Banken-IT steht vor großen Aufgaben

24.10.2005
Übernahmen, eine verbesserte Kundenorientierung und die Umsetzung der Vorgaben von Regulierungsbehörden sind wichtige Strategiefelder, denen die IT-Systeme der Banken künftig gerecht werden müssen.

Wie sollen Banken ihre IT-Systeme in den kommenden fünf bis zehn Jahren aufstellen? Dieser Frage gingen die Marktforscher von Bearingpoint und Datamonitor nach und befragten zahlreiche IT-Verantwortlich von internationalen Großbanken, darunter die Deutsche Bank, Bank of America und ABN Amro.

Finanzdienstleister stehen vor einer Reihe großer Herausforderungen, die unweigerlich starke Auswirkungen auf ihre IT-Strategien und -systemlandschaften haben werden. Da ist zum einen die anhaltende Konsolidierungswelle. Der Erfolg der zahlreichen Merger und Akquisitionen hängt nicht zuletzt davon ab, ob es die Beteiligten schaffen, Skaleneffekte zu nutzen. Dies gelingt jedoch nur, wenn Prozesse harmonisiert und IT-Systeme zusammengeführt werden. Hinzu kommt der starke Wettbewerbsdruck, der die Banken dazu zwingt, neue Produkte möglichst schnell auf den Markt zu bringen. Hier fällt einer reaktionsfähigen und flexiblen IT eine Schlüsselrolle zu.

Zudem sinken die Eintrittsbarrieren für Unternehmen anderer Branchen. Als Beispiel können die Versuche von Walmart, Tesco und Starbucks gelten, in das Bankengeschäft einzusteigen. Dieser Trend verstärkt sich durch die abnehmende Bedeutung der klassischen Finanztransaktionsabwicklung. Sie wird immer mehr zur Commodity, mit der sich Banken nicht mehr vom Wettbewerb abheben können. Dadurch bekommt die konsequente Ausrichtung der Produktangebote und Services an den Bedürfnissen der Kunden eine immer größere Bedeutung. In der Praxis sind jedoch die meisten Banken noch immer produktspezifisch organisiert, was sich auch in der Verwaltung der Kundendaten niederschlägt.

Brennpunkt Compliance

Mit den strengen Anforderungen, die den Banken von meist amerikanischen und europäischen Regulierungsbehörden auferlegt werden, kämpfen die Finanzdienstleister an einer weiteren Front. Die zum Teil sehr hohen Compliance-Anforderungen verlangen ihnen deutlich effektivere und transparentere Methoden ab, um Informationen zu sammeln, zu speichern und aufzubereiten.

Aus der Analyse dieser Trends sowie der Befragung von mehreren internationalen Großbanken hat Bearingpoint in Zusammenarbeit mit Datamonitor Szenarien entwickelt, wie IT in den kommenden fünf bis zehn Jahren aussehen sollte, um diese strategischen Herausforderungen zu bewältigen. Eine große Aufgabe sehen sie darin, Hardware, Plattformen, Datenbanken und die Anwendungsentwicklung zu standardisieren sowie verstärkt modulare Architekturen und Web-Services einzuführen.

In dem White-Paper prognostiziert Bearingpoint außerdem die Abschaffung von Papiergebundenen Vorgängen. Dokumente wie Schecks würden zunehmend in elektronische Formate überführt, um Workflows weiter zu automatisieren und Information unabhängig von Kommunikationskanälen gemeinsam verwalten zu können.

Ohne Brüche im Ablauf

Das "Straight-Through Processing" soll Mitarbeiter von administrativen Aufgaben befreien, Kosten reduzieren und die Abwicklung beschleunigen. Bearingpoint geht davon aus, dass die Banken hierfür zunehmend Business-Process-Management-(BPM-)Software einsetzen werden. Mittels der darin enthaltenen Business-Rules- und Workflow-Engines lasse sich die Komplexität in den Gesamtsystemen reduzieren.

Das Thema Enterprise Architecture und insbesondere Service-orientierte Architektur (SOA) steht bei allen befragten Banken für die kommenden zehn Jahre auf der Agenda weit oben. Sie versprechen sich davon unter anderem die leichtere Integration von internen und externen Applikationen. Die bislang eingesetzten und notorisch ineffizienten Punkt-zu-Punkt-Architekturen sollen so überwunden, die Wiederverwendbarkeit einzelner Services und eine verbesserte Datenübergabe innerhalb der Systeme sichergestellt werden. Das erhöht den Autoren zufolge nicht nur die Flexibilität, es ermöglicht den Banken auch, ihre Legacy-Systeme schrittweise abzulösen. Angesichts des derzeit grassierenden SOA-Hypes haben sich jedoch auch einige Banken skeptisch geäußert. Die groß angelegte Neuaufstellung von Architekturen sei mit hohen Risiken und Kosten verbunden. Ein Vertreter der Hypovereinsbank gab zu Protokoll, dass ein Wechsel zwar notwendig sei, dabei aber schrittweise vorgegangen werden müsse. (rg)