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Thema des Tages

Baan: Ernüchternde Quartalsbilanz

28.07.1999
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der niederländische ERP-Anbieter (Enterprise Resource Planning) Baan Company N.V. hat die Ergebnisse für das zweite Quartal seines Geschäftsjahres (Ende: 30. Juni 1999) vorgelegt. Zunächst die nackten Zahlen: Baan wies einen Verlust von neun Millionen Dollar oder vier Cent pro Aktie aus. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte das Minus noch bei 19 Millionen Dollar oder neun Cent je Anteilschein gelegen. Die Einnahmen im zweiten Quartal betrugen 173 Millionen Dollar und lagen damit 25 Prozent unter denen des Vorjahresquartals (230 Millionen). Für das erste Halbjahr ergibt sich damit auf Basis von 348,6 Millionen Dollar Umsatz ein Nettoverlust von 28,3 Millionen Dollar oder 3 Cent pro Aktie. In den ersten sechs Monaten des Jahres 1998 hatten die Einnahmen bei 409,5 Millionen Dollar gelegen. Daraus hatte Baan seinerzeit noch einen Profit von 19 Millionen Dollar oder neun Cent je Anteilschein

erwirtschaftet.

Baan Finanzchef Jim Mooney sieht das Ergebnis im Rahmen der Erwartungen. "Unsere Lizenzeinnahmen wurden weiterhin von kurzfristigen Faktoren beeinflußt, die die ganze Branche bremsen", erklärte der CFO (Chief Financial Officer) unter Anspielung auf das Jahr-2000-Problem, das derzeit die finanziellen Ressourcen vieler Unternehmen bindet. Außerdem habe sich die firmeninterne Restrukturierung auf die Effektivität des Vertriebs ausgewirkt. Er sei aber, erklärte Mooney, "vorsichtig optimistisch", daß die Einnahmen aus dem Lizenzgeschäft in der zweiten Hälfte 1999 wieder steigen würden.

Ansonsten hat sich laut Mooney die Bargeldlage des Unternehmens stabilisiert; gleichzeitig habe man die finanziellen Ressourcen des Unternehmens verbessert. Bereits vor der Veröffentlichung des Ergebnisse hatte Baan bekanntgegeben, daß ein Bankenkonsortium aus ABN Amro Bank, der Deutschen Bank sowie der Barclays Capital Group dem Hersteller eine neue Kreditlinie von 75 Millionen Dollar eingeräumt habe. Diese ersetzt den deutlich niedrigen Kreditrahmen von 19 Millionen Dollar, den ABN Amro Baan seit 1996 anbietet und der nach Angaben von Baan derzeit nicht in Anspruch genommen wird. Im vergangenen Januar hatten die Niederländer eine ebenfalls 75 Millionen Dollar umfassende Kreditlinie mit der Option einer Erweiterung auf 225 Millionen Dollar vom New Yorker Bankhaus Fletcher International erhalten.

Auch CEO (Chief Executive Officer) Mary Coleman sieht Baan auf Kurs: "Die weitere Verbesserung gegenüber dem vergangenen Quartal zeigt, daß Baan das Vertrauen seiner Kunden, Partner und Angestellten wiedergewonnen hat." Woher Coleman diesen Optimismus nimmt, ist allerdings unklar: Auch wenn das Minus gegenüber dem Vorjahr halbiert werden konnte, stimmt die Umsatzentwicklung - deutlicher Rückgang gegenüber 1998, Stagnation gegenüber dem ersten Quartal 1999 - nachdenklich. Das Kerngeschäft mit Softwarelizenzen brachte im zurückliegenden Quartal gerade noch Einnahmen von 54 Millionen Dollar, ein Jahr zuvor waren es mit 131 Millionen noch mehr als doppelt so viel gewesen. Mit allgemeinen Tendenzen im ERP-Markt ist ein solcher Einbruch nicht mehr zu erklären. Wenn es Baan nicht gelingt, hier verlorenen Boden wieder gutzumachen, dann steht dem Hersteller eine ungewissen Zukunft bevor.

Flagge zeigen die Holländer jedenfalls wieder verstärkt. Entgegen anderslautender Ankündigungen vom Anfang des Jahres findet im November 1999 in Wien nun doch die europäische Hausmesse "Baan World" statt. Ursprünglich hatte Baan die Veranstaltung im Zuge seiner radikalen Sparpläne gestrichen.