Investment-Kongreß in München behandelt Fragen neuer Kommunikationstechnik:

Banker sehen im Mikro Rationalisierungschance

16.06.1983

MÜNCHEN (cw) - "Außer-Haus-DV oder Mikrocomputer-Einsatz?" war eine Zentralfrage, die auf dem "Internationalen Investment Congress" in München vornehmlich Privatfinanciers, Investoren und Anlageberater beschäftigte. Innerhalb des Veranstaltungsprogramms nahmen Datenverarbeitungsthemen einen beträchtlichen Raum ein. Dabei fiel auf, so ein Tagungsteilnehmer, daß die Finanzwelt inzwischen ihre konservative Haltung gegenüber neuen Kommunikationsformen revidiert hat.

Wie Gernot Wappenhans, Geschäftsführer des Gefof-Rechenzentrums, München, in seinem Referat darlegte, werden Vermögensberater und Vertrieb in Zukunft kaum mehr ohne den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung auskommen. In jeder Stufe des Akquisitionsprozesses seien die Zubringerdienste des Computers unentbehrlich geworden. Nach Ansicht des RZ-Managers stellte sich hier die Frage, welche Form der Datenverarbeitung für ein kleines oder mittelständisches Unternehmen auf dem Finanzierungssektor die geeignete sei. Die Aussage von Wappenhans, die "DV außer Haus" biete sich fast immer als nahezu ideale Lösung an, stießen auf heftige Kritik. Der Gefof-Geschäftsführer argumentierte dabei ausschließlich aus der Sicht der Service-Rechenzentren: Es entstehe keine Bindung von Arbeitskraft und Kapital, eigenes Personal mit hohen Qualifikationen stelle für den Unternehmer keinen Risikofaktor mehr dar. Da durch reduzierten sich die Kosten auf ein Minimum, es könne jedoch trotzdem mit Hilfe der Datenfernübertragung ein hohes Leistungsniveau erreicht werden. Das Service-Rechenzentrum gewährleiste außerdem eine ständige Aktualisierung seiner Programme.

In der anschließenden Diskussion hielten Teilnehmer des IC-Kongresses den Referenten entgegen, die Sicherheit der Daten sei bei der "Außer-Haus-DV" nicht unbedingt gewährleistet, was besonders im Umgang mit personenbezogenen Daten zu prekären Situationen führen könne. Ferner summierten sich die Kosten für Rechenzeit oft bis zu einem nur schwer tragbaren Maße.

Wappenhans hielt dieser Argumentation entgegen, die Kostenverschiebung innerhalb der DV von der Hardware zur Software als dem entscheidenden Faktor mache es dem Durchschnittsvermögensberater nahezu unmöglich, eine eigene DV-Anlage zu bezahlen. Andererseits hätten sich Personal Computer bisher in den seltensten Fällen als zufriedenstellende Lösung erwiesen. Software-Angebot und Service seien noch sehr mangelhaft, und außerdem stellten "Inselanwendungen" für Unternehmen im Kapitalmarkt keine geeignete Lösung dar. Eine endgültige Klärung dieser Problematik schien auch in der Diskussion nicht möglich zu sein.

Tendenz zur Technisierung eindeutig

Aus der Sicht des Technikers und Finanzexperten behandelte der Dachauer Unternehmensberater Harald Westermann Fragen der der "Portfoliobetreuung per Computer". Er kam zu dem Ergebnis, was für die Verwaltung von Depots bei -den Banken gelte, brauche für den privaten Anleger noch lange nicht rentabel zu -sein. Allgemein sei eine Tendenz zur Technisierung festzustellen. Die praktikable Lösung für den Verbraucher liege dabei "irgendwo zwischen Großcomputer und Bleistift". Die Leistungsfähigkeit guter Mikros entspreche heute bereits der einer mittleren DV-Anlage. Als Hauptaufgaben der DV im Bereich des Finanzierungsgeschäfts sah Westermann neben der optimalen Kauf- und Verkaufentscheidung mit Hilfe des Computers und der Berechnung der absoluten und normierten Renditen die Aktivierung und Katalogisierung früherer Depotwerte zu Vergleichszwecken an. Zunehmendes Interesse fänden in diesem Zusammenhang auch Programme, die grafische Darstellungen ermöglichten, beispielsweise den Kursverlauf einer Aktie. Der Referent bestätigte die Ausführungen seines Vorredners dahingehend, die Mikros könnten bei der Bearbeitung großer Datenmengen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit stoßen. Die Begründung der vergleichsweise hohen Softwarekosten sah er in der Personalintensität bei der Programmerstellung.

Abgesehen von Grenzfällen seien jedoch Mikros für Anlageberater genauso geeignet wie für Privatanleger. Hauptvorteile sieht Westermann dabei in der Minimierung der Datenverwaltung, in der automatischen Berechnung des Tageskurses, in der Depotverwaltung sowie in der besseren Auslastung der vorhandenen Hardware. Zu beachten sei ferner die Möglichkeit, einen Mikro von der Steuer abzusetzen. Auch die Nachteile sollten nicht verschwiegen werden, so die Notwendigkeit der manuellen Eingabe der Tageskurse, die das Lesen mindestens einer Tageszeitung nötig mache und die bisher extrem hohen Kosten für den Datenabruf über das Telefonnetz. Kritisch beurteilt wurde in diesem Zusammenhang die Position der Deutschen Bundespost, die mit "ihrer restriktiven Politik erheblich gebremst" habe.