Bauleiter surft auf Porno-Sites: Kündigung unwirksam

21.08.2007
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Dr. Michael Rath ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologie-Recht und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Köln. Zudem ist er Certified ISO/IEC 27001 Lead Auditor. Seine Beratungsschwerpunkte sind das IT-Recht, Datenschutzrecht und der Gewerbliche Rechtsschutz. Dr. Michael Rath ist u.a. Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik e.V. (DGRI) und akkreditierter Schlichter für IT-Streitigkeiten bei der Schlichtungsstelle der DGRI.
Die fristlose Kündigung wegen exzessiver privater Internet-Nutzung ist ungültig, wenn sie nicht verlässlich nachweisbar ist.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 31. Mai 2007 festgestellt, dass auch eine ausschweifende Nutzung des Internet während der Arbeitszeit nicht immer eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Entscheidend ist das tatsächliche Ausmaß des privaten Gebrauchs der neuen Medien. Dem Arbeitgeber obliegt im Fall einer fristlosen Kündigung die Darlegungs- und Beweislast für die exzessive Nutzung des Internet. Daher sind Unternehmen grundsätzlich gut beraten, für eine effektive Kontrolle der IT-Nutzung durch ihre Mitarbeiter zu sorgen und ein entsprechendes Monitoring einzuführen.

Was steht im Urteil?

Das BAG hatte über die private Internet-Nutzung eines (übrigens verheirateten und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichteten) Bauleiters im Jahr 2004 zu entscheiden. In dem Betrieb des gekündigten Arbeitnehmers gab es keinerlei Regelungen hinsichtlich der privaten Internet-Nutzung. Die erotischen und möglicherweise sogar pornographischen Bilder, die der Arbeitnehmer nach Ansicht des Arbeitgebers gespeichert haben soll, wurden erst anlässlich einer routinemäßigen Prüfung des PCs festgestellt. Auf den Rechner hatten allerdings unbestritten auch andere Mitarbeiter Zugriff. Pikanterweise hatte sich nach Angaben des Arbeitgebers bei der Inspektion des Dienst-Computers zudem gezeigt haben, dass der Bauleiter ausgerechnet an Tagen intensiver, privater Internet-Nutzung Überstunden aufgeschrieben hatte, die auch vergütet worden waren. Aufgrund dieses Verhaltens wurde das Arbeitsverhältnis ohne vorherige Abmahnung fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt.

Warum war die Kündigung nicht wirksam?

Das BAG hat zwar in seinem Urteil (unter Fortführung der bisherigen Rechtsprechung) erneut bekräftigt, dass die exzessive private Nutzung des Internet während der Arbeitszeit eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses – unter Umständen auch ohne eine vorangegangene Abmahnung – rechtfertigen kann. Im gleichen Atemzug hat das BAG jedoch das Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz aufgehoben, und das Berufungsgericht unüberhörbar dafür gescholten, das es die Kündigungsschutzklage abgewiesen hat. Das BAG hat dabei explizit in Frage gestellt, ob das Verhalten des Arbeitnehmers im vorliegenden Fall überhaupt eine außerordentliche Kündigung ohne vorangegangene Abmahnung rechtfertigen konnte. Die Richter bemängelten insbesondere, dass es keine Angaben darüber gab, in welchem Maße der Bauleiter den Internet-Zugang privat genutzt habe und in welcher Menge er Daten aus dem Internet heruntergeladen habe. Auch fehle eine Einschätzung, ob es dadurch zu Belastungen oder Störungen der betrieblichen Datensysteme gekommen war. Welche zusätzlichen Kosten dem Unternehmen entstanden sind, blieb ebenfalls offen. Damit stellte das BAG insgesamt in Frage, ob überhaupt eine exzessive, private Nutzung des Internet durch den Arbeitnehmer vorlag, die eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertige.