Spezialsysteme für J2EE- und .NET-Anwendungen

Azul will den Server-Markt aufrollen

01.10.2004
MÜNCHEN (CW) - Die US-amerikanische Startup-Firma Azul Systems arbeitet an einer radikal neuen Art von Rechnern. Ihnen soll ein Multicore-Prozessor zugrunde liegen, der 24 einzelne Prozessoren auf ein Stück Silizium packt.

Multicore-Prozessoren gibt es bereits von IBM oder Intel. Allerdings beschränken sich diese auf zwei oder vier Kerne. Azul Systems will mehr, und dass die Firma ihr Ziel erreichen könnte, dafür steht der Name ihres President und Chief Operating Officer (COO) Stephen DeWitt: Er war Chef des von Sun übernommenen Server-Bauers Cobalt Networks.

Für neue Programmierkonzepte

Eine weitere Besonderheit der Azul-Prozessoren ist, dass diese speziell für neue Programmierkonzepte wie Microsofts .NET oder J2EE (Java 2 Enteprise Edition) von Sun Microsystems ausgelegt sind. Der Anbieter plant Spezial-Server mit 96 bis 384 Prozessoren, die solche Anwendungen erheblich effizienter und leistungsfähiger ablaufen lassen als herkömmliche Hardware. Azul bezeichnet diese Server als "Network Attached Processing Solution".

Zielgruppe sind Unternehmen, denen es schwer fällt, ihren Bedarf einzuschätzen. Normalerweise laufen auf Servern nur ein oder zwei Applikationen, Azuls Maschinen sollen die wechselnden Workloads einer Vielzahl von Anwendungen verkraften. "Wir wollten die Probleme bei der Kapazitätsplanung rund ums Computing ein für allemal beheben", erklärte DeWitt.

Dabei habe sich Azul, das seinen Sitz im kalifornischen Mountain View hat, wesentlich von der Entwicklung von Storage-Systemen inspirieren lassen, erklärt der Azul-COO. Während Anwender in der Vergangenheit den Speicher vom gleichen Hersteller kauften wie ihre Server, entstanden in den 1990er Jahren technische Standards, die es Storage-Systemen ermöglichten, Daten von praktisch beliebigem Typ und fast jeder Ursprungsplattform aufzunehmen.

Virtuelle Maschinen im Blick

Auch Java und .NET verwenden eine als virtuelle Maschine bezeichnete Übersetzungsschicht, dank derer ein Programm auf unterschiedlichen Rechnern und Betriebssystemen ablaufen kann. Solche Applikationen machen zwar heute nur einen Bruchteil der verfügbaren Software aus, DeWitt erwartet aber, dass bis zum Jahr 2008 rund 80 Prozent aller neuen Anwendungen auf virtuellen Maschinen basieren.

Preise für seine Server nennt Azul noch nicht. Die Maschinen werden ab Herbst bei ausgewählten Kunden getestet und sollen laut DeWitt in der ersten Jahreshälfte 2005 auf den Markt kommen.

Chancen gegen die Großen?

Die Idee für spezielle Java-Prozessoren ist alles andere als neu. Nathan Brookwood von Insight 64 verweist hier darauf, dass Sun selbst bereits vor Jahren einen solchen Chip gebaut hatte. Dieser war allerdings erfolglos, nicht zuletzt weil bestimmte Teile der flankierenden Software nicht in Java-Versionen verfügbar waren. Ähnliches könnte dem Analysten zufolge auch Azul drohen. Außerdem sei es schwierig, Anwender zur Abkehr von ihren etablierten Lieferanten zu bewegen. "Wie überzeugen Sie Leute mit Workloads, die von solcher Leistung profitieren würden, auf einen Unbekannten zu wetten?", fragt Brookwood.

Azul gibt sich dennoch optimistisch. Seine Spezialprozessoren will es von TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing) fertigen lassen. Finanziert wird das Start-up unter anderem von fünf namhaften Venture-Capital-Firmen, nämlich Accel Partners, Austin Ventures, ComVentures, Redpoint Ventures und Worldview Technology Partners. (tc)