität und Reichweite von TK-Leistungen waren zwar nie besser als heute, doch mit dem Tempo der Globalisierung der Märkte haben die Leistungen nach Meinung der Befragten nicht mithalten können. Viele Erwartungen der großen Anwender wurden nicht erfüllt.

Die Ergebnisse der Studie belegen also, daß die Carrier gefordert sind, ihre Angebote aufzustocken und zu verbessern. Für diese Investitionen werden sie belohnt, denn der Markt wächst. Bis zum Jahr 2000 wird das Umsatzvolumen des Telekommunikationssektors auf 650 Milliarden Dollar anwachsen (1995: 545,4 Milliarden Dollar) und am weltweiten Bruttosozialprodukt einen Anteil von 2,37 Prozent haben. 1995 betrug die Gesamtdauer aller Telefonate weltweit fast 60 Milliarden Minuten. Schätzungsweise wird der Telekommunikationsverkehr auf 95 Milliarden Minuten im Jahr 2000 steigen.

Anwender wollen den TK-Wettbewerb

Um die größten Stücke dieses Kuchen streiten sich die wenigen internationalen Carrier. "Ich sehen keinen weiteren globalen Carrier außer den großen drei", schätzt Meyer-Scheel die Wettbewerbssituation zwischen den Allianzen Concert (BT, MCI), Global One (Deutsche Telekom, France Télécom und Sprint) und dem Zusammenschluß von AT&T und Unisource ein.

Ob die Anwender es für ausreichend erachten, die Wahl zwischen drei internationalen Carriern zu haben, läßt die Studie offen. Was die Kunden jedoch vom fehlenden Wettbewerb halten, verdeutlicht ein eindeutiges Votum. Fast zwei Drittel der Befragten glauben, in Ländern ohne TK-Konkurrenz auf notwendige Serviceleistungen verzichten zu müssen. Dieser Mangel könne die Expansionspläne von Konzernen in den entsprechenden Ländern bremsen, so die Verfasser der Studie.

Dieses Ergebnis nimmt die British Telecom (BT), einer der Auftraggeber, zum Anlaß, die Öffnung der Märkte einzufordern. "Wie das Beispiel Großbritannien zeigt, ist Wettbewerb gleichermaßen positiv für Kunden und Wirtschaft", meint Peter Bonfeld, CEO bei BT, die im Heimatland noch immer eine marktbeherrschende Stellung hat.