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Bauherrin der Fusion

12.02.2003
Von Susan Unger
IT ist für Susan Unger kein bloßer Kostenfaktor, sondern der „Kitt“ für die Unternehmensstrategie. Als CIO der noch im Zusammenwachsen begriffenen Daimler-Chrysler AG kann sie ihre Ansicht in die Tat umsetzen.

Gehört Unger eigentlich in dieses Heft? Schließlich hat sie nicht die deutsche, sondern die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. In Detroit, Michigan, geboren, sog sie den Duft von Motoröl und Reifengummi quasi mit der Muttermilch ein. Andererseits trägt sie die Verantwortung für die Informationstechnik des umsatzstärksten deutschen Unternehmens. Und das räumt ihr zweifellos einen vorderen Platz unter den Köpfen der hiesigen IT-Szene ein.

Unger wurde am 1. November 1998 zum CIO des Automobilkonzerns berufen. In dieser Position berichtet sie direkt an den Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp und hat - grob gerechnet - etwa 3500 Mitarbeiter unter sich. Einen Teil ihrer Verantwortung delegiert sie an ein neunköpfiges IT-Team, in dem sich deutsche und amerikanische Namen etwa die Waage halten.

Managerin und Mutter 

Bevor sie ihre jetzige Aufgabe übernahm, hatte Unger fünf Jahre lang als Executive Director das Information Technology Management (ITM) der Chrysler Corp. geleitet. Dort entwickelte sie so viel eigenes Profil, dass ihr die neu geschaffene Position eines unternehmensweiten CIO anvertraut wurde. Unter ihren deutschen Konkurrenten waren so kompetente Leute wie Klaus Mühleck, damals Chief Information Officer für Daimler-Benz Automotive, heute CIO der Audi AG.

Frauen und IT - zwei Welten begegnen sich; dieser Macho-Spruch trifft bei Daimler ins Leere. Als Wegbereiterin aller weiblichen IT-Manager gilt die 1990 verstorbene Maria-Christine Fürstin von Urach, die zwei Jahrzehnte lang Führungsaufgaben in der Datenverarbeitung der Daimler-Benz AG erfüllte. Allerdings hätte sich Unger auch ohne deren „Vorarbeit“ durchgesetzt: Die zierliche Mutter eines 14-jährigen Sohnes und einer erwachsenen Tochter signalisiert die freundliche Bestimmtheit und natürliche Autorität, wie sie wirklichen Topmanagern eigen ist. Zudem hat sie offensichtlich Spaß an der Herausforderung. „Eine erfolgreiche IT-Strategie ist keine Magie, sondern Knochenarbeit“, lautet ihr Credo.

Zur Informationstechnik fand Unger auf dem Umweg über die Finanzanalyse, in deren Umfeld sie bei Chrysler rund 20 Jahre lang unterschiedliche Aufgaben erfüllte. Den Themen Wirtschaft und Finanzen hatte sie sich schon während ihres Studiums an der Michigan State und der Wayne State University gewidmet. Den Titel „Master of Business Administration“ (MBA) erwarb sie 1979, ein Jahr vor der Geburt ihrer Tochter - und nachdem sie schon sieben Jahre für Chrysler gearbeitet hatte.

Neben ihrer Tätigkeit für den Automobilkonzern wirkt Unger in zahlreichen Forschungs- und Wirtschaftsgremien mit, so im Eli Broad Board des College of Business an der Michigan State University, im Kleiner Perkins CIO Strategy Exchange Forum, in der Automotive Women’s Alliance und im Advisory Technology Board der Oakland University. Externe Anerkennung fand Ungers Arbeit im Mai dieses Jahres, als die Investmentbank Salomon Smith Barney ihr den Titel des „CIO of the Year“ verlieh. Die aus Unternehmenskunden des Bankhauses sowie Beratern und Marktforschern zusammengesetzte Jury würdigte damit die Vision einer konzernumspannenden und auf die Geschäftsziele abgestimmten Informationstechnik.


Zur Person

„Chief Executive Officer des Jahres“ - diesen Titel vergab Salomon Smith Barney im vergangen Mai an die Daimler-Chrysler-Managerin Susan Unger. Die in Detroit geborene Spezialistin für Wirtschaft und Finanzanalyse sucht ihre Aufgabe darin, die IT in die Geschäftsprozesse des Konzerns zu integrieren.