IKD-Workshop "Computer am Arbeitsplatz": Blick auf ein zentrales Thema

Batch-oder Dialogsysteme-echte Alternativen?

17.09.1976

BERLIN - "Gehört die Batchverarbeitung einer auslaufenden Ära an? Ist die Dialogverarbeitung nur eine Modeerscheinung?" fragte Volkhardt Schmidt, ADV/ORGA (Wilhelmshaven) in seinem Referat "Batch- oder Dialogsysteme - echte Alternativen für den Anwender", mit dem am

7. 9. 1976 die dreitägige Workshopreihe "Computer am Arbeitsplatz" beim 2. Internationalen Kongreß für Datenverarbeitung (IKD), Berlin, eröffnet wurde. So gefragt - ist dann die erwähnte Alternative für eine Entscheidungsfindung überhaupt relevant? Wenn ja, für wen? Schmidt nannte Beispiele:

- Anwender die noch ausschließlich im Batch-Betrieb arbeiten und aufrüsten wollen,

- Anwender, die überdimensionierte Hardware haben und abrüsten wollen (für sie stellt sich die Entscheidung, eventuell auf Jahre hinaus auf Realtime-Verarbeitung verzichten zu müssen,

- Anwender die vor der Investitionsentscheidung für eine eigene Anlage stehen.

Sie alle müssen - wie Schmidt erklärte - die Voraussetzungen berücksichtigen, die eine echte Alternative "Batch oder Dialog" überhaupt erst ermöglichen. So sollten auf der Ebene der verschiedenen Unternehmensbereiche in sich geschlossene Batch-oder Dialogsysteme "substitutiv" einsetzbar sein; ebenso müßten die betrieblichen Gegebenheiten ein "Sowohl-als-auch-Möglichkeit" offenhalten.

Schmidt: "Die entscheidungskriterien liegen in der unternehmerischen Zielsetzung und in der Notwendigkeit, sie in allen Unternehmensbereichen optimal zu erfüllen."

So stehe zwar, fest, daß bei Dialogverarbeitung die Zeiten für den Datentransport (bei der Eingabe) drastisch reduziert werden. Es müßten jedoch auch die vorgeschalteten Integrationskreise untersucht werden, um herauszufinden, ob diese Zeiteinsparungen im Gesamtablauf wirksam werden. Darüber hinaus sei - wie Schmidt weiter ausführte - die Frage

nach dem Informationsbedarf zu stellen. Im Klartext: Welche Information wird wo wann gebraucht - und von wem?

Schließlich sei die Kostenfrage nicht ganz ohne Belang, "denn Konfiguration und hardware-mäßige Ausstattung beim Einsatz eines Stapelverarbeitungssystems oder eines Dialogsystems unterscheiden sich nun mal in der Mindestanforderung erheblich." Es wäre indes fatal, die Kosten isoliert zu betrachten: "Wenn ein Unternehmen davon lebt, seinen Kunden täglich über den Bearbeitungsstand eines Auftrags Auskunft geben zu können, wird die hohe Auskunftsbereitschaft das entsprechend formulierte Unternehmensziel besser, erfüllen helfen als eine Kostenersparnis mit dem Effekt abbröckelnder Marktanteile." (Schmidt).

Bei der Entscheidungsfindung gehe es doch vielmehr darum, den Nutzen beim Einsatz eines Batch- oder Dialog-Systems zu quantifizieren.

Dafür habe ADV/ORGA eine Einsatzuntersuchung auf der Basis detaillierter Checklisten (siehe Seite 16) erarbeitet. Die nach diesem Verfahren ermittelten Wertsummen stellen - so Schmidt - die Quantifizierung des Nutzens dar und ermöglichten den Vergleich beider Alternativen.

Die Lunte war gelegt. Denn mit dieser Aussage stieß Volkhardt Schmidt bei einigen Workshop-Teilnehmern auf Widerspruch. Wie sein Namensvetter Schmidt (Vorname Ernst) von Wüstenrot erwiderte, gehöre die Nutzenquantifizierung zu den Problemen, für die es kein Patentrezept gäbe: "Gerade beim Sachbearbeiter-Dialog ist es sehr schwer, vorher etwas zu berechnen und nachher zu belegen."

Workshop-Moderator Prof. Dr. L. J. Heinrich, Universität Linz, verdeutlichte an einem Beispiel, daß der monetäre Aspekt nicht überbewertet werden sollte: "Kein Mensch wird demjenigen einen Radiergummi verweigern, der nicht acht Stunden am Tag radiert."

Den rein "ökonomischen" Standpunkt vertrat ein Diskussions-Teilnehmer, der auf die enormen Sprungkosten bei der Entwicklung und Einführung von Online-Systemen wies. Online-Verarbeitung verlange aus Gründen der Sicherheit immer ein Duplex-System "und das kostet Geld". Anders Jürgen Steinforth, Prokurist der Unternehmensberatung

Ibat-MDT, Essen, in seinem Beitrag "Auftragsverwaltung und Lagerhaltung im bildschirm-orientierten Dialogverfahren". Zugeständnisse bei der Systemverfügbarkeit seien vertretbar, nicht jedoch Kompromisse hinsichtlich der Sicherheit der Verarbeitung: "Ein organisatorisches Sicherheitsnetz ist wichtiger als ein Duplexsystem." Die gleiche Meinung vertrat Gustav Knörzer, WMF, Geislingen: "Zur Vermeidung von Risiken bei TP-Abstürzen oder System-Ausfällen war es früher üblich, Bildschirmeingaben separat abzuspeichern und erst im Batch zu verbuchen." WMF habe dagegen schon Ende 1970 - "in der Pionierphase der Direktverarbeitung" - mit der Zweitverbuchungsdatei diese Risiken ausgeschaltet, "ohne auf den Komfort des aktuellen Informationsstandes nach jeder Dateneingabe zu verzichten". Für Jürgen Steinforth ist die am Anfang gestellte Frage beantwortet: "Aktuelle Information ist nur unter

Einsatz von Bildschirm-Terminals möglich".