Positionspapier der DSAG

Bedeutet S/4HANA das Ende des Business Warehouse?

04.04.2016
Von Marian Spohn
S/4HANA soll Geschäftsprozesse und Datenhaltung vereinfachen, verspricht SAP. Damit steht aus Sicht des Softwarekonzerns auch das Business Warehouse zur Disposition. Das sieht die Deutschsprachige SAP Anwendergruppe (DSAG) allerdings anders, wie in einem Positionspapier der Anwendervertretung deutlich wird.

Seit einem Jahr ist mit S/4HANA die neue Suite der SAP erhältlich. Aussagen des badischen Softwareherstellers zufolge wird dadurch das Business Warehouse (BW) nicht mehr benötigt, da S/4HANA bereits alle Anforderungen an Analysen und Berichtswesen abdecken würde. Die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG) kann sich dieser Meinung nicht anschließen. Zwar gilt es, Data Warehouses für künftige Anforderungen zu optimieren. Für bestimmte Anwendungsszenarien wie etwa die sichere Dokumentation historischer Daten oder die Aufbereitung und Verarbeitung heterogener Dateiformate wird das Data Warehouse jedoch weiterhin relevant bleiben.

Unbestreitbar ist allerdings, dass sich die Rolle des Enterprise Data Warehouse (EDW) in Zukunft deutlich wandeln und erweitern wird. Diese auf die Speicherung, Zusammenführung sowie Analyse von Dateien und Informationen spezialisierten Datenbanken müssen schneller, flexibler sowie einfacher werden. "Doch ganz verschwinden werden sie nicht, auch nicht durch die Einführung von S/4HANA", so Gesa Fuchs, Sprecherin der Arbeitsgruppe HANA Analytics bei der DSAG. "Einige grundlegende Aufgabenbereiche, die den Einsatz eines Data Warehouse erforderlich machen, bestehen nach wie vor."

S/4HANA wird die Heterogenität nicht beseitigen

Beim Data Warehousing liegt der Fokus darauf, Daten zu erhalten und aufzubereiten, sowie auf der Analyse dieser Informationen. Beispielsweise spielt das Data Warehouse bei der Integration und Harmonisierung von Daten eine wichtige Rolle. Da die verschiedenen Geschäftsfelder und betriebswirtschaftlichen Abläufe eines Unternehmens größtenteils sehr unterschiedlich ausfallen, lassen sich diese nicht immer in einem System abbilden. Zwar kann S/4HANA dabei helfen, die Komplexität vor allem auf der technischen Seite zu reduzieren. Die Software wird die bestehende Heterogenität der Systeme und Daten aber nicht beseitigen, was in der Konsequenz die Existenz von Data Warehouses weiterhin erforderlich macht.

Auch für den Aufbau einer Corporate Memory, also einem Pool, in dem alle gesammelten Daten und alles Wissen eines Unternehmens Platz finden, beziehungsweise die Analyse von Informationen aus verschiedenen zeitlichen Perspektiven bildet das EDW die Basis. Erst die dort dokumentierten historischen Daten ermöglichen Auswertungen über Datenänderungen über längere Zeiträume hinweg. In operativen Systemen werden Daten dagegen meist nur in der aktuellen Ausprägung gespeichert.

Data Warehouse als Unterstützung bei Big-Data-Analysen und Reporting

Die Anreicherung von Daten für Analysen oder Reports bildet einen weiteren möglichen Anwendungsfall für Data Warehousing. Dadurch lässt sich beispielsweise eine HANA-Umgebung bei der rechenintensiven Aufbereitung von sehr großen Datenmengen entlasten. Die benötigten Transformationen sowie Vorberechnungen der Daten werden dabei in das EDW ausgelagert und sparen somit Rechenleistung.

In diesem Kontext lassen sich auch Big-Data-Auswertungen und Advanced-Analytics-Lösungen betrachten, die bisher im Data Warehouse angesiedelt waren. Im Gegensatz zur Untersuchung von Ist- und historischen Daten konzentriert sich Advanced Analytics auf künftige Ereignisse und Vorausplanungen. Auch in Zukunft wird das DW der Ort für derartige Anwendungen sein - auch auf mehrere Systeme oder Instanzen verteilt. Ziel muss sein, dass die einzelnen Komponenten logisch integriert sind und effizient zusammenarbeiten. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, die Haltung redundanter Daten deutlich zu reduzieren. In dieser Beziehung kann und wird S/4HANA eine Rolle als Software für operative Auswertungen spielen.

Sinnvolle Kombination aus Business Warehouse und S/4HANA

Wird die HANA-Plattform als Umgebung für ein breites Spektrum analytischer Applikationen verwendet, können Nutzer sehr schnell von diversen Anwendungsvarianten profitieren. Unter anderem lassen sich aus BW-Objekten native HANA-Objekte generieren und umgekehrt. Gleichzeitig treibt SAP die Integration mit anderen Plattformen wie zum Beispiel Hadoop voran, die eine skalierbare und simultan durchgeführte Verarbeitung von Big Data möglich machen. Die Grundlage für ein effektives Zusammenspiel zwischen SAP und anderen Umgebungen ist also bereits gegeben.

"Für die DSAG steht also nicht die Frage nach dem Aus des Business Warehouse im Mittelpunkt: Vielmehr geht es um die Beantwortung der Fragen, wie viel Einfluss S/4HANA auf die IT-Gesamtarchitektur nehmen wird und welche Rolle dabei künftig das Data Warehouse beziehungsweise das BW spielen wird", erklärt Andreas Wilmsmeier, Sprecher der Arbeitsgruppe HANA Analytics bei der DSAG.

"Die zentrale Aufgabe besteht darin, BW, S/4HANA und die weiteren auf der HANA-Technologie basierenden Lösungen in einen Zusammenhang zu bringen und aus diesen Bausteinen ein aufeinander abgestimmtes Gesamtkonstrukt zu fertigen", beschreibt der Anwendervertreter die anstehenden Herausforderungen. "Im Gegensatz zu einer einseitigen Verlagerung in S/4HANA stellt diese Lösung einen offenen Ansatz dar, der ein Potenzial besitzt, das in der reinen S/4HANA-Ausrichtung nicht geboten wird."

Weitere Informationen rund um das Zusammenspiel zwischen S/4HANA und dem klassischen Data Warehouse bietet die DSAG in einem Positionspapier zum Download an: www.dsag.de/handlungsempfehlungen