BDI-Chef Henkel: Ein Mosdorf reicht nicht aus

05.11.1999

Er nimmt bekanntlich kein Blatt vor den Mund - auch in Sachen Informationsgesellschaft nicht. Denn "seine" Branche ist für den früheren IBM-Manager Hans-Olaf Henkel seit langem die Schlüsselindustrie für das 21. Jahrhundert. Im Gespräch mit den CW-Redakteuren Hermann Gfaller, Gerhard Holzwart und Heinrich Vaske stellte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) dem IT-Standort Deutschland jetzt ein eher durchwachsenes Zeugnis aus.

CW: Vor einigen Wochen hat die Bundesregierung ihr Aktionsprogramm "Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft" vorgelegt. Ist diese Initiative der von Ihnen oft geforderte große Wurf der Politik in Sachen Standortverbesserung?

Henkel: Ich finde es bemerkenswert, daß die Politik jetzt den Eindruck vermittelt, die gesellschaftspolitische und volkswirtschaftliche Bedeutung der IT-Industrie erkannt zu haben. Das war nicht immer so. Vor allem aber sollte man sich vergegenwärtigen, was in anderen Ländern geschehen ist. Viele Zeitgenossen haben schon vergessen, daß US-Präsident Bill Clinton vor sechs Jahren auch dank seinem Vizepräsidentschaftskandidaten Al Gore und dessen Vision von der Information-Society gewählt worden ist.

CW: Wird denn dieser Vergleich nicht zu häufig strapaziert?

Henkel: Im Gegenteil. Man kann auf die Erfolge der Amerikaner nicht oft genug verweisen. Nirgendwo sonst sind - auch und gerade in der IT-Branche - so viele neue Arbeitsplätze entstanden. Ich nenne Ihnen aber gerne noch ein anderes Beispiel. Als ich kürzlich beim finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari zu Besuch war, sah ich auf dessen Schreibtisch einen eingeschalteten Laptop. Auf meine Frage, was er denn damit mache, gab mir Ahtisaari eine verblüffende Antwort: Er halte gerade eine virtuelle Pressekonferenz ab, beantworte Fragen finnischer Journalisten via E-Mail. Tatsache ist also: In vielen Ländern hat man die Chancen der Informationsgesellschaft schneller begriffen und genutzt.

CW: Demnach mangelte es in Deutschland vor allem an politischen Vorbildern.

Henkel: Richtig. Ich kann mich noch an Versuche von mir erinnern, mit diversen Bundesministern über E-Mail Kontakt aufzunehmen. Exemplarisch waren dann Reaktionen wie diese: Zwei Wochen später bekommt man eine schriftliche Antwort, in der der betreffende Minister sich auch noch über die Tatsache beschwert, daß ich beim Tippen das Wort Innovationen falsch geschrieben habe.

CW: Hat sich das gestörte Verhältnis der Regierung Kohl zur IT-Industrie und zum Thema Informationsgesellschaft mit der Wahl Gerhard Schröders zum Bundeskanzler nachhaltig gebessert?

Henkel: Das war kein gestörtes Verhältnis, eher Desinteresse, aber besser ist es geworden, obwohl man über den Ausdruck nachhaltig sicherlich streiten kann.

CW: Dieses Lob überrascht uns. Bekanntlich springen Sie mit der rot-grünen Koalition sonst nicht gerade zimperlich um.

Henkel: Die derzeitige Bundesregierung hat offensichtlich begriffen, daß Deutschland ohne Nutzung und Forcierung der Möglichkeiten, die etwa das Internet bietet, weltweit den Anschluß verlieren wird. Jedenfalls sind jetzt mit Personen wie Siegmar Mosdorf (Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Anm. d. Red.) Politiker angetreten, die über die Informationsgesellschaft nicht nur gut reden können, sondern die Dinge auch anpacken.

CW: Gerade das Anpacken verlief aber bisher wenig zufriedenstellend. Förderprogramme im Multimedia-Sektor und Kanzlerrunden unter dem vielversprechenden Etikett "Technologierat" verpufften mehr oder weniger ergebnislos.

