Baumeister der Moderne

15.01.1988

Eine Verbindung zwischen der geheimnisumwitterten Welt der Freimaurer und dem nüchternen Alltag der Berufsinformatiker stellte der Journalist Stefan Endrös im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung her:

"... auf der einen Seite verehren die Freimaurer die Weite und Endlosigkeit übersinnlich wirkender Kräfte und weihevolle Illumination, auf der anderen Seite nutzen sie die mystisch überlieferten Rituale als psychologische und pragmatische "Lernerfahrungen" für rationale Inhalte: Vernunft und Wissenschaftlichkeit einer streng strukturierten Welt.

Vielleicht basiert gerade auf derartigen, als unvereinbar erscheinenden Widersprüchen und Antagonismen die vom Reiz des Geheimnisvollen verstärkte Faszination für die Logenbruderschaft mit den drei Punkten. Denn so wie zu Gründerzeiten der Freimaurer die geistig aufgeklärte Elite, die gebildeten Baumeister der Kathedralen, die Wissenschaftler und Staatslehrer der Aufklärung dieser verführerischen Mixtur aus Vernunft, Esoterik und theatralischer Psychologie erlagen, pochen heute ausgerechnet EDV - und Informatikspezialisten, Ärzte und Physiker an die Tore der Maurerlogen.

Gerade sie, heißt es bei den Freimaurern stolz - Baumeister der Moderne - sehnen sich nach einem Bereich, einem "Tempel der Vernunft" inklusive Gruppenerlebnis und Horizonterweiterung, der die verwirrenden Gegensätze der Welt mit viel Theaterdonner in geradezu idealer Harmonie zu vereinen scheint - in einer Art EDV-Esoterik. Denn: "Klopfet an, so wird Euch aufgetan."