Softdesk-Übernahme beeinflußt Deutschland-Strategie nicht

Autodesk will seine Partner unbedingt im Boot halten

28.02.1997

CW: Die Ankündigung des Softdesk-Mergers im vergangenen Dezember hat für viel Wirbel unter Ihren 4000 Entwicklungspartnern gesorgt. Wie ist derzeit die Stimmung?

HÖFLER: Zunächst muß betont werden, daß die Übernahme von Softdesk noch nicht abgeschlossen ist - das Prozedere wird sich voraussichtlich bis in den April hineinziehen. Es ist allerdings richtig, daß unsere Entwicklungspartner anfangs verunsichert waren und es aufgrund der noch laufenden Verhandlungen zum Teil immer noch sind. In den vergangenen Jahren hat es jedoch immer wieder Situationen gegeben, in denen sich die Autocad-Gemeinde fragte, ob wir unserer Linie als Virtual Company treu bleiben. Wir sind es geblieben.

CW: Bislang hat Autodesk jedoch eher Technologie gekauft, um die Basisfunktionalität der CAD-Plattform für spezielle Märkte wie Mechanik und geografische Informationssysteme zu verbessern. Mit Softdesk würden erstmals auch Anwendungen ins Haus kommen.

HÖFLER: Auch mit Softdesk erwerben wir in erster Linie Technologie, um Autocad für Applikationen im Architekturbereich zu stärken. Die US-Firma hat viel Erfahrung mit der objektorientierten Programmierung und zum Teil eigene Objekte entwickelt. Wir sehen darin eine große Chance für die Industry Alliance for Interoperability, in der wir Mitglied sind. Über die dort definierten Industry Foundation Classes (IFCs) werden CAD-Software, aber auch Nischenanbieter etwa in den Bereichen Facility-Management wie Haustechnik oder Bauabwicklung einfacher auf das Grundsystem aufsetzen können. Es ist geplant, unseren Entwicklungspartnern einen Software-Layer zur Verfügung zu stellen, der sowohl die Basisobjektdefinitionen als auch die IFC-Schnittstelle bieten wird. Auf diese Weise soll eine Datennutzung zwischen fachspezifischen Applikationen möglich sein. Für den Endanwender bedeutet dies letztlich, daß eine plattformübergreifend konsistente Datenstruktur zwischen den objektorientierten Applikationen gewährleistet wird.

CW: Und was geschieht mit Architekturanwendungen wie dem von Softdesk vor etwa einem halben Jahr übernommenen "Spirit"?

HÖFLER: Die Pflege von Spirit wird, wie schon vom Vorbesitzer angekündigt, eingestellt. Die 15000 Spirit-Anwender brauchen also eine Zukunftsperspektive. Wir und unsere Partner sind natürlich an dieser Klientel interessiert (Spirit läuft nicht auf Autocad, Anm. d. Red.). Wir werden deshalb eine Migrationsstrategie erarbeiten und ganz sicher eine passende Lösung anbieten, für Details ist es aber noch zu früh.

CW: Wenn nicht Spirit, so wird es doch sehr wahrscheinlich andere Architektur-Applikationen geben, die Softdesk entwickeln und vermarkten möchte.

HÖFLER: Sicher. Aber das bedeutet noch keine Konkurrenz für unsere Entwicklungspartner. Wer die Marktsituation kennt, weiß, daß in den USA lediglich 35 Prozent der Autocad-Verkäufe in Verbindung mit einer Anwendung erfolgen.

In Deutschland arbeiten 60 Prozent der installierten Basis mit einer Zusatzapplikation, bei den Neuverkäufen sind es sogar 80 bis 90 Prozent. Mit Softdesk-Produkten würde man also in erster Linie versuchen, den amerikanischen Endkundenmarkt anzugehen beziehungsweise Länder mit einer ähnlichen Situation. Hinzu kommt, daß sich bislang alle ausländischen Hersteller äußerst schwer getan haben, Produkte für den deutschen Architekturmarkt mit seinen zahlreichen Normen und sehr hohen gesetzlichen Anforderungen zu entwickeln.

CW: Softdesk-Anwendungen werden also nicht nach Deutschland kommen?

HÖFLER: Ich werde meinen ganzen Einfluß geltend machen, daß sich hier nichts Grundsätzliches ändert und wir weiterhin mit Basistechnologie arbeiten. In Kürze spreche ich mit Dave Arnold, dem CEO von Softdesk und künftigen Vice-President von Autodesk für den AEC-Markt. Wir werden über Strategien diskutieren, und sollten sich dabei Bedenken bezüglich des deutschen Markts ergeben, werde ich diese deutlich zum Ausdruck bringen. Im übrigen ist sich unser amerikanisches Headquarter auch durchaus bewußt, daß Dinge, die für die USA gut sein mögen, hier unter Umständen negative Folgen nach sich ziehen können.

CW: Jetzt sagen vielleicht einige Ihrer Partner: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

HÖFLER: Die Entwickler gehören zu den treibenden Kräften unseres Geschäfts. Ich werde alles daransetzen, um unsere Partner im Boot zu halten.