Henkel: Ich sage noch einmal: Die Regierung Schröder scheint es mit der Wandlung Deutschlands zur Informationsgesellschaft ernst zu meinen. Immerhin gibt es jetzt Vorhaben wie das von Ihnen erwähnte Aktionsprogramm. Oder denken Sie an die Initiative "D21", die mein Nachfolger Erwin Staudt von IBM Deutschland mit angestoßen hat und deren Beirat Gerhard Schröder persönlich vorsitzt. Wir sollten die Breitenwirkung dieser Aktivitäten abwarten. Man kann allerdings nicht das, was jahrelang versäumt worden ist, in kurzer Zeit wettmachen. Aber zumindest stimmt jetzt bei diesem Thema die Richtung._VS:Große Hoffnungen verbinde ich übrigens auch mit der kürzlich angelaufenen finnischen EU-Ratspräsidentschaft. Ich habe eingangs von meiner Begegnung mit Finnlands Präsident Ahtisaari erzählt. Die Tatsache, daß die Regierung in Helsinki die Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft in ihrer Prioritätenliste der Ratspräsidentschaft ganz oben führt, sollte man daher nicht unterschätzen. Auch der Vorsitzende der neuen EU-Kommission, Romano Prodi, hat dankenswerterweise unsere Anregungen aufgenommen, und die Belange der IT-Industrie mit all ihren Facetten in den Zuständigkeitsbereich eines einzigen Kommissariats gelegt. Ich kenne Prodi aus unserer gemeinsamen Zeit im Beirat von IBM Europe sehr gut. Er hat ein Gespür dafür, was in dieser Sache zu tun ist.

CW: Mit anderen Worten: Die alten IBM-Verbindungen werden es schon richten.

Henkel: Das ist Ihre Interpretation. Zum Gelingen tragen Personen wie Jörg Menno Harms, Volker Jung (Vorsitzender der Geschäftsführung der Hewlett-Packard GmbH beziehungsweise Vorstandsmitglied der Siemens AG, Anm. d. Red.) und andere mindestens genauso bei. Ich würde es dabei belassen, daß Industrie und Politik jeweils ihren Teil der Aufgabe erledigen müssen.

CW: Was können denn Bundesregierung und EU-Kommission leisten, was die IT-Industrie nicht kann? Sind es nur die verbesserten Rahmenbedingungen und eine Vorbildfunktion seitens der Politiker, oder fordern Sie mehr - etwa Subventionen?

Henkel: Die deutsche Industrie will keine Subventionen, sondern weltweit wettbewerbsfähige Standortbedingungen. Was wir uns diesbezüglich vorstellen, kennen Sie aus dem politischen Tagesgeschäft. Die Industrie macht, was den ersten Teil Ihrer Frage angeht, ihre Arbeit - und diese macht sie gut. Mit ihren Produkten und Lösungen brauchen sich deutsche Computer-, TK- und Internet-Unternehmen jedenfalls vor dem Weltmarkt nicht mehr zu verstecken. Es geht aber nicht nur um E-Commerce oder E-Business, sondern um E-Culture, um E-Life. Also um die Anwendung moderner IuK-Techniken in allen Bereichen der Gesellschaft. Nehmen Sie nur die Bildung, sicherlich nicht primär ein Thema nur der Industrie.

CW: Die Forderung nach einer Bildungsoffensive, die den Anforderungen der Informationsgesellschaft Rechnung trägt, ist nicht neu.

Henkel: Aber dringender denn je. Natürlich hat der frühere Bildungsminister Jürgen Rüttgers mit seiner Initiative "Schulen ans Netz" hierzu einen wichtigen Beitrag geleistet. Aber das genügt nicht. Es müßte eigentlich heißen: Jedes Klassenzimmer oder besser noch jeden einzelnen Schüler ans Netz. Jeder Schüler sollte einen Laptop bekommen.

CW: In diese Richtung zielt ja die von Ihnen erwähnte D21-Initiative - mit Hilfe der Industrie, die in regionalen Projekten als Sponsor auftritt. Wenn wir Sie jetzt aber richtig verstehen, sollen der Staat beziehungsweise die einzelnen Bundesländer mit ihrem Bildungsetat IBM und anderen Firmen ein großes Geschäft an Schulen und Universitäten ermöglichen.

