Autohersteller suchen CAD-Standard Prostep-Forum praesentiert genormtes Baukastensystem

15.10.1993

BERLIN (CW) - Die derzeitige Bilanz der deutschen Fertigungsindustrie sieht nicht gerade rosig aus. Ein Stueck von ihrem Marktanteil hat sie an die Konkurrenten aus Japan, Korea und Taiwan verloren. Um Deutschlands Wettbewerbsfaehigkeit zu sichern, gruendeten fuehrende Unternehmen der Automobil- und Elektrobranche auf dem Prostep-Forum in Berlin am 5. Oktober einen Verein.Der Verein zur Foerderung internationaler Produktdatennormen e.V. (Prostep) soll nun, so die Initiatoren, "moeglichst schnell" die kuerzlich von der Internationalen Standardisation Organisation (ISO) verkuendete STEP (Standard for the Exchange of Product Model Data-Norm ISO 10303) auch fuer die deutschen Fertigungsunternehmen und ihre Zulieferer anwendbar machen. Ziel ist die "einheitliche Nutzung kompatibler Formate und Strukturen in CAD/CAM-Systemen", hiess es dazu auf dem Berliner Prostep-Forum, das von 350 Teilnehmer aus 16 Laendern besucht wurde. Die Gruendung des Vereins geht auf eine Initiative der Unternehmen Bosch, BMW, Daimler-Benz, Opel, Siemens sowie Volkswagen zurueck. Gemeinsam mit CAD/CAM- Anwendern aus der Elektroindustrie sowie Systemanbietern und Software-Entwicklern wie Hewlett-Packard, IBM, Digital, Cap Debis und andere, starteten sie 1991 das Verbundprojekt Prostep. Finanziert von der Automobilindustrie und dem Bundesministerium fuer Wirtschaft mit rund elf Millionen Mark, wurde das Ergebnis auf dem Berliner Forum der Oeffentlichkeit praesentiert. Die Toolkits fuer Prostep wie Datenverwaltung, Ein- und Ausgabekomponenten sowie das gesamte Projektmanagement entwickelte die Gesellschaft fuer integrierte Datenbankanwendungen mbH (GIDA) in Adlershof. Das 16koepfige Team des 1991 gegruendeten ostdeutschen Softwarehauses stammt aus dem ehemaligen Institut fuer Informatik der Akademie der Wissenschaften (AdW). Die "genormten CAD/CAM-Datenmodelle" sollen vom Styling ueber den Entwurf bis hin zur Qualitaetskontrolle die Datenintegration in den Unternehmen sowie zwischen Herstellern und Zulieferern ermoeglichen. Gerade bei den kleineren und mittelstaendischen Lieferpartnern - von denen die grossen Hersteller immer staerker abhaengig waeren - haette sich "in letzter Zeit vieles gewandelt", so Werner Pollmann, Direktor Technik bei der Daimler- Benz AG. Einheitsformat fuer Konstruktionsdaten noetigVom reinen Fertigungsbetrieb fuer Einzelteile seien sie zu Unternehmen geworden, die "eigenstaendig die Entwicklung, Erprobung und Produktion ganzer Module und Baugruppen in die Hand nehmen". Diese enge Zusammenarbeit fordere auch den "Austausch der Konstruktionsdaten und fertigungsrelevanten Informationen" untereinander. Und da liege das Problem, meint Pollmann. Laut Umfrage der deutschen Automobilindustrie wuerden die etwa 900 Zulieferer, die mit Audi, Mercedes-Benz und VW ihre elektronischen Daten austauschen, mehr als 110 unterschiedliche CAD-Werkzeuge verwenden. Das bedeutet: Ein Zulieferer muss, um heute wettbewerbsfaehig zu bleiben, eine Vielzahl von unterschiedlichen Systemen anwenden - und hohe Kosten dafuer aufbringen. Dennoch zahle die deutsche Automobilindustrie "taeglich Millionen Mark fuer spezifische elektronische CAD-Informationen". Die Wertschoepfung der Branche stecke heute in "Tausenden an Gigabyte systemabhaengiger und keineswegs neutraler Daten". Standardprodukte von Prostep fuer CAD-BereichDietmar Trippner, Prostep-Projektleiter der BMW AG, fuegte hinzu, dass die zahlreichen derzeit genutzten CAD-Fabrikate "keine einheitliche und standardisierte Spurbreite" besaessen. Genau da wolle Prostep Abhilfe schaffen, ist er ueberzeugt. Fuer Gerhard Ollig, Ministerialdirektor im Bundesministerium fuer Wirtschaft, ist das neue "Softwarebaukastensystem der Zukunft" ein Beweis, dass durch eine "firmenuebergreifende Zusammenarbeit" auch "ehrgeizige Konzepte realisiert werden koennen". Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sollte der "hohe technologische Stand der Unternehmen bewahrt und ausgebaut werden". Neben dem neuen Verein, der vor allem die klein- und mittelstaendischen Zulieferer als Mitglieder werben will, wird noch in diesem Monat eine Prostep Produktdatentechnologie GmbH mit Sitz in Darmstadt gegruendet. Sie soll kuenftig die standardisierten Softwareprodukte (STEP- Prozessoren) auf dem Markt vertreiben.