Henkel, Klöckner-Humboldt-Deutz und Deckel als Beispiel:

BDE häufig Ausgangsbasis für CIM-Konzepte

29.04.1988

*Volker Heiner ist als freier Fachautor in Krefeld tätig

Aktuelle und präzise Informationen aus den verschiedenen Unternehmensbereichen sind für die Wettbewerbsfähigkeit moderner Industriefirmen von großer Bedeutung. Da die vollintegrierte Informationsverarbeitung im Sinne einer zukunftsweisenden CIM-Strategie nur in Schritten vollzogen werden kann, entscheiden sich viele Unternehmen für die Betriebsdatenerfassung als Ausgangsbasis für die zu realisierende CIM-Lösung.

Nur die Betriebsdatenerfassung (BDE) liefert nach Worten von Joachim Schmidt, Marketingleiter der Benzing GmbH, genaue Daten über das Betriebsgeschehen aus den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen und stellt so die Basisdaten in einem CIM-Informationsfluß zur Verfügung. Mit BDE-Geräten lassen sich Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter und die Ist-Zeit eines Produktionsauftrags ermitteln. Außerdem wird der zeitliche Ablauf aller Arbeitsvorgänge sichtbar, was eine exaktere Planung für die Fertigung sowie fundiertere Kostenberechnungen ermöglicht.

Laut Schmidt nimmt die BDE durch die Bereitstellung wichtiger Grunddaten - Produktions- und Auftragsdaten, Daten über Materialfluß, Maschinennutzung und Personaleinsatz - eine Schlüsselstellung ein. Die Betriebsdatenerfassung schafft die Voraussetzung dafür, daß einmal vor Ort erfaßte Daten durch Auswertungen nach verschiedenen Merkmalen allen beteiligten Abteilungen zur Verfügung stehen. Dazu zählen die Unternehmensplanung, das kommerzielle Rechnungswesen, das Lohn- und Personalbüro, die Materialwirtschaft sowie die Produktionsplanung und -steuerung.

Abteilungsübergreifende Zeit- und Materialdaten

Betrachtet man, für welche Zwecke die verschiedenen Betriebsdaten in den Bereichen Personalwesen, Arbeitsvorbereitung, Werkstattsteuerung und Einkauf auszuwerten sind, läßt sich leicht erkennen, daß es fast keine Daten gibt, die nur in einem separaten Sektor benötigt werden. Vielmehr gründen alle Abteilungen ihre Arbeit auf Zeit- und Materialdaten.

Während zahlreiche Meldungen im nachhinein für Lohn- und Gehaltsauswertungen oder zur Nachkalkulation gebraucht werden, leben andere Meldungen von ihrer Aktualität. Maschinenstörungen, Materialmangel oder fehlende Mitarbeiter zwingen zu kurzfristigen Umdisponierungen im Fertigungsablauf. Diese Meldungen müssen daher "realtime" vorliegen. Hierdurch lassen sich Produktionskapazitäten unter Berücksichtigung der Material- und Terminsituation optimal ausnutzen.

BDE-Vorhaben unterscheiden sich von anderen Projekten in wesentlichen Merkmalen. Einmal sind relativ hohe Investitionen auf der Hardwareseite notwendig, die direkt durch das Projekt getragen werden müssen. Zum anderen unterstützen und verändern diese Systeme sehr wichtige Abläufe in der Fertigung, im Lager oder im Transportbereich. Sie müssen deshalb sehr anwendernah und softwaretechnisch anspruchsvoll konzipiert werden.

Vor rund zehn Jahren entschied man sich bei der Firma Henkel im Stammsitz Düsseldorf-Holthausen, für die Waschmittel-Abfüllung ein BDE-System zu erstellen. Die Hauptzielsetzung bestand in der rationellen Online-Erfassung von Betriebsdaten rund um die Uhr. Als Eingabemedium dienen BDE-Terminals, die der betrieblichen Umgebung angepaßt wurden und die für die Erfassung der Lohndaten von rund 450 Personen zuständig sind. Über Zehnertastatur und Funktionstasten werden die Betriebsabrechnungs-Daten erfaßt. An die leicht zu bedienenden Terminals ist für die Lohndatenerfassung jeweils ein Infrarot-Ausweisleser zum Lesen des Werksausweises angeschlossen.

Die BDE-Terminals sind mit einem ausfallsicheren Tandem-Rechnersystem verbunden, das die erfaßten Daten speichert und zu aktuellen Abfragen beziehungsweise Auswertungen bereithält. Die Betriebsdatenerfassung in der Henkel-Waschmittelabfüllung wurde als ständige Unterstützung der Fertigungssteuerung konzipiert und bietet daher die Möglichkeit zu aktuellen Abfragen über das Betriebsgeschehen. Außerdem werden täglich beziehungsweise monatlich Übersichten und Betriebsprotokolle über das System erstellt.