Henkel: So leicht, daß Sie jetzt sagen können, der Henkel macht Reklame für seine alten Freunde in der Computerindustrie, mache ich es Ihnen nicht. Es geht mir nicht darum, daß Siemens oder IBM mehr Laptops und PCs verkaufen, sondern um die Schaffung eines entsprechenden gesellschaftlichen Bewußtseins. Damit wir wenigstens für morgen die Leute ausbilden, die uns heute so dringend in der IT-Industrie und anderen Branchen fehlen.

CW: Wir dürfen zusammenfassen: PC und Internet müssen hierzulande endlich gesellschaftsfähig werden. Dazu müssen die Politiker die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, damit die IT-Industrie ihrerseits ihren Beitrag leisten kann. Geht es noch ein bißchen konkreter?

Henkel: Ich versuche gerne, es plakativer zu formulieren. Ein Staatssekretär Mosdorf reicht in Deutschland nicht aus. Bei aller Wertschätzung für ihn: Es fehlt immer noch eine prominente politische Figur, die sich das Thema IT auf ihre Fahnen schreibt. Natürlich gibt es heute keine Computerfeindlichkeit mehr in unserer Gesellschaft. Das garantieren schon die jetzt heranwachsenden Kinder. Aber wir haben immer noch das Problem, daß Tausende Lehrer und Professoren mit dem PC auf Kriegsfuß stehen. Darauf wollte ich hinweisen. Und auf die hinlänglich bekannten Standortfaktoren. Ich kann nur immer wieder sagen: Bei uns würde Bill Gates heute noch in seiner Garage sitzen und sich mit dem Gewerbeaufsichtsamt herumschlagen, oder er wäre als Scheinselbständiger in die Arme eines Großunternehmens getrieben worden.

CW: Läßt sich denn alles, was den vermeintlichen Erfolg der Amerikaner ausmacht, auf Deutschland übertragen?

Henkel: Nicht alles, aber vieles. Wo wären wir denn heute, wenn die ohnehin späte Liberalisierung des TK-Marktes nicht stattgefunden hätte? Dann könnten wir zwar über das Internet reden, aber keiner könnte sich einen Internet-Anschluß leisten. Womit ich übrigens nicht zum Ausdruck bringen möchte, daß man hier die Tarife nicht weiter senken könnte. Was sind wir, um ein zweites Beispiel zu nennen, 1992 angefeindet worden, als wir es seinerzeit gewagt haben, mit dem IBM-Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Schaffung von 200 Telearbeitsplätzen auszuhandeln.

CW: Sie sind seinerzeit als Chef von IBM Deutschland auch aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten und haben damit nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch Ihre Kollegen in der Industrie verprellt. Ist der unnachgiebige Henkel-Kurs auch heute ein zukunftsweisendes Modell für den IT-Standort Deutschland?

Henkel: Das müssen andere beurteilen. Ich habe mir mit dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband bei der Industrie Respekt erworben und von den Arbeitgeberverbänden Kritik erfahren, das ist richtig. Aber diese Entscheidung war notwendig, weil wir mit der 35-Stunden-Woche, die Gesamtmetall damals unterschrieben hatte, nicht leben konnten und wollten. 27 000 zum Teil hochqualifizierte Software- und Servicespezialisten hätten dann zu den gleichen absurden Bedingungen wie die damals rund 6000 Beschäftigten in den deutschen IBM-Fertigungsstätten arbeiten müssen. Ich mußte dann in der Folge, was viele heute nicht mehr wissen wollen, als Verantwortlicher für die IBM Deutschland zwei Fabriken in Deutschland schließen.

CW: Wenn jetzt die IG Metall und andere Gewerkschaften die 32-Stunden-Woche fordern, wird sich Ihrer Ansicht nach kaum etwas verbessert haben.

