Geringe Interoperabilität zwischen den Systemen

Balkanisierung prägt die Server-Virtualisierung

18.02.2009
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

Hypervisor bestimmt die Plattformentscheidung

Die absehbare ökonomische Entwertung des Hypervisors bedeutet indes nicht, dass den betreffenden Anbietern die Geschäftgrundlage entzogen wird. Vielmehr verlagert sich deren Schwerpunkt in das Management virtueller Umgebungen, wobei die ehrgeizigsten Vorhaben darauf hinauslaufen, dass sie die kompletten Ressourcen eines Rechenzentrums verwalten und dynamisch zwischen Anwendungen mit ihren wechselnden Anforderungen verschieben. In diese Kategorie fällt etwa das von VMware angekündigte VDC-OS, das die Backend-Systeme der Unternehmens-IT in eine "interne Cloud" verwandeln soll. Diese könnte bei Bedarfsspitzen automatisch auch externe Ressourcen aus dem Internet integrieren.

Solche Visionen würden derzeit jedoch daran scheitern, dass ausgerechnet die in ihrer Bedeutung klein geredete Basistechnik erhebliche Hürden zwischen den Systemen verschiedener Anbieter errichtet. Alleine die proprietären Formate für die Systemabbilder erfordern eine Konvertierung von Images, wenn sie zwischen Hypervisor unterschiedlicher Herkunft umgezogen werden sollen.

Das von der Distributed Management Task Force (DMTF) entwickelte Open Virtualization Format (OVF) leistet einen Beitrag zur einfacheren Migration. Es beschreibt die Konfiguration für virtuelle Maschinen, wie etwa der benötigte Arbeitsspeicher oder erforderliche virtuelle Festplatten. Es ersetzt aber nicht proprietäre Disk-Formate wie .vmdk (VMware) oder .vhd (Microsoft). Mehrere führende Anbieter stellen dafür bereits Import- und Exportroutinen zur Verfügung.

Offenheit nur in eine Richtung

Die von den meisten Herstellern mitgelieferten Konvertierungstools beschränken sich häufig nur auf den Import einiger Formate. Falls dies nicht ausreicht, müssen Anwender auf Werkzeuge von Drittanbietern zurückgreifen. Das Verschieben von virtuellen Maschinen zwischen Plattformen verschiedener Hersteller während des laufenden Betriebs bleibt unter diesen Bedingungen Zukunftsmusik.

Eine heterogene virtuelle Umgebung verlangt auch nach Management-Werkzeugen, die Systeme herstellerübergreifend verwalten können und nach Möglichkeit nicht auf virtuelle Server beschränkt sind, sondern auch physikalische Rechner einbeziehen. Jene Anbieter, die Software für virtuelle Infrastrukturen entwickeln, richten ihre Administrationswerkzeuge in der Regel auf ihre eigenen Plattformen aus und berücksichtigen höchstens einzelne Konkurrenzsysteme. Angesichts von immer neuen komplexen Funktionen wie das Lifecycle-Management von virtuellen Maschinen, Hochverfügbarkeit, Integration mit Speicherlösungen, Patch-Management oder Hotplugging von Datenträgern und RAM dürften übergreifende Tools noch schwieriger zu entwickeln sein.

Schließlich bereitet nicht nur die geringe Interoperabilität zwischen den Systemen verschiedener Hersteller Probleme, sondern das Portfolio einiger Anbieter kann Anwender durch die Festlegung auf bestimmte Hardware oder Betriebssysteme einschränken. Das gilt etwa für das mächtige "Virtual Server Environment" von HP, das an die hauseigenen "Integrity"- und "HP 9000" Server gebunden ist. Redhat wendet sich nach dem Kauf von Qumranet zukünftig von Xen ab und setzt mit KVM auf Virtualisierungsfunktionen im Linux-Kern. Anwender, die Server auf Basis von RHEL und Xen virtualisieren, müssen sich auf diesen Kurswechsel des Herstellers einrichten. Schließlich erschweren die Inkonsistenzen zwischen den Produkten einiger Anbieter zusätzlich die Server-Virtualisierung.