ERP aus der Cloud

Begrenzt anpassbar

06.05.2014
Von 
Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.
Anzeige  Applikationen aus der Cloud versprechen eine Vielzahl von Vorteilen: gesteigerte Mobilität, bessere und ortsunabhängige Verfügbarkeit, geringerer Wartungsaufwand und flexiblere Kosten. Dies gilt grundsätzlich auch für ERP-Systeme. Viele Unternehmen zögern dennoch, wenn es um ihre betriebswirtschaftliche Kernapplikation geht. Denn die Vorzüge einer Cloud-Lösung gehen meist mit Einschränkungen bei der Gestaltung individueller Geschäftsprozesse einher.

Während sich SaaS-Lösungen in den USA oder Großbritannien bereits nachhaltig am IT-Markt etabliert haben, sind hierzulande noch viele mittelständische Unternehmen damit beschäftigt, die Vor- und Nachteile von Applikationen aus der Cloud abzuwägen. Nach Angaben der Experton Group liegt das Marktvolumen im Bereich SaaS Cloud Computing im Jahr 2014 bei etwa 592 Millionen Euro und macht damit 21 Prozent der Gesamtausgaben in diesem Segment aus. Aber besonders im Bereich von ERP-Lösungen aus der Cloud verzeichnen die Marktforscher von Experton nach wie vor Zurückhaltung bei den Anwendern.

Denn viele Unternehmen sehen gerade in der individuellen Abbildung ihrer geschäftsinternen Prozesse einen Wettbewerbsvorteil. Ein Großteil der Vorteile von SaaS-Lösungen beruht jedoch auf dem hohen Standardisierungsgrad. Dies schlägt sich im Bereich der ERP-Lösungen, in der die Individualisierung der Software von den Anwendern als wesentlicher Aspekt angesehen wird, besonders stark nieder.

Oliver Giering, Experton Group
Oliver Giering, Experton Group
Foto: Experton Group

Während große Unternehmen sich diesen Standards oftmals nicht unterwerfen wollen, stehen kleine und mittelständische Unternehmen, an die sich das Angebot der Anbieter vermehrt richtet, vor einem Dilemma. Zwar lässt sich auch die standardisierte Cloud-Software in gewissen Grenzen an eigene Geschäftsprozesse und Bedürfnisse anpassen - aber damit steigen auch Aufwand und Kosten. "Viele Anbieter bieten ihre Lösungen mittlerweile in unterschiedlichen Modulen an, die damit auch sehr zu einer Individualisierung der Software beitragen. Das hat jedoch seinen Preis und trübt die oftmals angeführten Kostenvorteile stellenweise erheblich", sagt Oliver Giering von der Experton Group.

Zudem spiele die Sicherheit im Umfeld von ERP-Software, wo in hohem Maße mit sensiblen Kundendaten agiert wird, eine herausragende Rolle. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, die Abhängigkeit vom Anbieter und die Sicherheit des Rechenzentrums an sich seien hierbei Punkte, die es zu erörtern gelte. Dabei trete dann oftmals der Standort eines Rechenzentrums in den Fokus. "Anbieter, die in Deutschland nach deutschem Datenschutz agieren sind hierbei sicherlich im Vorteil gegenüber Anbietern, die in den USA hosten", sagt Giering. Das bedeute jedoch nicht, dass man bestimmte Anbieter oder Public-Cloud-Komponenten aufgrund der unklaren Rechtslage gänzlich ablehnen sollte.

SaaS-Lösungen könnten besonders dem gesteigerten Anspruch an Mobilität gerecht werden und durch flexible Kosten erheblich zu sinnvollen Einsparungen beitragen. Zudem seien viele ERP-Lösungen aus der Cloud auf Grund ihres modularen Aufbaus unterdessen stark erweiterbar und individualisierbar. Um das Vertrauen der Anwender jedoch nachhaltig zu gewinnen, müssten die Anbieter zunächst umfassend über Sicherheitsregulierungen und -maßnahmen aufklären. "Es ist abzusehen, dass langfristig viele alteingesessene Software-Landschaften durch SaaS-Modelle ersetzt werden. In einigen Fällen ist dies schon heute der Fall", resümiert Experton-Marktforscher Giering.