Henkel: Wahrscheinlich enttäusche ich Sie jetzt, wenn ich sage: Der IT-Standort Deutschland ist eigentlich gut. Hunderte von kleinen und mittelständischen Software- und Dienstleistungs-Unternehmen sprechen doch Bände. Aber mein Job ist es, Mißstände anzuprangern und Verbesserungen vorzuschlagen. Wir müssen dazu kommen, daß in Deutschland auch in der IT-Industrie wieder mehr produziert wird. Es nützt nichts, wenn alle nur nach dem Dienstleistungs-Sektor rufen. Wer Tausenden von Arbeitsplätzen das Wort redet, muß sich auch mit Themen wie PC- und Halbleiterfertigung auseinandersetzen. Das wiederum bedingt, daß man potentielle, zum Großteil ausländische Investoren anlocken muß. Deshalb sind die aktuellen Vorstellungen der Gewerkschaften kontraproduktiv.

CW: Zollen Sie mit dieser Betonung des Produktionsfaktors den klassischen Industrien und BDI-Mitgliedsverbänden Tribut?

Henkel: Nein. Das was ich eben gesagt habe, ist meine feste Überzeugung. Aber Ihr Einwand ist natürlich insofern berechtigt, als in Deutschland auch in den Köpfen der Arbeitgeber- und Industrieverbände einiges verändert werden mußte. Als ich mein Amt beim BDI antrat, verstand man sich dort primär noch als Club derjenigen, die Dinge zum Anfassen produzieren - also Autos, Stahl und Chemie. Was fehlte, war die in den angelsächsischen Ländern längst vorherrschende Selbstverständlichkeit, von einer eigenen IT- und Medien-Industrie zu reden. Nicht umsonst arbeiten wir seit geraumer Zeit daran, den BDI, der momentan aus 34 Einzelverbänden besteht, um ein weiteres Mitglied zu ergänzen - den vergangene Woche offiziell gegründeten IuK-Dachverband Bitkom.

CW: Die Tatsache, daß Sie über Jahre hinweg ohne Mandat für die Belange der IT-Industrie eingetreten sind, dürfte für Argwohn bei Ihren BDI-Kollegen gesorgt haben.

Henkel: Ohne Mandat ist richtig, den Argwohn können Sie streichen. Ich konnte schon vermitteln, daß wir beim BDI sonst irgendwann einmal Gefahr laufen, zu Gesprächen wie dem Bündnis für Arbeit nicht mehr eingeladen zu werden, weil dort dann im Zweifel ein Vertreter dieser Zukunftsbranchen unseren Platz einnimmt.

CW: Ob die Gefahr tatsächlich so groß war, bleibt fraglich. Schließlich waren Sie auch deshalb der inoffizielle Sprecher der deutschen IT-Industrie, weil diese sich bis dato den Luxus von mehr als 20 Einzelverbänden mit entsprechenden Partikularinteressen leistete.

Henkel: Was die zersplitterte IT-Verbandslandschaft angeht, stimme ich Ihnen zu. Man kann auch sagen: Je dissonanter der Chor, desto wichtiger ein Dirigent. Den haben wir jetzt in der Person des Bitkom-Präsidenten Volker Jung. Die wahrlich nicht einfache Gründung des Bitkom ist deshalb eine dringend notwendige Entscheidung gewesen - und dessen Mitgliedschaft im BDI auch.

CW: Was versprechen Sie sich von der Mitgliedschaft des Bitkom im einzelnen, sieht man einmal von der Tatsache einer hochprofitablen Branche ab, die in Form von Beiträgen die Kasse des BDI aufbessert?

Henkel: Ich glaube, daß es vor allem auf die Querschnittsfunktionen ankommen wird. Wenn Sie sich vor Augen halten, daß in so gut wie jedem Wirtschaftsbereich über das Internet als Handels- und Vertriebsmedium nachgedacht wird; wenn Sie ferner berücksichtigen, daß heute gut ein Drittel der Wertschöpfung eines Autos mit IT im weiteren Sinne erzielt wird, ist eigentlich alles gesagt. Natürlich haben rund 200 Milliarden Mark Umsatz und 700000 Beschäftigte auch eine entsprechende wirtschaftliche und politische Bedeutung.

