Barebones: Mini ist sexy

21.02.2003
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Seit Jahren propagiert die Industrie das Zusammenwachsen von PC-Technik und Unterhaltungselektronik. Mit den Barebones ist nun eine PC-Generation auf dem Markt, die dieses Versprechen erfüllen könnte.

Der Gedanke ist verlockend: Statt teure digitale Videorecorder oder Satellitenempfänger von der Stange zu kaufen, stellt sich der Heimanwender sein digitales Unterhaltungscenter mit PC-Komponenten aus dem Baukasten selbst zusammen.

Ein Vorhaben, das bislang an den PC-Gehäusen scheiterte. Der graue Plastikeinheits-Look war keine Zierde für das Wohnzimmer, und ein Midi-Tower fand kaum neben der Stereoanlage Platz. Zudem gereichte die Geräuschkulisse klassischer PC-Gehäuse eher einem nicht allzu fernen mittleren Verkehrsflughafen zur Ehre als einer heimischen HiFi-Umgebung.

Quelle: CW
Quelle: CW

Auf diese Nachteile hat die Industrie reagiert. Unter den Bezeichnungen „Mini-PC“, „Slimline-PC“ oder „Barebones“ erobert sich nun eine PC-Gattung ihren Platz auf Schreibtischen und in HiFi-Regalen, die nicht nur leiser, sondern auch hübscher als ihre großen grauen Vettern ist. So legen die Gehäusehersteller der Winzlinge Wert auf ein edles Design. Neben feinen Vorderseiten aus Acrylglas glänzen die Minis etwa mit gebürstetem Aluminium.

Eine Schrumpfkur, die jedoch spezielle Motherboards erfordert, denn eine herkömmliche Platine im ATX-Format passt nicht in die schmucken Gehäuse. Vielmehr wird ein Micro-ATX- oder Flex-ATX-Mainboard benötigt, das fast alle namhaften Hersteller im Programm haben. Diese Platinen können mit AMD- oder Intel-Prozessoren bestückt werden. Ferner hat Chipsatzhersteller VIA mit dem „Mini-ITX“ noch einen eigenen Formfaktor definiert und setzt auf C3-Prozessoren.

Hersteller und Anbieter

Shuttle VIA Asus Alternate HRT Informationstechnik MSI Lex System

Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und dient nur zur ersten Orientierung.

Die Miniaturisierung erkauft sich der Anwender mit einem gravierenden Verzicht: Der Erweiterbarkeit der Rechner sind enge Grenzen gesetzt. In der Regel verfügen die Minis lediglich über zwei Einbauschächte etwa für CD-Brenner und Festplatte. Ebenso ist in Sachen Steckkarten Askese angesagt. Aufgrund der niedrigen Bauhöhe passt meist nur eine Karte in die Rechner, die zudem mit einem PCI-Winkeladapter horizontal eingebaut wird. Trotz dieser Einschränkungen brauchen sich die Winzlinge in Sachen Leistung nicht vor ihren großen Brüdern verstecken. Denn auf den Motherboards sind Grafikprozessor, Soundchip sowie LAN-, USB- oder Firewire-Anschlüsse bereits integriert.

Addiert man die Kosten für Gehäuse (etwa 150 Euro), Mini-Motherboard (mit C3-Prozessor zirka 190 Euro), Arbeitsspeicher (512 MB RAM), Festplatte (40 GB), digitale Satellitenempfangskarte sowie schnurlose Funktastatur, kostet der edle Mini unter dem Strich zwischen 750 und 800 Euro. Auf den ersten Blick erscheint das teuer, doch der Selbstbauer erhält hierfür ein Gerät, das digitalen Satellitenempfänger, Pay-TV-Decoder, digitalen Videorecorder, Dolby-Digital-Decoder und Internet-Surfstation sowie Settop-Box vereint.