Um flexibel auf Veränderungen der Arbeitszeiten reagieren zu können, die Zeitabrechnung zu rationalisieren und die Personaleinsatzplanung effizienter zu gestalten, setzt man seit mehr als drei Jahren im Ulmer Werk der Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) AG ein elektronisches Zeitdatenerfassungssystem ein. Wegen verschiedener Unzulänglichkeiten des alten manuellen Systems mittels Stempelkarten wurde 1984 ein Anforderungskatalog zur Installation einer ZDU (Zeitdatenerfassung Ulm) entwickelt, der folgende Punkte beinhaltet:

- Austausch der herkömmlichen Stempelkarten gegen neue Induktiv-Ausweiskarten;

- Verlagerung der Zeitdatenerfassung in die einzelnen KHD-Betriebe;

- Aktuelle Anzeige des Mitarbeiterstatus;

- Bewertung von Schicht- und Mehrarbeitszulage;

- Schnelle und aktuelle Auswertung von Fehlzeiten;

- Abbildung und Zuordnung der einzelnen Arbeitszeitmodelle (zum Beispiel Gleitzeit, Schichtbetrieb);

--- Verbesserte Personaleinsatzplanung;

-- Schnittstelle zum Abrechnungs- und Betriebsdatenerfassungs-System.

Mitarbeiter kontrollieren ihre Arbeitszeit selbst

Für die Zeitdatenerfassung setzt man im Motorenwerk Ulm einen Tandem-Rechner TNS II und ein Programm des Stuttgarter Softwarehauses Heinrich Klumpp GmbH ein. Gebucht wird an zwölf Benzing-Terminals, die den Inhalt der Ausweise lesen und das entsprechende Arbeitszeitmodell zuordnen. Die zwölf in Ulm installierten Terminals sind mittels zweier Konzentratoren an den Tandem-Rechner angeschlossen, der die Buchführungsdaten in frei definierten Zeitabständen abruft. Per Datenfernübertragung werden die auf dem Tandem-Rechner ausgewerteten Zeitdaten an die IBM-Anlage zur Lohn- und Gehaltsabrechnung des Kölner Stammhauses übermittelt.

Mit der Personalnummer und dem persönlichen Code können die KHD-Mitarbeiter jederzeit an einem der BDE-Bildschirme ihr eigenes Zeitkonto einsehen und Arbeitszeiten somit selbst kontrollieren. Darüber hinaus lassen sich Schichten flexibler einteilen und die Produktion reibungsloser gestalten. Vorgesetzte können zu jeder beliebigen Zeit die Daten ihrer Mitarbeiter abrufen. So kann der Fertigungsleiter zum Beispiel an der ZDU die Zahl der an der Transferstraße anwesenden Personen ablesen und den Personaleinsatzplan entsprechend festlegen. Bei Krankmeldungen kann er ebenfalls rechtzeitig disponieren und den Personalausfall durch einen anderen Mitarbeiter ausgleichen.

Gleichzeitig dienen die Informationen bei KHD Ulm als Grundlage der Betriebsdatenerfassung. Die Aufträge werden nach Mitarbeitern, Stückzahl und Stückzeit abgemeldet. Die ZDU liefert dafür die Anwesenheitszeiten. Der DV-Leiter im Motorenwerk Ulm, Edgar Schmidt, kommentiert das ZDU-System in seinem Betrieb folgendermaßen: "Die ZDU ist sowohl zuverlässig als auch anwenderfreundlich. Außerdem hat des maschinelle Auswerten und direkte Zuordnen der Daten in das Entgeltabrechnungssystem die Arbeit im Lohn- und Gehaltsbüro wesentlich erleichtert."

Die Münchner Deckel AG hat im Rahmen eines umfangreichen CIM-Konzeptes, welches das Stammwerk und zwei Zweigwerke in Holzkirchen und Geretsried einschließt, ebenfalls ein BDE-System als Basisfunktion für den gesamten innerbetrieblichen Informationsaustausch integriert. Räumliche Entfernungen werden im Datendirektverkehr auf Standleitungen der Post überbrückt. Über das Kommen und Gehen der Arbeiter in München oder den beiden anderen Werken, über Betriebsstörungen an Maschinen, den Materialfluß, den Durchlauf der Halbfabrikate, über Kapazitätslücken oder Engpässe sowie über die Terminsituation wird das Unternehmensmanagement genauestens informiert.

BDE-Terminals auch für Datensicherheit zuständig

Bei dem bedeutendsten Werkzeugmaschinenhersteller ist nahezu jeder relevante Arbeitsplatz mit, einem BDE-Terminal in ein elektronisches Datennetzwerk eingebunden. Insgesamt stehen 450 Datenstationen in den drei Deckel-Werken im Kommunikationsverbund zur Verfügung.

Neben der Zeiterfassung dienen die BDE-Terminals auch der Datensicherheit. So überprüft das Gerät beim Einlesen der Personalkarte, ob der Angemeldete am registrierten Arbeitsplatz überhaupt arbeiten darf. Erst wenn er als zuständig identifiziert ist, kann der Mitarbeiter seine Arbeit aufnehmen.

Im Produktionsbereich gibt der Maschinenarbeiter bei Deckel über einen sogenannten Barcode all den Maschinen zu Protokoll, was im einzelnen geleistet wurde. Hierbei steht der Barcode auf den Begleitpapieren, die den Durchlauf der Teile durch die Fertigung in einer Plastikhülle begleiten. Der Strichcode wird durch einen in das BDE-Terminal integrierten Schlitzleser gezogen. Der Leitrechner registriert dann die jeweilige Auftrags- und Teilenummer. Daraus erkennt er den Arbeitsfortschritt und ermittelt so aus den eingelesenen Betriebsdaten ein aktuelles Bild über die Situation in der Produktion. Durch eine tagesaktuelle Kenntnis der Kapazitätslage ist es problemlos möglich, Sofortaufträge zu berücksichtigen. Auch bei kurzfristigen Änderungswünschen der Kunden kann schnell reagiert werden.