CW: Was kann denn umgekehrt der BDI dem Bitkom bieten?

Henkel: Ich denke schon, daß sich die Kollegen bei den VDMA/ZVEI-Fachverbänden, dem BVB sowie dem BVIT etwas bei ihrer Entscheidung gedacht haben. Schließlich hätten die nach ihrem Zusammenschluß zum Bitkom auch sagen können: Wir stellen uns nicht unter, sondern neben den BDI. Unsere Stimme hat politisches Gewicht.

CW: Im Vorfeld der Bitkom-Gründung wurden wieder einmal Stimmen laut, die eine bessere Koordination aller politischen Aktivitäten in Sachen Informationsgesellschaft forderten. Das Problem müsse endlich Chefsache beim Bundeskanzler werden, hieß es. Viele Ihrer neuen Verbandskollegen sehen die Regierung Schröder offensichtlich kritischer als Sie.

Henkel: Ich kann da keinen Widerspruch erkennen. Es fehlt die prominente politische Symbolfigur, das habe ich gesagt. Jetzt kann man sich noch über Nuancen streiten. Ein eigener IT-Minister in Deutschland wäre sicherlich schön. Zweckmäßiger dürfte es allerdings sein, daß Thema auf EU-Ebene aufzuhängen. Auch dies ist, wie ich versucht habe, deutlich zu machen, mit Romano Prodi und der neuen Kommission auf einem guten Weg. Manches kann übrigens, um noch einmal auf Ihre vorhergehende Frage einzugehen, auch innerhalb des BDI gelöst werden. Dort haben wir entsprechende Arbeitskreise, etwa zu den Bereichen Copyright und Software-Kopienschutz. Wenn die neuen Kollegen zu uns stoßen, lassen sich viele Dinge auch in Brüssel besser vorantreiben.

CW: Sind denn eigentlich die Zahlen, die immer wieder von der IT-Industrie lanciert werden, realistisch? Man wird das Gefühl nicht los, daß diese wichtige Zukunftsbranche als Hoffnungsträger für die Massenarbeitslosigkeit in Deutschland überschätzt wird.

Henkel: Wenn man davon ausgeht, daß die IT-Industrie in Deutschland irgendwann einmal eine mit den USA vergleichbare Bedeutung erlangen wird, ließe sich mit rund zwei Millionen neuen Arbeitsplätzen argumentieren. Eine durchaus berechtigte Frage ist, ob ein solcher Vergleich erlaubt ist. Noch interessanter ist aber vermutlich, ob wir mit dem Wandel zur Informationsgesellschaft all das an Beschäftigungseffekten auffangen können, was wir andernorts, nämlich in den alten, sterbenden Wirtschaftszweigen verlieren. Dies würde ich eher verneinen. Dennoch haben wir keine Wahl. Wir sollten uns deshalb auch in der IT-Branche auf das konzentrieren, was wir ohne Zweifel können: Gute Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die im Weltmarkt eine Chance haben.

Hans-Olaf Henkel

Der gebürtige Hamburger war mehr als 30 Jahre bei IBM tätig - zuletzt als Vorsitzender der Geschäftsführung der IBM Deutschland beziehungsweise Chef von IBM Europa, Mittlerer Osten und Afrika. Seinen Ruf als "Scharfmacher" und unbequemer Querkopf begründete Henkel 1992 im Zuge der Auseinandersetzungen um die 35-Stunden-Woche mit dem damals sensationellen Austritt der IBM aus dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall. Seit dem 1. Januar 1995 ist der heute 59jährige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Der Nachfolger Tyll Neckers in einem der einflußreichsten Ämter Deutschlands galt ursprünglich als Notlösung; von vielen Industriekapitänen wurde der "IT-Manager" Henkel als Exot belächelt. In der Folge strafte Henkel seine Kritiker aus dem eigenen Lager jedoch sehr schnell Lügen. Heute gilt der BDI-Chef als einer der härtesten Kritiker des Standorts Deutschland und als kompromißloser Verfechter industriepolitischer Interessen.